Trotz BGH-Urteil Chancen im Abgasskandal EA189

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof (BGH) treibt die Aufarbeitung des VW-Dieselskandals voran, versäumt aber nach wie vor, umfassend für Rechtssicherheit zu sorgen.

Die grundsätzliche Linie hat der BGH mit seinem ersten Diesel-Urteil vom 25. Mai 2020 bereits vorgegeben. Darin ist festgestellt, dass Volkswagen seine Kunden betreffend den Motor EA 189 bewusst getäuscht hat und deshalb prinzipiell haftet. Bei der Berechnung des Schadenersatzes müssen sich Kläger aber die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.

Die weiteren Entscheidungen wurden am 30.07.2020 verkündet. Dabei lautet die wichtigste Frage, ob der Konzern Klägern auch dann Schadenersatz schuldet, wenn diese ihr Auto erst nach Auffliegen des Abgasbetrugs im Herbst 2015 gekauft haben.

Die Karlsruher Richter urteilten aus, dass ab diesem Zeitpunkt der Konzern sein Verhalten geändert habe, eine Täuschung und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Käufern nicht mehr feststellbar sei. Denn ab diesem Zeitpunkt habe der Konzern sein Verhalten geändert, eine Täuschung und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Käufern sei nicht mehr feststellbar. Gleichfalls wurden keine Deliktszinsen zugesprochen und auch Vielfahrer werden benachteiligt.

Die Geschädigten sollten jedoch nicht den Kopf in den Sand stecken, so Rechtsanwältin Bauer von der IG Dieselskandal. Es bleiben nämlich viele Fragen unbeantwortet.

Einige Gerichte äußersten bereits, dass sie dieser Argumentation des BGH nur bezüglich „reiner“ VW-Modelle folgen wollen, nicht aber bezüglich der Modelle von Tochterunternehmen wie Skoda, Seat oder Audi, die ebenfalls mit dem Skandalmotor EA 189 ausgestattet worden.

Eine wichtige und unbedingt ebenso zu klärende Frage ist, ob es sich bei dem von Volkwagen bereitgestellten Softwareupdate erneut um eine „Schummelsoftware“ handelt, weil darin – ungeachtet der behördlichen Freigabe – wiederum eine illegale Abschalteinrichtung in Gestalt eines sogenannten „Thermofensters“ enthalten ist. Wenn man von der Unzulässigkeit des „Thermofensters“ ausgeht, muss man im Absatz des Softwareupdates ein erneutes und auch in Ansehung der Verjährung eigenständig zu behandelndes Delikt iSv. § 826 BGB sehen.

Auch grundsätzliche Fragen zur Verjährung werden nicht behandelt.

Aus den jüngsten BGH Urteilen lässt sich nicht ablesen, dass eine kenntnisabhängige Verjährungsfrist im September 2015 angelaufen wäre. Bauer: „Verbraucher haben weiter frühestens mit Erhalt des Rückrufschreibens 2016 Kenntnis von einem Schadensersatzanspruch gehabt.“

Die Kooperationsanwältin der IG Dieselskandal geht einen Schritt weiter: „Die Verjährungsfrist wurde meiner Meinung nach erst durch die Entscheidung des BGH am 25.05.2020 in Lauf gesetzt, da Gerichte den Rechtsanspruch vielfach abgelehnt haben!“

Verbraucher haben nach Bauers Meinung auch Anspruch gemäß § 852 BGB, da VW durch unerlaubte Handlung auf Kosten eines anderen etwas erlangt habe und auch nach Eintritt der Verjährung zum Ersatz des entstandenen Schadens im Rahmen des sogenannte Restschadensersatzanspruchs zu Schadensersatz verpflichtet sei – und dass in einem Verjährungsrahmen von 10 Jahren.

Rechtsanwältin Bauer: „In der aktuellen Situation muss jeder Sachverhalt individuell bewertet werden – es ist also bezüglich des Motors EA 189 noch lange nicht vorbei und auch nicht durchgängig hoffnungslos. Es sollten alle Dieselfahrer – egal welcher Motortyp - die Gelegenheit nutzen, ihre individuellen Chancen prüfen zu lassen.“


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Nicole Bauer

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten