Testament-Anfechtung, Erbschein, Form und Fristen - Der Einfluss des islamischen Erbrechts auf das deutsche Erbrecht

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Die Frage des islamischen Erbrechts im Kontext des deutschen Erbrechts ist ein anspruchsvolles und multidimensionales Thema, das rechtliche, kulturelle und ethische Aspekte vereint. Im Kern geht es um den Konflikt zwischen der deutschen Rechtsauffassung zur Gleichbehandlung der Geschlechter und dem traditionellen islamischen Erbrecht, das eine unterschiedliche Behandlung von männlichen und weiblichen Erben vorsieht.

Der Grundsatz des deutschen Erbrechts und die Anwendung ausländischen Rechts
Das deutsche Erbrecht basiert auf dem Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter. Der Gedanke der Gleichheit und der Verzicht auf Geschlechterdiskriminierung ist in der Verfassung verankert und wirkt sich auf die Rechtsauslegung und -anwendung im Erbrecht aus. 

Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) und dem deutschen Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) gilt grundsätzlich das Recht des Landes, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. 

Dies bedeutet, dass, wenn der Verstorbene in einem islamischen Land lebte, dessen Erbrecht zur Anwendung kommen kann.

Unterschiede im islamischen Erbrecht
Im islamischen Erbrecht erhalten männliche Erben üblicherweise einen doppelt so hohen Anteil wie weibliche Erben. Diese Regelung gründet sich auf religiösen Texten und Traditionen. Diese geschlechterbasierte Verteilung kann mit den Grundprinzipien des deutschen Rechts kollidieren, da sie gegen das Prinzip der Gleichberechtigung verstößt.

Gerichtliche Entscheidungen zum muslimischen Erbrecht in Deutschland
Deutsche Gerichte, wie der Bundesgerichtshof (BGH) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), haben mehrfach Fälle entschieden, bei denen das islamische Erbrecht und die deutsche Rechtsauffassung zur Gleichstellung der Geschlechter aufeinandertrafen. Der BGH prüft in solchen Fällen, ob das anzuwendende ausländische Recht gegen den deutschen ordre public (öffentliche Ordnung) verstößt, wenn es die Gleichbehandlung der Geschlechter verletzt. Das BVerfG hat den Grundsatz der Gleichheit mehrfach betont und klargestellt, dass eine geschlechterdiskriminierende Regelung verfassungsrechtlich problematisch ist.

Fälle mit Erbmasse im Ausland
Wenn die Erbmasse in einem islamischen Land liegt, wird die Durchsetzung der deutschen Gleichheitsgrundsätze erschwert. Die Gerichte in islamischen Ländern können auf die Anwendung ihres Erbrechts bestehen, das die geschlechterbasierte Verteilung vorsieht. In Deutschland lebende Erben können jedoch versuchen, über Feststellungsklagen ihre Erbansprüche geltend zu machen, um eine gleichmäßige Verteilung nach deutschem Recht zu erreichen. Sie könnten dabei den ordre public geltend machen, um die geschlechterunabhängige Verteilung des Erbes in Deutschland durchzusetzen.

Schritte für in Deutschland lebende Erben
Erben in Deutschland haben die Möglichkeit, das Nachlassgericht anzurufen und ein Verfahren anzustreben, das die Gleichstellung gemäß deutschem Recht einfordert. Wenn das ausländische Recht gegen den deutschen ordre public verstößt, kann das deutsche Gericht das islamische Erbrecht teilweise ausschließen und eine gerechte Erbverteilung nach deutschem Recht anordnen. Ein Erbschein nach deutschem Recht kann beantragt werden, und falls möglich, in internationalen Verfahren zur Durchsetzung im Ausland genutzt werden.

Fristen und Behörden
Für Verfahren in Deutschland sind bestimmte Fristen einzuhalten, insbesondere die Anfechtungsfrist von einem Jahr ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes. Ein Antrag ist beim zuständigen Nachlassgericht einzureichen. Die Einhaltung der Fristen ist essenziell, da eine Verwirkungsfrist wie die Anfechtungsfrist den Anspruch unwiederbringlich verfallen lässt.


Überblick über die Anforderungen für ein formwirksames Testament und die Anfechtung eines Testaments in Deutschland unter Einbeziehung der Rechtsprechung von BVerfG und BGH

Das deutsche Erbrecht stellt klare Anforderungen an die Form und den Inhalt eines Testaments, um die Rechtswirksamkeit sicherzustellen. Gleichzeitig bietet es Möglichkeiten, ein Testament anzufechten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dieser Essay gibt einen Überblick über die formalen Anforderungen an ein Testament sowie die Schritte und Voraussetzungen zur Anfechtung, inklusive relevanter Fristen und Instanzen, unter Berücksichtigung wichtiger Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundesgerichtshofs (BGH).

I. Anforderungen an ein formwirksames Testament

Die formalen Anforderungen an ein Testament sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Ziel dieser Vorschriften ist es, die Authentizität des letzten Willens des Erblassers zu gewährleisten und Missbrauch vorzubeugen.

1. Eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB)

Das eigenhändige Testament ist die häufigste Form und muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Schriftform: Das Testament muss vom Erblasser persönlich handschriftlich verfasst sein. Die Verwendung von technischen Hilfsmitteln wie Schreibmaschinen oder Computern ist unzulässig (BGH, Urteil vom 15.03.1989 – IVa ZR 182/87).

  • Unterschrift: Es muss am Ende vom Erblasser unterschrieben werden. Die Unterschrift bestätigt den gesamten vorangehenden Text und sollte den vollen Namen enthalten, um Zweifel an der Urheberschaft auszuschließen (BGH, Beschluss vom 20.10.2010 – IV ZB 12/10).

  • Datierung: Die Angabe von Ort und Datum ist zwar nicht zwingend, aber empfehlenswert. Fehlt das Datum, kann dies bei mehreren Testamenten zu Schwierigkeiten bei der Feststellung der zeitlichen Reihenfolge führen (BGH, Urteil vom 14.10.1992 – IV ZR 184/91).

2. Öffentliches Testament (§ 2232 BGB)

Das öffentliche Testament wird vor einem Notar errichtet und bietet höhere Beweissicherheit. Der Notar berät den Erblasser und sorgt für die korrekte Formulierung und Aufbewahrung.

3. Besonderheiten bei Nottestamenten (§§ 2249–2252 BGB)

In besonderen Ausnahmesituationen, z. B. bei naher Todesgefahr, kann ein Nottestament errichtet werden:

  • Drei-Zeugen-Testament: Der Erblasser erklärt seinen Willen vor drei Zeugen. Diese müssen den Inhalt kennen und das Testament unterschreiben. Die Anforderungen sind streng, um Missbrauch zu verhindern (BGH, Urteil vom 08.07.1998 – IV ZR 239/97).

  • Gefahr muss bestehen: Die Notwendigkeit eines Nottestaments ist nur gegeben, wenn eine unmittelbare Gefahr besteht, dass der Erblasser nicht mehr in der Lage sein wird, ein Testament zu errichten (BVerfG, Beschluss vom 19.02.2002 – 1 BvR 1482/98).

II. Anfechtung eines Testaments

Ein Testament kann unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden. Die Gründe und Verfahren sind gesetzlich geregelt, um sowohl den letzten Willen des Erblassers zu respektieren als auch die Rechte der Erben zu schützen.

1. Anfechtungsgründe (§§ 2078, 2079 BGB)

  • Inhaltsirrtum (§ 2078 Abs. 1 BGB): Der Erblasser irrte über den Inhalt seiner Erklärung. Beispiel: Er verwendet juristische Begriffe falsch.

  • Erklärungsirrtum: Der Erblasser wollte etwas anderes erklären als das, was im Testament steht.

  • Täuschung oder Drohung (§ 2078 Abs. 2 BGB): Das Testament wurde unter Einfluss von Täuschung oder Drohung errichtet.

  • Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten (§ 2079 BGB): Ein gesetzlicher Erbe wurde übersehen, weil der Erblasser dessen Existenz nicht kannte.

2. Anfechtungsfrist (§ 2082 BGB)

  • Einjährige Frist: Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte vom Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat.

  • Maximale Frist: Spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall erlischt das Anfechtungsrecht.

3. Zuständigkeit und Verfahren

  • Nachlassgericht: Die Anfechtung ist beim zuständigen Nachlassgericht zu erklären.

  • Form: Die Anfechtungserklärung muss schriftlich erfolgen.

  • Beweislast: Der Anfechtende trägt die Beweislast für den Anfechtungsgrund (BGH, Urteil vom 21.02.2001 – IV ZR 72/00).

4. Beispiele aus der Rechtsprechung

  • Testierunfähigkeit: Wenn Zweifel an der geistigen Fähigkeit des Erblassers bestehen, ein Testament zu errichten, kann dies zur Unwirksamkeit führen. In einem Fall bestätigte der BGH die Testierunfähigkeit aufgrund von Demenz (BGH, Urteil vom 05.07.2017 – IV ZR 121/16).

  • Formfehler: Ein Testament, das nicht eigenhändig geschrieben wurde, ist unwirksam. Dies wurde vom BGH in mehreren Entscheidungen bestätigt (z. B. BGH, Urteil vom 27.09.2012 – IV ZR 150/10).

  • Anfechtung wegen Irrtums: Das BVerfG hat klargestellt, dass bei einem erheblichen Irrtum des Erblassers über die Rechtsfolgen seines Testaments eine Anfechtung möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 31.01.2001 – 1 BvR 1768/96).




Das Thema des islamischen Erbrechts und seine Vereinbarkeit mit dem deutschen Erbrecht erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen den Rechten der Erben, der deutschen Verfassung und dem ordre public. Deutsche Gerichte schützen in Deutschland lebende Erben, indem sie sich um eine gleichmäßige und verfassungsmäßige Erbverteilung bemühen, insbesondere wenn das ausländische Erbrecht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass eine internationale Erbregelung mit Erbmasse im Ausland nach wie vor eine juristische Herausforderung darstellt.

Erben sollten daher frühzeitig Rechtsrat einholen und die für die Anfechtung eines Testaments notwendigen Nachweise und Fristen genau beachten. Dies hilft, potenzielle Konflikte zu vermeiden und gewährleistet eine rechtmäßige Umsetzung des Erbrechts in Übereinstimmung mit der deutschen Rechtsordnung.

Als Anwalt für internationales Erbrecht gehe ich in Fällen, in denen meine Mandanten Probleme mit einem Testament oder erbrechtlichen Fragen haben, systematisch und zielgerichtet vor. Hier sind die Schritte, die ich üblicherweise unternehme, um die Interessen meiner Mandanten bestmöglich zu wahren und eine rechtssichere Lösung zu finden:

1. Analyse des Sachverhalts und Feststellung des anwendbaren Rechts

  • Sachverhalt prüfen: Zunächst analysiere ich die Einzelheiten des Falls, einschließlich des Wohnsitzes des Erblassers, des Standorts der Vermögenswerte und der Staatsangehörigkeit der Erben. Dabei stelle ich fest, welches Erbrecht zur Anwendung kommt – sei es das deutsche oder das eines anderen Staates.
  • Anwendbares Recht bestimmen: Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) und den relevanten Bestimmungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) prüfe ich, ob das deutsche oder ausländische Erbrecht zur Anwendung kommt und wie dies mit den Zielen meiner Mandanten harmoniert.

2. Prüfung der Vereinbarkeit ausländischen Erbrechts mit dem deutschen Recht

  • Gleichheitsgrundsatz berücksichtigen: Ich überprüfe, ob das anzuwendende ausländische Erbrecht mit deutschen Grundsätzen wie der Gleichstellung der Geschlechter vereinbar ist. Sollte das ausländische Erbrecht eine geschlechterdiskriminierende Verteilung vorsehen, kann ich meine Mandanten dazu beraten, wie der deutsche ordre public (öffentliche Ordnung) genutzt werden kann, um solche Regelungen in Deutschland anzufechten.
  • Beratung und Strategieplanung: Falls das ausländische Erbrecht den Interessen meiner Mandanten widerspricht, entwickle ich eine Strategie, um die Ansprüche meiner Mandanten entweder nach deutschem Recht oder im Rahmen der Anwendbarkeit des ordre public durchzusetzen.

3. Einhaltung der Fristen und formelle Schritte zur Anfechtung eines Testaments

  • Fristmanagement: Der Zeitpunkt, an dem meine Mandanten von den Anfechtungsgründen erfahren haben, ist entscheidend, da ab diesem Zeitpunkt die einjährige Anfechtungsfrist nach § 2082 BGB beginnt. Ich dokumentiere diesen Zeitpunkt und kalkuliere die Frist präzise, um Verzögerungen zu vermeiden.
  • Anfechtungserklärung einreichen: Ich bereite eine schriftliche Anfechtungserklärung vor, die alle relevanten Details, das angefochtene Testament und die Gründe für die Anfechtung enthält, und reiche diese beim zuständigen Nachlassgericht ein.

