Umgangsrecht aktuell: Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens

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In Kindschaftsverfahren vor dem Familiengericht besteht die sogenannte Amtsermittlungspflicht. Dies bedeutet, dass das Gericht verpflichtet ist, den Sachverhalt, der einer Entscheidung zugrunde gelegt werden soll, von Amts wegen, dies bedeutet ohne Antrag eines Betroffenen oder unabhängig hiervon, zu untersuchen.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 3. April 2012 zum Aktenzeichen 6 UF 10/12) hat das Familiengericht zwar keine Pflicht zur Amtsermittlung „ins Blaue hinein“. Anlass, entsprechende Ermittlungen einzuleiten, geben daher zum Beispiel keine reinen Verdächtigen ohne eine tatsächliche Basis. Wenn jedoch der Vortrag eines Beteiligten und der Sachverhalt bei sorgfältiger Prüfung Anlass zum Nachhaken und näheren Erkunden und Prüfen geben, muss dies geschehen. 

Bei Verfahren über das Umgangsrecht gelten hierbei in Anbetracht des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes des Umgangsrechts durch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ganz besondere Anforderungen. Das gerichtliche Verfahren und dessen Durchführung muss den Elternrechten angemessen Rechnung tragen. Das Familiengericht muss die ihm zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsoptionen betreffend die entscheidungserheblichen Tatsachen ausschöpfen und möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl ausgerichteten Entscheidung erkennen lassen. Welchen Umfang die Ermittlungen haben müssen, richtet sich nach den im Einzelfall tangierten Kindeswohlbelangen. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Ermittlung des wahren Kindeswillens.

In dem konkreten Fall ging der Senat davon aus, dass das Familiengericht nicht ohne Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens entscheiden durfte. Es wies die Sache daher aufgrund des Verfahrensfehlers zur erneuten Behandlung durch das Familiengericht an dieses zurück.


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