Trunkenheit im Straßenverkehr, §§ 315c, 316 StGB / Führerschein

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Was bedeuten die einzelnen Promillegrenzen? Ab wann werde ich betraft?

Ab 0,3 ‰

Sie können wegen „relativer Fahruntüchtigkeit" belangt werden, wenn Sie alkoholbedingte Fahrfehler (Ausfallerscheinungen) haben.

Ab 0,5 ‰

Sie begehen eine Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 24a StVG. Diese ist nicht abhängig von einem Fahrfehler.

Ab 1,1 ‰

Sie sind als Kraftfahrer unwiderlegt alkoholbedingt fahruntüchtig, also absolut fahruntüchtig. Es kommt also nicht mehr auf Ausfallerscheinungen an.

Ab 1,7 ‰

Sie sind als Radfahrer unwiderlegt alkoholbedingt fahruntüchtig, also absolut fahruntüchtig. Es kommt also nicht mehr auf Ausfallerscheinungen an.

Ab 2,0 ‰

Das Gericht prüft, ob eine erhebliche verminderte Schuldfähigkeit vorliegt.

Ab 3,0 ‰

Das Gericht nimmt grundsätzlich eine Schuldunfähigkeit des Täters an.

Wie werde ich bei Trunkenheit im Straßenverkehr bestraft?

Als Ersttäter müssen Sie mit einer Geldstrafe ab 40 Tagessätzen und einer Führerscheinsperrfrist ab 6 Monaten rechnen.

Als Zweittäter wird unterschieden, in welcher Frist Sie wieder rückfällig geworden sind. Stellen Sie sich dabei darauf ein, dass Sie eine massiven Geldstrafe ab 70 Tagessätzen bzw. sogar eine Bewährungsstrafe bekommen können. Der Führerschein wird etwa für 18 Monate eingezogen.

Als Dritttäter ist wieder die Rückfallfrist maßgeblich. Rechnen Sie nunmehr im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe, welche in der Regel nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der Führerschein kann für Jahre - im Ernstfall auch lebenslang - eingezogen werden.

Diese Aussagen stellen nur ganz grobe Richtwerte dar. Genaue Prognosen können nur in einer anwaltlichen Beratung erstellt werden. Strafzumessungskriterien wie - Vorsatz, Fahrlässigkeit, Tatzeitpunkt, BAK - können strafschärfend oder strafmildernd auf die Strafhöhe wirken. Lassen Sie sich einen Termin zu einer umfassenden Beratung für Ihren Fall geben, denn es geht immerhin um Ihre Zukunft auf vier Rädern.

Ich dachte, dass ich bei Fahrtantritt noch fahrtauglich bin. Was bedeutet das für meine Bestrafung?

Nur jede 600. Trunkenheitsfahrt wird letztendlich entdeckt. Sie können sich vorsätzlich oder fahrlässig betrunken ans Steuer setzen.

Vorsätzlich bedeutet, dass Sie davon ausgegangen sind, dass Sie nicht mehr in der Lage sein würden, ein Fahrzeug zu führen.

Fahrlässig handeln Sie dann, wenn Sie - wenn auch pflichtwidrig - davon ausgegangen sind, dass Sie das Fahrzeug noch sicher führen könnten.

Im Ergebnis wird die fahrlässige Tatbegehung selbstverständlich milder bestraft. Zudem ist anzumerken, dass Verkehrsrechtsschutzversicherungen in der Regel die Anwaltskosten bei einer fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr übernehmen. Lassen sie sich diesbezüglich von mir beraten.

Darf ich ein Kraftfahrzeug führen, wenn mein Führerschein beschlagnahmt bzw. vorläufig eingezogen wurde?

Nein, Sie dürfen kein Fahrzeug mehr im Straßenverkehr führen.

Mein Führerschein wurde beschlagnahmt. Wie bekomme ich Ihn zurück?

Bei einer Trunkenheitsfahrt beschlagnahmt die Polizei regelmäßig Ihren Führerschein am Tatort bzw. auf der Wache.