4. Sicherung und Beschaffung von Beweisen

  • Beweismittel sammeln: Zur Begründung der Anfechtung unterstütze ich meine Mandanten bei der Sammlung aller notwendigen Beweismittel, wie Zeugenaussagen, medizinische Gutachten oder Dokumente, die den Anfechtungsgrund untermauern.
  • Gutachten einholen: Sollte die Testierfähigkeit des Erblassers in Frage stehen, beauftrage ich qualifizierte Sachverständige mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens. Diese Gutachten sind häufig entscheidend, um die geistige Verfassung des Erblassers nachzuweisen.

5. Vertretung vor dem Nachlassgericht und weiteren Instanzen

  • Nachlassgericht: Das Nachlassgericht ist die erste Instanz, in der die Anfechtung verhandelt wird. Hier vertrete ich die Interessen meiner Mandanten und präsentiere die gesammelten Beweise, um die Gültigkeit der Anfechtung sicherzustellen.
  • Beschwerde und weitere Rechtsmittel: Sollte das Nachlassgericht zugunsten des Testaments entscheiden, kann ich im Auftrag meiner Mandanten eine Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen. Wenn grundsätzliche Rechtsfragen aufgeworfen werden, die über den Einzelfall hinausgehen, prüfe ich gegebenenfalls auch eine Revision beim Bundesgerichtshof oder eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht.

Zusammenfassung und Empfehlung

In meiner Praxis als Anwalt für internationales Erbrecht lege ich großen Wert auf eine gründliche Sachverhaltsanalyse und eine klare Beratung meiner Mandanten über ihre Anfechtungsmöglichkeiten. Die Anforderungen an die Form und Begründung von Anfechtungen sind hoch, insbesondere bei internationalen Fällen, in denen deutsches und ausländisches Erbrecht kollidieren. Daher empfehle ich meinen Mandanten stets, frühzeitig juristischen Rat einzuholen, um die komplexen Fristen, Beweisanforderungen und gerichtlichen Verfahren zu meistern und ihre erbrechtlichen Ansprüche effektiv zu schützen.


Dr. Dr. Iranbomy ist ein engagierter Anwalt, der sich mit Nachdruck für die Rechte und den Schutz von Minderheiten und benachteiligten Personen einsetzt. Dr. Dr. Iranbomy bringt tiefgreifendes Wissen in Rechts- und Gesellschaftswissenschaften ein und bietet seinen Mandanten kompetente Unterstützung dabei, ihre Rechte effektiv zu verteidigen und durchzusetzen.

 Sein Ansatz zielt darauf ab, nicht nur rechtliche Lösungen zu finden, sondern auch zu einer toleranteren und gerechteren Gesellschaft beizutragen. Für Dr. Dr. Iranbomy gilt:         

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وضوع ارث اسلامی و ایرانی و سازگاری آن با قانون ارث آلمان نیازمند ملاحظات دقیقی میان حقوق وراث، قانون اساسی آلمان و نظم عمومی (ordre public) است. دادگاه‌های آلمان از حقوق وراثی که در این کشور زندگی می‌کنند، حمایت می‌کنند و تلاش دارند که تقسیم ارث به صورت منصفانه و مطابق با اصول قانون اساسی انجام شود، به ویژه در مواردی که قانون ارث خارجی با ممنوعیت تبعیض مغایرت داشته باشد. با این حال، در عمل، تعیین قواعد ارثی بین‌المللی زمانی که اموال ارثی در خارج از کشور باشد، همچنان چالشی حقوقی به شمار می‌آید.

از این رو، به وراث توصیه می‌شود که به موقع مشاوره حقوقی دریافت کرده و مدارک و مهلت‌های لازم برای اعتراض به وصیت‌نامه را با دقت پیگیری کنند. این اقدام به جلوگیری از تعارضات احتمالی کمک کرده و اجرای قانونی ارث را مطابق با نظام حقوقی آلمان تضمین می‌کند.

Foto(s): Dr. Dr. Iranbomy int. familien- und erbrechtsanwalt islamischesrecht

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