Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Überspitzte Äußerungen vor Gericht erlaubt?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Eine überspitzte Äußerung ist auch vor Gericht zulässig, sofern sie dem „Kampf um das Recht“ dient und einen Bezug zum Rechtstreit hat.

Wer zu laut oder beleidigend vor Gericht wird, kann verwarnt werden; auch mit der Verhängung eines Ordnungsgeldes muss der Störenfried rechnen. Doch welche Äußerungen sind verboten, welche erlaubt?

Kindsvater „zu faul zum Arbeiten"?

Eine 24-jährige Frau verlangte von ihrem Vater Ausbildungsunterhalt. Der lehnte aber eine Zahlung ab; schließlich sei ihr Lebensgefährte und Vater ihrer beiden Kinder vorrangig unterhaltspflichtig. Sein Anwalt gab in einem Schriftsatz an, dass der 27-jährige Kindsvater aber viel zu faul sei, um zu arbeiten und vielmehr versuche, über seinen „Schwiegervater in spe" an Geld zu kommen. Der junge Mann fühlte sich durch die Äußerung in seiner Ehre verletzt; schließlich mache er gerade auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur, um später gut für seine Familie sorgen zu können. Er verlangte wegen der beleidigenden Äußerungen gerichtlich ein Schmerzensgeld von 500 Euro.

Äußerung war zulässig

Das Amtsgericht (AG) Königshausen verneinte einen Schmerzensgeldanspruch des jungen Mannes. Zwar waren die Bemerkungen alles andere als wertneutral und verletzten tatsächlich seine Ehre. Schließlich unterstellte der Anwalt ihm die unredliche Absicht, hinter dem Geld seines zukünftigen Schwiegervaters her zu sein.

Im „Kampf um das Recht" müssen aber auch starke und eindringliche Ausdrücke erlaubt sein, mit denen man die eigene Rechtsposition verteidigen darf. Voraussetzung ist allerdings, dass die Äußerung einen sachlichen Bezug zum in Frage stehenden Rechtsverhältnis hat: Vorliegend musste das Gericht klären, ob der Vater der Auszubildenden oder ein Dritter unterhaltspflichtig ist. Eine vorrangige Unterhaltspflicht des Lebensgefährten könnte nach § 1615l II BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zumindest während der ersten drei Lebensjahre der gemeinsamen Kinder zu bejahen sein. Daher war die - wenn auch überspitzte - Äußerung des Anwalts, der den jungen Mann in der Unterhaltspflicht sah, durchaus zulässig. Das gilt insbesondere im Hinblick auf das Alter und den beruflichen Werdegang des Lebensgefährten.

(AG Königshausen, Urteil v. 11.04.2012, Az.: 20 C 569/11)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: