Toilettenverbot während Klausuren
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Um zu verhindern, dass während Toilettengängen gespickt wird und über das Smartphone das Internet zu Rate gezogen wird, werden an den Hochschulen Toilettengänge während der Klausuren zunehmend verboten, oder aber die Arbeit muss beim Verlassen des Prüfungsraums abgegeben werden und wird mit „nicht bestanden“ bewertet. Durchweg wird sich dabei darauf berufen, dass ein „erwachsener Mensch doch zwei (drei, vier ...) Stunden einhalten können“ müsse und es nicht genügend Aufsichtspersonen, noch dazu beiderlei Geschlechts, geben würde, um die Prüflinge zur Toilette zu begleiten.
Die Hochschulen bzw. die jeweils verantwortlichen Lehrstühle und Aufsichtspersonen liegen mit Ihrer Auffassung falsch:
Wenn einem Prüfling der Toilettengang untersagt wird, stellt dies regelmäßig eine Straftat dar. In Frage kommt z.B. der Tatbestand der Körperverletzung, weil bei zu starker Zurückhaltung körperliche Schäden drohen. Darüber hinaus drohen schwere psychische Schäden, wenn die Notdurft letztlich gar nicht mehr eingehalten werden kann. Dabei ist es völlig irrelevant, wie lange ein „durchschnittlicher Erwachsener“ einhalten kann. Das körpereigene Bedürfnis ist von Mensch zu Mensch verschieden und jeder Mensch hat auch das Recht auf diese Unterschiedlichkeit. Er ist mit seinem Bedürfnis durch das Grundrecht der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz, geschützt. Die Menschenwürde ist nicht disponibel und ist immer zu wahren. Sie wiegt also auf jeden Fall schwerer als das Interesse der Hochschule, einen Täuschungsversuch zu vereiteln.
Allerdings ist die Menschenwürde nur dann relevant, wenn sie im Einzelfall überhaupt tangiert ist. Wäre also offensichtlich und für die Aufsichtsperson beweisbar, dass der Prüfling den Raum nur wegen eines Täuschungsversuchs verlassen möchte, könnte der dann nur fingierte Toilettengang verboten werden. Die Beweisführung dürfte hier aber schwierig sein.
Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich, wenn mehrere Prüflinge zeitgleich zur Toilette möchten. Hier erlaubt es die Abwägung der beidseitigen Interessen zwischen Hochschule und Prüflingen, dass hier zur Verhinderung von Absprächen unter den Prüflingen jeder nur einzeln zur Toilette gehen kann. Hier kann es für die Aufsichtsperson wiederum schwierig werden, zu entscheiden, wer zunächst gehen darf, wenn alle angeben „ganz dringend zu müssen.“
Auch die Interessen der Prüflinge untereinander, die alle „dringend müssen“ und sich alle auf die Menschenwürde berufen können, sind gegeneinander abzuwägen, indem die Aufsichtsperson versuchen muss, abzuschätzen, wer am eiligsten gehen muss. Hier sind den Aufsichtspersonen natürlich Grenzen gesetzt. Hier zählt dann der gute Wille, den Herausforderungen an eine Prüfungsaufsicht gerecht zu werden.
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