Umgangsrecht bei Pflegekindschaft

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In Deutschland leben ca. 0,4 % der minderjährigen Kinder in einer Pflegefamilie (Vollzeitpflege). 


1. Umgang aus Sicht der Herkunftseltern

Das den leiblichen Eltern des Pflegekindes zustehende Umgangsrecht dient dazu, dass die leiblichen Eltern die Möglichkeit haben, ihre Beziehungen zu dem in einer Pflegefamilie untergebrachten Kind aufrecht zu erhalten, gegebenenfalls zu stärken oder überhaupt erst aufzubauen, und sich aufgrund regelmäßiger Kontakte mit dem Kind davon zu überzeugen, welche Entwicklungsfortschritte das Kind macht und dass bzw. ob es dem Kind gut geht.


2. Umgang aus Sicht des Pflegekindes

Aus Sicht des Pflegekindes soll der Umgangskontakt mit den leiblichen Eltern dazu dienen, dass sich das Pflegekind persönlich davon überzeugen kann, wie es seinen Eltern und Geschwistern geht. Auch das Kind soll die Möglichkeit haben, seine Bindungen zu seiner Herkunftsfamilie aufrechtzuerhalten. Generell wird davon ausgegangen, dass es zum Wohle eines Kindes ist, wenn es regelmäßigen Kontakt zu seiner Herkunftsfamilie pflegen kann.


3. Dauer und Häufigkeit der Umgangskontakte


Es liegt in der Natur der Sache, dass Dauer und Häufigkeit des Umgangs zwischen den leiblichen Eltern und dem Pflegekind aus Sicht der Eltern anders beurteilt werden, als möglicherweise aus Sicht der Jugendämter, der Familiengerichte und der Sachverständigen.

Eine generelle Regelung, wie oft ein Umgangskontakt und in welchen zeitlichen Abständen und über welche Dauer zwischen Pflegekind und Herkunftseltern stattfinden sollte, gibt es nicht. In jedem einzelnen Fall hat eine konkrete Einzelfallbetrachtung stattzufinden.

Kriterien für die Dauer und Häufigkeit der Umgangskontakte können bereits bestehende Bindungen zwischen Eltern und Kind sein, aber auch das Alter des Kindes spielt eine entscheidende Rolle. Nicht zu vernachlässigen ist der Wunsch des Kindes nach mehr oder weniger Umgangskontakt mit seinen leiblichen Eltern.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Häufigkeit der Umgangskontakte eines Pflegekindes mit seiner Herkunftsfamilie bei weitem nicht dem entspricht, was üblicherweise bei getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern an Umgangskontakten mit ihrem Kind zugebilligt wird. 

Generell sollte aber auch, wie bei den Umgangskontakten mit getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern, hier die Regel beachtet werden, dass Kleinkinder ein anderes Zeitempfinden haben als ältere Kinder und deshalb bei Kleinkindern häufigere, jedoch kürzere Umgangskontakte als wichtig erachtet werden. Aber auch in diesem Punkt gilt wieder, es ist immer zum Wohl des Kindes zu handeln und eine einzelfallbezogene Entscheidung zu fällen.

Die Schwierigkeit besteht darin, zwischen den Wünschen und Vorstellungen der leiblichen Eltern und des Pflegekindes eine zum Wohl des Kindes bei der Frage der Häufigkeit und der Dauer von Umgangskontakten eine Balance zu finden, die nicht nur den Interessen aller Beteiligten gerecht wird, sondern auch dem Sicherheitsbedürfnis und der Entwicklung des Kindes gerecht wird.

Findet der Umgang zu häufig und zu früh statt, nachdem das Kind in eine Pflegefamilie aufgenommen wurde, kann dies dazu führen, dass das Pflegekind in der Pflegefamilie nie "richtig ankommt". Folge davon kann sein, dass sich das Kind gestresst fühlt, nicht weiß, wo es herkommt und wo es hingehört, dass das Kind einfach nicht zur Ruhe kommt. Unter diesen schwierigen Voraussetzungen kann das Kind negative Erfahrungen aus der Vergangenheit auch nicht aufarbeiten. Es darf nicht vergessen werden, dass Kinder, die in Pflegefamilien kommen, in aller Regel einen Leidensweg und schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit hinter sich haben, denn die Herausnahme aus der Herkunftsfamilie und die Aufnahme in eine Pflegefamilie erfolgen nicht grundlos.

Erfolgen die Umgangskontakte zwischen dem Kind und seiner Herkunftsfamilie zu selten, kann möglicherweise die erforderliche Stabilität in der Beziehung zu den Herkunftseltern und die notwendige Kontinuität nicht aufgebaut werden. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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