Als Verteidiger würde ich einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum zuständigen Amtsgericht stellen, wenn dieses Erfolg versprechend erscheint. Die Beschlagnahmung könnte nämlich rechtswidrig sein mit der Folge, dass Sie Ihren Führerschein zurückerhalten. Dieses sollte in einer anwaltlichen Beratung im Einzelnen geklärt werden.

Mein Führerschein wurde vorläufig eingezogen. Wie bekomme ich ihn zurück?

Der Beschlagnahmung des Führerscheins durch die Polizei folgt meist die vorläufige Einziehung durch das Amtsgericht einige Zeit nach der Trunkenheitsfahrt. Es besteht danach die Wahrscheinlichkeit, dass in einem späteren Strafverfahren die endgültige Entziehung angeordnet wird.

Die Entscheidung des Gerichts kann mittels einer Beschwerde überprüft werden. Wenn die Beschwerde erfolgreich ist, erhalten Sie den vorläufig eingezogenen Führerschein zurück. Diese Möglichkeit wird in einer anwaltlichen Beratung überprüft.

Was bedeutet relative und absolute Fahruntüchtigkeit?

Ab 1,1‰ sind Sie unwiderlegt (absolut) fahruntüchtig. Folglich werden Sie Ihren Führerschein in der Regel abgeben müssen.

Bei einer Alkoholisierung von 0,3 - 1,1 ‰ gelten Sie dann als relativ fahruntüchtig, wenn Sie zusätzlich so genannte „Ausfallerscheinungen" haben. Diese liegen z.B. regelmäßig dann vor, wenn Sie Schlangenlinien fahren oder einen Unfall bauen. Folglich kann auch hier Ihr Führerschein in Gefahr sein.

Sollten Ihnen jedoch keine Ausfallerscheinungen nachgewiesen werden können, dann werden Sie zwar einer strafrechtlichen Sanktionierung (Freispruch bzw. Einstellung) entgehen, aber müssen sich wegen einer Ordnungswidrigkeit verantworten (ab 0,5 ‰). Rechnen Sie dann damit, dass Sie eine Geldbuße bis 1500 Euro, 4 Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot bis 3 Monate bekommen.

Dieses komplexe Thema kann jedoch nur umfassend in einer anwaltlichen Beratung erörtert werden. Jeder Fall kann sehr verschieden sein und kann hier nicht ausschöpfend thematisiert werden.

Bei mir wurden mehr als 1,6 ‰ festgestellt. Was bedeutet das für meine Zukunft?

Die Wiedererteilung eines Führerscheins wird an das Bestehen einer MPU (medizinisch-psychologische-Untersuchung) gebunden. Dies bedeutet Kosten und sehr viel Nerven für Ihre Person. Lassen Sie sich unbedingt anwaltlich beraten, denn die Durchfallquoten von MPUs sind nicht gerade gering und die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nicht immer selbstverständlich.

Bei mir wurde eine BAK von mehr als 2,0 ‰ festgestellt. Bin ich schuldunfähig?

Aufbauend auf medizinischer Erkenntnis ist für die Rechtsprechung die Blutalkoholkonzentration (BAK) des Täters zur Tatzeit von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung der Schuldfähigkeit.

Eine krankhaft seelische Störung im Sinne einer Intoxikationspsychose kann ab 2,0 ‰ (BAK) angenommen werden, ab 3,0 ‰ (BAK) wird in der Regel Schuldunfähigkeit angenommen, wobei es zur Feststellung der Schuldfähigkeit neben der BAK auf eine Gesamtschau des Verhaltens des Täters vor, während und nach der Tat ankommt.

Das Gericht prüft bei einer Alkoholisierung ab 2,0 ‰, ob eine erheblich verminderte Schuldunfähigkeit oder sogar Schuldunfähigkeit vorliegt.

Sollte eine solche angenommen werden, werden Sie zwar nicht wegen einer Trunkenheitsfahrt bestraft werden können, aber Sie werden sich wegen Vollrauschs verantworten müssen. Auch bei einem Vollrausch müssen Sie mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen.

MPU: Welche Bücher zu diesem Thema kann Rechtsanwalt Louis dem Betroffenen empfehlen?

- Der Testknacker bei Führerscheinverlust (Goldmann Verlag) v. Rieh & Wagenpfeil

- Mein Führerschein ist weg - Was nun? (Werner Verlag) v. Kürti

Warum brauche ich überhaupt einen Verteidiger im Strafverfahren wegen Alkohol im Straßenverkehr?

Sich selber in einem Strafverfahren zu verteidigen, ist meist eine der größten Fehlentscheidungen, welche der Betroffene fällen kann. Nicht einmal Juristen, gegen die ein Strafverfahren eingeleitet wird, verteidigen sich in der Regel selber. Sie spielen ja auch nicht selber bei sich Zahnarzt.

Bedenken Sie, dass Richter und Verteidiger die gleiche Sprache sprechen und sich häufig aus anderen Verfahren kennen. Dieses Vertrauensverhältnis führt dazu, dass eine gute Gesprächsbasis für Ihren Prozess geschaffen wird. Strafprozesse werden heute oft außerhalb vom Gerichtsaal geklärt. Absprachen gehören zum Alltag.

Der Grund hierfür ist recht simpel zu erklären. Die Staatsanwaltschaften sind dermaßen überlastet, dass sie froh sind, wenn ihnen ein Verteidiger ein vernünftiges Angebot macht. Sie können somit diese Akte schließen und sich den nächsten widmen. So einfach kann das sein. Der Strafprozess wird zum Geben und Nehmen.

Nehmen Sie bitte im eigenen Interesse den Kontakt zu dem Verteidiger früh auf, um Ihre Chancen zu wahren. Oft werden Verteidiger erst dann beauftragt, wenn es fast schon „zu spät" ist oder selber schon „rumgedoktert" wurde.

Selber dürfen Sie grundsätzlich Ihre Akte nicht einsehen, welche jedoch zum Beispiel wichtige Aussagen von Zeugen beinhalten kann. Der Rechtsanwalt Ihres Vertrauens darf dies. Ziehen Sie nicht in den Kampf, ohne zu wissen, was Sie erwartet.

Der Angeklagte, welcher selbstverständlich nervös ist, verliert regelmäßig in Verhören und bei Gericht die Objektivität gegenüber dem Verfahren, was im Ergebnis immer nachteilig ist. Der Verteidiger wahrt, da er nicht unmittelbar betroffen ist, den nötigen Abstand zum Verfahren, um Sie optimal verteidigen zu können.

Die Gerichte sind überlastet. Tendenziell wollen sie schnell und effizient die Strafverfahren „abarbeiten". Dabei wird, wenn kein Verteidiger zur Stelle ist, oft über den Kopf des Angeklagten „hinweg entschieden". Warum auch nicht, denn Sie wissen ja nicht, was mit Ihnen passiert. Es besteht keine Waffengleichheit.

Der Verteidiger, welcher meist die Richter und Staatsanwälte kennt, kann schon im Vorfeld oder während der Verhandlung einen „Deal" im Sinne des Angeklagten aushandeln. Telefonate zwischen Verteidigern und Staatsanwälten gehören zum Alltag und lösen Ihre Probleme.

Es liegt auf der Hand, dass der Strafverteidiger sein Wissen einsetzen kann, welches ja gerade dem Bürger fehlt, um ihn vor drohendem Unheil zu bewahren.

Das Schlussplädoyer des Anwaltes kann eine erhebliche Wirkung erzielen.

Sollten sie dennoch verurteilt werden, kann der Anwalt Sie über die Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln umfassend aufklären.

Wie läuft ein Ermittlungsverfahren und Strafverfahren ab?

Die Polizei ermittelt im Namen der Staatsanwaltschaft bei einem Anfangsverdacht einer Straftat. In dem „Ermittlungsverfahren" muss der Beschuldigte Gelegenheit bekommen, sich zur Sache zu äußern. Zeugen sind zu verhören. Kurz: Es wird be- und entlastend ermittelt. Ich zeige Ihre Verteidigung an, teile der Polizei mit, dass Sie den Vernehmungstermin nicht wahrnehmen werden und bitte darum, die Ermittlungsakte an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.

Nach Beendigung der Ermittlungen schickt die Polizei die Ermittlungsakte an die zuständige Staatsanwaltschaft. Hausdurchsuchungen, Telefonüberwachungen und die Anordnung der Untersuchungshaft werden durch das Amtsgericht angeordnet (Richtervorbehalt).

Jetzt bekomme ich als Strafverteidiger endlich die Ermittlungsakte durch die Staatsanwaltschaft übermittelt. Nachdem ich mit Ihnen den Inhalt der Akten besprochen habe, schreibe ich eine Einlassung für Sie und lenke damit die Art der Erledigung des Verfahrens.

Sodann muss die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren in irgendeiner Weise beenden. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Polizei, welche ihr in Form der Ermittlungsakte vorliegen, und meiner Einlassung klagt sie die Tat an, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht. Wenn dieser nicht besteht, also ein Freispruch wahrscheinlicher als eine Verurteilung ist, stellt sie die Tat nach § 170 II StPO ein.

Wenn der Verstoß gering ist bzw. ein Erstverstoß vorliegt, kann die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt (auch gegen eine Auflage) ebenfalls einstellen, § 153 I StPO. (Bei einer guten Prozentzahl meiner Verfahren ist dies der Fall, z.B. Einstellung wg. Geringfügigkeit gegen Geldauflage).

Sie kann die Sache auch durch einen Strafbefehl, also quasi durch ein Urteil ohne eine Hauptverhandlung, erledigen.

Damit ist das Ermittlungsverfahren und der Status des Mandanten als „Beschuldiger", egal welche Form der Erledigung vorliegt, beendet.

Verteidiger: Hier berate ich meinen Mandanten, sage für ihn die Beschuldigtenvernehmung ab. Unser Erstschreiben „blockiert" den Kontakt der Polizei zum Mandanten. Die Polizei muss dann die Akte an die Staatsanwaltschaft weiterleiten (sie ist Herrin im Ermittlungsverfahren) und erteilt mir Akteneinsicht. Der Mandant wird mit dem Inhalt konfrontiert und ich schreibe dann eine sog. Verteidigerschrift, also eine Einlassung für den Mandanten (Einlassung zur Tat und Worte zu seinem Leben und eine Vorstellung, was die Verteidigung gerne hätte.

Soweit das Verfahren nicht im Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, wird die Anklageschrift oder der Strafbefehl dem Amts- oder Landgericht durch die Staatsanwaltschaft übermittelt. Der Mandant ist nunmehr „Angeschuldigter in einem Strafverfahren".

In diesem „Zwischenverfahren" stellt der Richter die Anklage dem Verteidiger und seinem Mandanten zu. Der Verteidiger hat nunmehr die Möglichkeit, Einwände gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens, also gegen die Hauptverhandlung, vorzubringen: Ist die Anklage formell rechtmäßig? Besteht hinreichender Tatverdacht? Sollen noch Beweise oder Zeugen benannt werden?

Verteidiger: Ich kann eine Eröffnung verhindern und Absprachen mit dem Richter und der Staatsanwaltschaft über das Strafmaß treffen. Hier bereite ich auch meine Mandanten auf die Hauptverhandlung vor. Gegebenenfalls kann mich das Gericht als Pflichtverteidiger beiordnen, wenn die Voraussetzungen hierzu vorliegen.

Die Hauptverhandlung wird auch „Hauptverfahren" genannt. Nach dem ergangenen Urteil in der Hauptverhandlung können ggf. Rechtsmittel (Berufung oder Revision) eingelegt oder Rechtsmittelverzicht erklärt werden. Sobald der Rechtsmittelverzicht erklärt wird, ist das Urteil rechtskräftig.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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