Untersuchungshaft – Voraussetzungen, Verteidigungsmöglichkeiten und Verhaltenstipps

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Die Untersuchungshaft (genannt „U-Haft“) ist in den §§ 112 ff. StPO geregelt. Sie kann angeordnet werden, wenn gegen einen Beschuldigten im Strafverfahren ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund vorliegt. In aller Regel geht dem eine Festnahme durch die Polizei voraus. Die Anordnung darf nur durch einen Richter erfolgen, nachdem ihm der mutmaßliche Täter vorgeführt wurde. Die Untersuchungshaft ist das schärfste Mittel der Justiz, das sie gegen einen Beschuldigten im Strafprozess anwenden kann, auch wenn dieser bis zu einer eventuellen Verurteilung als unschuldig gilt. Insbesondere deshalb ist das rechtzeitige Einschalten eines engagierten Strafverteidigers unabdinglich.

Sollten Sie verhaftet werden, leisten Sie bei Ihrer Festnahme keinen Widerstand. Kontaktieren Sie mich umgehend und machen Sie bis dahin keine Aussagen gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft.

Ein Rechtsanwalt kann für Sie Akteneinsicht beantragen und gemeinsam mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie entwerfen. Dazu gehört insbesondere, Mittel gegen die Anordnung der Untersuchungshaft zu ergreifen.

Voraussetzungen der Untersuchungshaft: dringender Tatverdacht und Haftgrund

Der dringende Tatverdacht ist nach dem Anfangsverdacht und dem hinreichenden Tatverdacht die höchste Stufe des Tatverdachts. Er ist zwingende Voraussetzung für die Anordnung der Untersuchungshaft. Für die Annahme eines dringenden Tatverdachts ist erforderlich, dass der Beschuldigte mit großer Wahrscheinlichkeit Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist. Hierfür sind bloße Vermutungen nicht ausreichend: Maßgebend ist das Ermittlungsergebnis, das sich entweder aus der Ermittlungsakte oder einer gerichtlichen Beweisaufnahme ergeben kann. Zusätzlich zum dringenden Tatverdacht muss gemäß § 112 StPO mindestens einer der nachfolgend genannten Haftgründe vorliegen:

  • Der Beschuldigte ist flüchtig oder untergetaucht. Hiervon wird ausgegangen, wenn die derzeitige Wohnung verlassen wird, ohne in eine neue einzuziehen oder der mutmaßliche Täter sich ins Ausland absetzt. Der bloße kurzfristige Besuch der Familie im Ausland allein reicht indes nicht, um anzunehmen, der Beschuldigte sei auf der Flucht.
  • Es besteht Fluchtgefahr, also eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen wird. Auch die Fluchtgefahr darf vom Gericht nicht unterstellt werden, ohne dass die konkreten Umstände des Einzelfalls einbezogen werden. Für eine Fluchtgefahr sprechen zum Beispiel bisherige Fluchtversuche, das Fehlen sozialer Bindungen sowie Drogenabhängigkeit und Obdachlosigkeit. Außerdem gehen Gerichte bei einer besonders hohen Straferwartung oftmals vorschnell von einer Fluchtgefahr aus. Gegen eine Fluchtgefahr sprechen jedoch insbesondere enge soziale Bindungen und gesicherte Lebensverhältnisse.
  • Der mutmaßliche Täter ist dringend verdächtig, Beweise zu fälschen oder zu vernichten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn versucht wird, potenzielle Zeugen zu beeinflussen. In diesem Falle spricht man von Verdunkelungsgefahr.
  • Der Beschuldigte ist einer schweren Straftat verdächtig und es besteht Wiederholungsgefahr.

Neben dem Vorliegen der genannten Voraussetzungen muss beim Erlass eines Untersuchungshaftbefehls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Dies ist der Fall, wenn die Untersuchungshaft für die Aufklärung der Tat und die ordnungsgemäße Abwicklung des Strafverfahrens unabdinglich ist. Hierfür reicht die bloße schwere der vorgeworfenen Tat nicht aus.

Ursprünglich ließ das Gesetz im Falle schwerer Straftaten eine Anordnung zur Untersuchungshaft auch ohne Haftgrund zu. Dass diese Regelung offenkundig dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegensteht, befand auch das Bundesverfassungsgericht. Sie ist daher verfassungskonform auszulegen, sodass für Beschuldigte schwerer Straftaten lediglich geringere Anforderungen an den Haftgrund zu stellen sind.

