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Umgangsrecht in Zeiten der Corona-Krise – wie sich Eltern am besten einigen

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Weder der Umgangsberechtigte noch der betreuende Elternteil darf die Herausgabe des Kindes in Zeiten der Corona-Krise verweigern.    
  • Ausgangsbeschränkungen erlauben den Kontakt zu engsten Familienmitgliedern.    
  • Wenn sich der betreuende Elternteil oder das Kind infiziert, ist es der umgangsberechtigten Person für die nächsten zwei Wochen zuzumuten, auf das Umgangsrecht zu verzichten.

Nunmehr wurde in vielen Bundesländern beschlossen, dass soziale Kontakte auf ein Mindestmaß herunterzufahren sind. Es stellt sich vor allem bei getrenntlebenden Eltern die Frage, wie mit festgelegten Umgangsregelungen umzugehen ist. Neben der Frage, ob der Umgang verweigert werden kann, taucht auch die Frage auf, ob bestehende Regelungen abgeändert werden können.

Wenn Eltern sich bereits im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens darüber streiten, wird trotz des Beschleunigungsgebots in Kindschaftssachen nach § 155 FamFG mit einer Verzögerung zu rechnen sein.

Wie sieht die Lage aus, wenn sich ein Elternteil oder das Kind infiziert?

Eine einheitliche Lösung hierzu gibt es nicht. Sollte einer der Beteiligten infiziert sein, müssen auch hier alle Kontakte zu Außenstehenden vermieden werden, bis die Person gesund ist bzw. eine Ansteckungsgefahr ausgeschlossen ist.

Nach einer häufig gewählten Umgangsregelung kann das Elternteil, bei dem das Kind nicht dauerhaft lebt, dieses alle zwei Wochen am Wochenende sehen. Wenn nun die umgangsberechtigte Person erkrankt ist, ist zwischen den Interessen aller Beteiligten abzuwägen. Auf der einen Seite steht das Interesse, sein Kind zu sehen und auf der anderen die Bedenken dahingehend, ob eine Infizierung mit Corona vorliegt oder nicht.

In diesem speziellen Fall ist es der umgangsberechtigten Person für die nächsten zwei Wochen zuzumuten, auf das Umgangsrecht zu verzichten. In Anbetracht der Situation und der Pflicht, die Ausbreitung des Virus zu vermeiden, wird es dem Umgangsberechtigen zum Wohle der Allgemeinheit, des Kindes und der Familie des Kindes zumutbar sein, auf den Kontakt zu verzichten. Es gilt, eine friedliche Lösung zu finden.

Wenn der Umgang demnach nicht stattfinden kann, sollten dafür Ersatztermine gefunden und auch der Umfang an Telefonaten erhöht werden, damit die Bindung zwischen Kind und Elternteil bestehen bleibt.

Kann der Umgangsberechtigte Zwangsmaßnahmen anwenden?

Hier kommt es darauf an, wie die betreuende Person sich bisher verhalten hat. Wenn sie in der Vergangenheit bereits mehrfach vermeiden wollte, dass das Umgangsrecht wahrgenommen werden kann, könnte es sich nur um einen weiteren Vorwand handeln. Es ist demnach einzelfallabhängig, ob es sich bei dem Coronavirus-Argument um einen Vorwand handelt.

Was geschieht in der Zeit der Kita- bzw. Schulschließung?

Wenn die Umgangsregelung vorsieht, dass das Kind nach Schulschluss am Dienstag bis zum Schulbeginn am Mittwoch beim Umgangsberechtigen verbringen soll, stellt sich die Frage was geschieht, wenn die Schule bzw. Kita geschlossen ist und wo das Kind sich aufhalten darf.

In der Regel beinhalten Umgangsvereinbarungen Regelungen zu Ferienzeiten, an die man sich halten kann. Diese können auf die Schließzeiten wegen Corona angewendet werden. Wenn keine Regelung diesbezüglich besteht, müssen die Eltern sich auf eine gemeinsame Lösung verständigen.

Was geschieht, wenn Umgangsregelungen nicht beachtet werden?

Schwierig gestaltet sich die Lage, wenn das Kind schulfrei hat und die umgangsberechtige Person den Umgang meidet, weil diese eine Ansteckung befürchtet. Kritisch wird es dann, wenn dadurch die betreuende Person ein Betreuungsproblem hat und sie dadurch nicht arbeiten kann.  Bei einem nicht kulanten Arbeitgeber kann die Kündigung drohen.

Man kann den Umgangsberechtigen nicht zum Umgang zwingen, allerdings können in einem gerichtlichen Verfahren Umgangszeiten festgelegt werden, die vollstreckbar sein können. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass eine anderweitige Kinderbetreuung eingestellt wird, deren Kosten durch den Umgangsberechtigten übernommen werden müssen.

Dies gestaltet sich jedoch aus zweierlei Sicht schwierig.  Zum einen wird es dauern, eine gerichtliche Entscheidung zu erhalten und die Suche nach einer Kinderbetreuung ist momentan wenig erfolgsversprechend.

Wie können Lösungen gefunden werden?

Sollte die Eltern keine Lösung finden, können Ämter bei der Lösungssuche helfen. Zwar können momentan persönliche Gespräche nicht stattfinden. Dennoch kann man innerhalb von Ersatzlösungen ein Gespräch zustande kommen lassen. So können beispielswiese Videotelefonate mit allen Beteiligten stattfinden. Es ist immer zu beachten, dass das Kindeswohl Maßstab aller Gespräche sein muss.

Dürfen Eltern die Herausgabe des Kindes verweigern?

Der Umgangsberechtigte darf die Herausgabe des Kindes an den betreuenden Elternteil auch in Zeiten der Corona-Krise nicht verweigern.

Anderweitige Änderungen des Aufenthaltsortes des Kindes können auch bei bestehendem Mitsorgerecht nur einvernehmlich vollzogen werden. Alles andere wäre eine Verletzung der Sorgerechtsregelungen und der Rechte der betreuenden Person. Gegen diese kann sie dann vorgehen, beispielsweise in einem gerichtlichen Eilverfahren.

Doch wie bereits festgestellt, darf auch der betreuende Elternteil die Ausgangssperre bzw. Ausgangsbeschränkung nicht dafür nutzen, prinzipiell die Herausgabe des Kindes zu verweigern, zumal die Ausgangsbeschränkungen den Kontakt zu engsten Familienmitgliedern erlauben.

Anders ist es, wenn das Kind zu einer Risikogruppe gehört. In diesem Fall handelt es sich um eine sorgerechtliche Angelegenheit, da die Gesundheitssorge in den Bereich des Sorgerechts fällt. Wenn das betreuende Elternteil auch die Alleinsorge bzw. die Gesundheitssorge allein trägt, darf dieses Elternteil ausnahmsweise den Kontakt zur umgangsberechtigten Person unterbinden, wenn eine nachweisliche Gefährdung der Gesundheit des Kindes besteht.

Auch hinsichtlich geplanter Urlaube können von beiden Elternteilen Einwände gegen die Reise erhoben werden. Dies gilt auch dann, wenn der umgangsberechtigte Elternteil nicht sorgeberechtigt ist. Auch in diesem Fall kann er in einem Verfahren vor dem Familiengericht durchsetzen, dass die geplante Reise mit dem sorgeberechtigten Elternteil in Risikoregionen oder zu möglicherweise infizierten Personen unterbleibt.

(MAM)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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