Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort/Fahrerflucht – LG-Bezirk Augsburg

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Ein Delikt, welches mit 250.000 Fällen pro Jahr eine hohe verkehrsrechtliche Bedeutung hat, ist das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, umgangssprachlich auch Fahrerflucht genannt. Nach der Rechtsprechung und ganz herrschenden Meinung ist Rechtsgut allein die Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche sowie der Schutz vor unberechtigten Ansprüchen (BGH 8, 263; 12, 254; 24, 382; BVerfGE 16, 191; Fischer, StGB, 65. A. 2018, § 142, Rn 2).

Nach § 142 Abs. 1 StGB wird ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder

2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Glaubt das Gericht, dass der Schaden nicht bemerkbar war?

Häufig wird – etwa bei Zusammenstößen beim Ein- oder Ausparken behauptet, dass man den Zusammenstoß nicht bemerkt habe. Die Rechtsprechung stellt hier auf die Gesamtumstände ab. Neben dem Vor- und Nachttatverhalten, welches hier aus Platzgründen nicht thematisiert werden soll, kommt es auf den Schaden an. 

Ist es glaubhaft vorzubringen, dass man den Schaden nicht bemerkt habe? 

Zusammenstöße, wie z. B. das leichte Anfahren eines parkenden Autos oder auch das Abfahren eines Seitenspiegels ist grundsätzlich für den Anfahrenden bemerkbar. Jedoch kann es sich beim Hinzutreten anderer Umstände, wie z. B. dem Hören lauter Musik anders darstellen.

Ab wann wird von einem relevanten Schaden ausgegangen?

Ein Personen- oder Sachschaden liegt nicht bei einem völlig belanglosen Schaden vor. Die Rechtsprechung setzt die Grenze bei etwa 25 €. Demzufolge liegen auch bei Beschädigungen von Leitplanken, erst recht bei Fahrzeugbeschädigungen, immer relevante Schäden vor.

Fraglich und als wirksames Instrument der Verteidigung ist aber häufig die Ursächlichkeit anzusehen. Viele Fahrzeuge sind beschädigt, d. h. sie haben Vorschäden. Demzufolge ist erst einmal durch den Geschädigten nachzuweisen, dass die Beule im Stoßfänger von dem Zusammenstoß stammt.

Der Autor des Rechtstipps, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht, konnte so bereits einige Fälle zur Einstellung bringen.

Wann wird die Fahrerlaubnis entzogen?

Nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist der Täter bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Die Rechtsprechung ist jedoch unterschiedlicher Ansicht, wann ein bedeutender Schaden vorliegt:

Ab 1300 € etwa wird von einem solchen Schaden ausgegangen: Hamburg ZfS 07, 409; Jena NStZ-RR 05, 183; LG Berlin NStZ 07,281

anders 1100 € (Berlin NZV 06, 106)

1250 € (LG Hamburg DAR 05, 168, Zweibrücken ZfS 03,208)

1400 € (LG Frankfurt NStZ-RR 09,215)

1500 € (LG Hamburg 07,660)

Der Autor des Rechtstipps, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen, hat sich seit Jahren speziell auf das Verkehrsstrafrecht und Bußgeldrecht spezialisiert. Vielen Mandanten hat er vor etlichen Gerichten in Bayern und Baden-Württemberg persönlich beigestanden und Verfahren zur Einstellung gebracht. Er ist Vertragsanwalt der GTÜ. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat ihm das Zertifikat Q für besondere Bemühungen in der Fortbildung – er ist selbst Dozent für Fachanwälte im Verkehrsrecht und Strafrecht – verliehen.


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