Verteidigungsmöglichkeiten zur Beendigung der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft ist für den Beschuldigten unabhängig von seiner Schuld eine bedrückende und angsteinflößende Situation. Deshalb ist es wichtig, den Aufenthalt in Haft schnellstmöglich zu beenden. Auf der anderen Seite gilt es die Chancen für die spätere Verteidigung in der Hauptverhandlung nicht vorschnell durch eine Einlassung während der Haft zu verschlechtern. Nur ein erfahrener Strafverteidiger kann gemeinsam mit Ihnen die richtige Strategie hierfür entwickeln. Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten gegen die Untersuchungshaft vorzugehen:

  • Zum einen kann Ihr Strafverteidiger jederzeit einen Termin zur Haftprüfung beantragen. Hierbei entscheidet das zuständige Gericht nach einer Verhandlung über die Aufrechterhaltung oder Beendigung der Haft. In diesem Zuge hat der Beschuldigte – idealerweise gemeinsam mit einem versierten Strafverteidiger – die Möglichkeit, Argumente vorzubringen, die gegen einen Haftgrund oder dringenden Tatverdacht sprechen. Diese Form des Rechtsbehelfs ist in aller Regel kurzfristig, da die Verhandlung spätestens zwei Wochen nach Antragsstellung anzusetzen ist. Zudem kann eine Haftprüfung mehrmals beantragt werden.
  • Des Weiteren kann Haftbeschwerde eingelegt werden. Im Gegensatz zur Haftprüfung wird die Haftbeschwerde eingelegt, wenn der bestehende Haftbefehl an Rechtsmängeln leidet etwa ausreichend begründet ist. Hier wird ein Gericht höherer Instanz angerufen, um den Haftbefehl zu Fall zu bringen.

Im für den Tatverdächtigen besten Fall wird durch die Haftprüfung oder -beschwerde eine vollständige Aufhebung des Haftbefehls erwirkt. Sollte als Haftgrund Fluchtgefahr vorliegen, kann gemäß §116 StPO jedoch auch die Aussetzung des Vollzugs gegen Auflagen eine Option sein. Als Auflagen kommen beispielsweise Meldeauflagen oder die Stellung einer Kaution in Frage.

Muss die Untersuchungshaft angerechnet werden?

Die in Untersuchungshaft verbrachte Zeit muss im Falle der Verurteilung gemäß § 51 StGB angerechnet werden. Wird der Angeklagte zu einer Geldstrafe verurteilt, erfolgt eine Umrechnung nach festem Maßstab. Dies gilt auch, wenn mehrere Strafverfahren mindestens vorübergehend verbunden waren. In diesem Falle wird die Untersuchungshaft selbst dann angerechnet, wenn das Verfahren bezüglich der Tat, die zur Untersuchungshaft geführt hat, eingestellt wurde oder zum Freispruch geführt hat. Im Falle eines Freispruchs erfolgt eine finanzielle Entschädigung für die verbrachte Untersuchungshaft.

Schneller Besuchstermin in den Untersuchungshaftanstalten Lüneburg, Hamburg, Neumünster, Lübeck, Hameln, Hannover

Mit Kanzleistandorten in Lüneburg, Kiel und Hamburg und regelmäßiger Tätigkeit in Kiel können Sie mit mir auch sehr kurzfristig einen Besuchstermin in einer der oben genannten Untersuchungshaftanstalten vereinbaren. In einem vertraulichen Gespräch kann ich Ihnen sowohl eine unverbindliche Ersteinschätzung zu Ihrem Fall geben, als auch mögliche Wege zur Beendigung der Untersuchungshaft aufzeigen. Selbstverständlich besuche ich Sie auch in den oben nicht genannten Haftanstalten.

Wenn Sie verhaftet werden, liegen in aller Regel schwere Vorwürfe gegen Sie vor. Ich werde Sie – wie jeden meiner Mandanten – nicht verurteilen und absolut parteiisch vertreten.

Jede Chance auf Beendigung der Untersuchungshaft werden wir unabhängig von Ihrer Schuld oder Unschuld nutzen.


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