Unternehmen mit Schulden gekauft und Sie fragen sich jetzt, ob Sie dafür aufkommen müssen?

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Bei der Beantwortung dieser Frage gilt wie immer: Es kommt darauf an!

Greifen bei der Firma die handelsrechtlichen Regelungen nach HGB? Wenn dies der Fall ist, dann haftet man grundsätzlich entsprechend der Voraussetzungen des § 25 HGB auch als Erwerber für die vor Verkauf der Firma entstandene Verbindlichkeit. 

Schauen wir uns die einzelnen Voraussetzungen genauer an.

§ 25 HGB ist eine Norm, die nur für Handelsgeschäfte gilt. Handelsgeschäfte liegen nach § 343 Abs. 1 HGB nur vor, wenn diese die Geschäfte eines Kaufmanns darstellen, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören.

Doch wann ist man Kaufmann im Sinne des HGB?

Gem. § 1 HGB ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt (Freiberufler fallen nicht hierunter). Wenn das betriebene Gewerbe von Art und Umfang so groß ist, dass beispielsweise ein Buchhalter und weitere Mitarbeiter benötigt werden, da man das Gewerbe nicht mehr alleine betreiben kann oder die umlaufenden Gelder (mindestens 100.000 EUR als Richtwert) so hoch sind, dann ist in der Regel von einem Handelsgewerbe auszugehen. Aber auch wenn das Gewerbe kleiner sein sollte, kann man Kaufmann kraft Eintragung gem. §§ 2, 3 HGB werden.Daneben gibt es noch den Fiktivkaufmann gem. § 5 HGB, den Formkaufmann gem. § 6 Abs. 2 HGB und den Scheinkaufmann. In jedem Fall sollte man sich für seine individuelle Situation anwaltlichen Rat einholen, da die Beantwortung im Einzelfall komplex sein kann.

Bei Inhaberwechsel kraft Rechtsgeschäft unter Lebenden greift die Haftungsnorm des § 25 HGB.

Der Erwerber einer Firma kann nach § 25 HGB durch zwei Möglichkeiten für vor Übergang des Handelsgeschäfts auf ihn entstandene Verbindlichkeiten haften.Er haftet für die Verbindlichkeit (Kaufvertrag, Werkvertrag, Dienstvertrag usw.) in Verbindung mit § 25 Abs. 1 S. 1 HGB als Erwerber.Er haftet aufgrund der Abtretungsfiktion des      § 25 Abs. 1 S. 2 HGB.

Folgende Voraussetzungen müssen für die Haftung des Erwerbers nach § 25 Abs. 1 S. 1 HGB erfüllt sein:

  1. Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Lebenden (der Erwerb von einem Insolvenzverwalter zählt nicht dazu!)
  2. Tatsächliche Fortführung des Unternehmens unter der bisherigen Firma mit oder ohne Namenszusatz (ob der Erwerb wirksam war, die firmenrechtliche Zulässigkeit oder die Einwilligung des früheren Inhabers vorlag oder nicht, ist irrelevant, da es hier auf den Schutz des Rechtsverkehrs ankommt und nicht auf interne Prozesse!)
  3. Die Verbindlichkeit muss im Betrieb des früheren Firmeninhabers begründet worden sein.
  4. Kein Vorliegen eines unverzüglichen Haftungsausschlusses gem. § 25 Abs. 2 HGB (liegt vor, wenn ein entsprechender Ausschluss zwischen Veräußerer und Erwerber vereinbart und in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht wurde.)

Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 S. 1 HGB:

  • Der Erwerber haftet mit seinem gesamten Vermögen; 
  • Der Firmenkauf wird als gesetzlicher Schuldbeitritt gehandhabt; das bedeutet, dass der ursprüngliche Firmeninhaber gesamtschuldnerisch neben dem Erwerber weiter haftet, jedoch kann er sich nach 5 Jahren gem. § 26 Abs. 1 HGB enthaften.

Folgende Voraussetzungen müssen für die Abtretungsfiktion gem. § 25 Abs. 1 S. 2 HGB erfüllt sein:

  1. Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Lebenden (der Erwerb von einem Insolvenzverwalter zählt nicht dazu!)
  2. Tatsächliche Fortführung des Unternehmens unter der bisherigen Firma mit oder ohne Namenszusatz.
  3. Einwilligung des bisherigen Inhabers oder seiner Erben in Firmenfortführung.
  4. Die Forderung muss im Betrieb des früheren Firmeninhabers gegen diesen begründet worden sein.
  5. Abtretung der Forderung müsste tatsächlich (§ 354a HGB!) und formfrei möglich sein.
  6. Es darf kein unverzüglicher Haftungsausschluss gem. § 25 Abs. 2 HGB vorliegen (siehe hierzu unter § 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 S. 2 HGB:

  • Forderung ist auf den Erwerber der Firma übergegangen. Umgekehrt hat er auch Pflichten gegenüber dem Forderungsschuldner.
  • Zwischen dem Veräußerer der Firma und dem Erwerber ist aber ein Bereicherungsausgleich gem. § 816 Abs. 2 BGB möglich.

Praxistipps

  • Kaufen Sie eine Firma nicht ohne anwaltlichen Rat. Insbesondere sollten entsprechende Prüfungen hinsichtlich bestehender Forderungen und sonstiger Umstände im Rahmen einer Due Diligence-Prüfung durchgeführt werden.
  • Lassen Sie von Ihrem Anwalt/Ihrer Anwältin eine entsprechende Klausel im Unternehmenskaufvertrag aufsetzen und tragen Sie diese auch im Handelsregister ein.


Sofern Sie Hilfe bei dem Kauf eines Unternehmens benötigen oder mit Verbindlichkeiten aus der Zeit vor Abschluss des Kaufvertrags konfrontiert werden, können Sie mich gerne kontaktieren. Besuchen Sie auch gerne die Internetpräsenz meiner Kanzlei unter www.lissermann-law.de.

Foto(s): pexels


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