Unfall auf Weihnachtsfeier – auch ohne Chef ein Arbeitsunfall?
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Die Saison der Weihnachtsfeiern steht bei vielen Unternehmen auch in diesem Jahr wieder kurz bevor. Gerade rechtzeitig hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem aktuellen Urteil darüber entschieden, ob ein Unfall auf einer Weihnachtsfeier, bei der der Chef nicht anwesend ist, als Arbeitsunfall zu werten ist oder nicht.
Regelungen zu Weihnachtsfeiern getroffen
Die spätere Klägerin arbeitet als Sozialversicherungsangestellte bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Hessen. Bereits im Jahr 2008 stimmten sich der dortige Dienststellen-, der Sachbereichs- und der Sachgebietsleiter darüber ab, dass die jeweiligen Sachgebiete eigene Weihnachtsfeiern während der Kernarbeitszeit durchführen dürfen. So durfte die Weihnachtsfeier des jeweiligen Sachgebiets frühestens um 12 Uhr beginnen und musste durch die Betätigung der Zeiterfassung dokumentiert werden. Außerdem mussten die Termine und der voraussichtliche Beginn der Büroleitung vorab rechtzeitig mitgeteilt werden. Jeder teilnehmende Mitarbeiter erhielt eine Zeitgutschrift i. H. v. 10 Prozent der Wochenarbeitszeit. Im Jahr 2010 beschloss derselbe Personenkreis, dass diese Regelungen auch in diesem Jahr gelten sollen.
Auf Weihnachtswanderung ausgerutscht
Am 09.12.2010 fand die von der Sachgebietsleiterin ordnungsgemäß angekündigte Weihnachtsfeier des Sachgebiets der späteren Klägerin statt. Nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken in der Dienststelle selbst machten sich zehn Personen inklusive der Sachgebietsleiterin auf den Weg zu einer gemeinsamen Wanderung. In deren Verlauf rutschte die Frau aus, stürzte auf ihren rechten Arm und zog sich dort sowohl eine Ellenbogenprellung als auch eine Verstauchung und Prellung des Handgelenks zu.
Anerkennung als Arbeitsunfall und Klage erfolglos
Diesen Unfall wollte die Frau als Arbeitsunfall anerkennen lassen, aber die zuständige Unfallkasse lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Schließlich reichte die Frau Klage beim Sozialgericht (SG) Kassel ein und bekam recht – das Unfallereignis war ein Arbeitsunfall. Gegen diese Entscheidung legte die Unfallkasse Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (LSG) ein, die das Urteil des SG aufhob und die Klage abwies. Zur Begründung führten die Richter aus, dass die Weihnachtsfeier nicht von der Autorität der Dienststellenleitung gedeckt gewesen sei.
Revision erfolgreich – BSG ändert seine Rechtsprechung
Die beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Revision der Frau hatte schließlich Erfolg. Die Richter stellten fest, dass es sich bei dem Unfall auf der Weihnachtsfeier tatsächlich um einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehandelt hat.
Feier im Einvernehmen mit Leitung
Die Richter klärten zunächst, dass die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, wie einer betrieblichen Weihnachtsfeier, eine den Versicherungsschutz als Beschäftigte gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII begründende Tätigkeit darstellt. Voraussetzung ist, dass die Veranstaltung im Einvernehmen mit der Betriebsleitung stattfindet. Dazu muss die Unternehmensleitung nicht selbst der Veranstalter sein, es reicht aus, wenn sie die Veranstaltung billigt und fördert.
Im hier vorliegenden Fall wurden in einer Besprechung im Jahr 2008 die Einzelheiten bezüglich der künftigen Weihnachtsfeiern niedergeschrieben, nämlich, dass die jeweiligen Sachgebiete eigene Weihnachtsfeiern während der Kernarbeitszeit durchführen dürfen, diese frühestens um 12 Uhr beginnen und durch die Betätigung der Zeiterfassung dokumentiert werden müssen. Außerdem mussten die Termine und der voraussichtliche Beginn der Büroleitung vorab rechtzeitig mitgeteilt werden und jeder teilnehmende Mitarbeiter erhielt eine Zeitgutschrift i. H. v. 10 Prozent der Wochenarbeitszeit. Und auch im Jahr 2010 sollten diese Regelungen gelten. Aus diesem Umstand ergibt sich nach Meinung der Richter eindeutig, dass die Weihnachtsfeier im Einvernehmen mit der Betriebsleitung stattgefunden hat.
Rechtsprechung geändert – Chef muss nicht da sein
Durch betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen soll das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt werden und auch die Verbundenheit der Unternehmensleitung mit der Belegschaft sollte verbessert werden. Daher war die Teilnahme der Unternehmensleitung an der jeweiligen Veranstaltung grundsätzlich Pflicht.
Im Rahmen dieser aktuellen Entscheidung änderte das BSG jedoch seine bisherige Rechtsprechung dahingehend, dass es bei versicherten betrieblichen Veranstaltungen nicht mehr zwingend notwendig ist, dass die Unternehmensleitung an den Feierlichkeiten teilnimmt. Ein unfallversicherungsrechtlich schützenswerter Zweck einer betrieblichen Veranstaltung liegt bereits dann vor, wenn die Feier allen Mitarbeitern des betreffenden Teams offensteht und die Sachbereichsleitung im Einvernehmen mit der Betriebsleitung daran teilnimmt.
Hier hat die Sachgebietsleiterin alle Angestellten ihres Sachgebiets zur Weihnachtsfeier eingeladen und die Veranstaltung auch selbst durchgeführt, sodass es auf die tatsächliche Anzahlt der Teilnehmer gar nicht mehr ankommt.
Aus diesem Grund handelt es sich bei dem Unfall auf der Weihnachtsfeier um einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1 SGB VII.
Fazit: Damit ein Unfall bei einer Weihnachtsfeier als Arbeitsunfall versichert ist, muss die Unternehmensleitung jetzt nicht mehr persönlich an der Veranstaltung teilnehmen.
(BSG, Urteil v. 05.07.2016, Az.: B 2 U 19/14 R)
(WEI)
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