Untersuchungshaft - Voraussetzungen und Verhaltenstipps in Strafverfahren

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Die Untersuchungshaft (umgangssprachlich auch U-Haft genannt) stellt eine Maßnahme zur Sicherung des Ermittlungsverfahrens dar. Wird eine Freiheitsstrafe regelmäßig erst bei Abschluss des Hauptverfahrens, durch Urteil verhängt, kommt die Untersuchungshaft bereits vorher in Betracht, wenn der Betreffende einer Straftat verdächtigt wird und die entsprechenden weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Untersuchungshaft darf nur durch den Ermittlungsrichter angeordnet werden.

Voraussetzungen der Anordnung der Untersuchungshaft im Ermittlungsverfahren

Gesetzlich geregelt ist die Untersuchungshaft in §§ 112 ff. der Strafprozessordnung (StPO). Dort wird unter anderem geregelt, dass sie nur angeordnet werden darf, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Außerdem darf die Anordnung zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel zur Besserung und Sicherung nicht außer Verhältnis stehen.

Zunächst muss also dringender Tatverdacht bestehen. Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn aufgrund des gegenwärtig ermittelten Sachverhalts eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer einer Straftat verurteilt wird.

Zweite Voraussetzung ist ein Haftgrund, der bei einer Vorführung durch den Haftrichter anhand bestimmter Tatsachen geprüft wird.

Zu erwähnen ist der Haftgrund der Fluchtgefahr. Dieser wird am häufigsten angenommen. In ca. 90 % der Fälle wird die Untersuchungshaft auf die Haftgründe Flucht bzw. Fluchtgefahr gestützt. Oft genügt es für die Annahme, dass die mögliche Strafe einen Anreiz zur Flucht bietet oder dass keine persönlichen oder familiären Bindungen existieren. Aber auch wenn der Beschuldigte arbeitslos ist kann dies für eine Fluchtgefahr sprechen. Wenn sich der Beschuldigte bereits auf der Flucht befindet, gilt dies erst recht als Haftgrund. Die Haftgründe sind jedoch stets ausführlich darzulegen.

Ein weiterer Haftgrund ist die Verdunkelungsgefahr. Der Beschuldigte soll davon abgehalten werden, Beweismittel zu vernichten oder zu verändern, aber auch Zeugen zu beeinflussen. Dies gilt natürlich nur, solange noch nicht alle Beweise gesichert sind.

Schließlich gilt als weiterer Haftgrund die Wiederholungsgefahr. Hierbei liegt der Zweck nicht mehr in der Sicherstellung des Verfahrens, sondern vielmehr in der Prävention. Es soll verhindert werden, dass der Täter rückfällig wird und eine weitere Tat begeht, insbesondere bei Serienstraftaten mittlerer und schwerer Kriminalität.

Wie verhalte ich mich während der Untersuchungshaft?

Die oberste Regel, wenn Sie verhaftet wurden, lautet: Machen Sie keine Aussage. Weder gegenüber der Polizei, noch im Gespräch mit Mitgefangenen. Sprechen Sie nicht über die Tat. Jede Aussage kann und wird möglicherweise im Prozess gegen Sie verwendet.

Kann man gegen die Anordnung der Untersuchungshaft vorgehen? – Anwalt einschalten

Wichtig ist es in erster Linie, so bald wie möglich auf sein Recht zu bestehen, einen Anwalt zu kontaktieren. Seine Aufgabe ist es dann, den Haftbefehl auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Ergibt sich, dass eine weniger einschneidende Maßnahme als die Vollstreckung des Haftbefehls möglich wäre, wird sich der Rechtsanwalt für Strafrecht mit den in der Strafprozessordnung zur Verfügung stehenden Mitteln für eine Aufhebung oder zumindest eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls einsetzen.

Zu denken ist an einen Antrag auf Haftprüfung gem. § 117 StPO. Durch die Haftprüfung kann die Aufhebung des Haftbefehls oder die Vollzugsaussetzung und die sofortige Freilassung erreicht werden. Darüber entscheidet der Haftrichter in einer mündlichen Verhandlung. Liegt eine Voraussetzung für die Untersuchungshaft nicht (mehr) vor oder gibt es ein weniger einschneidendes Mittel, so ist die Haftanordnung unrechtmäßig. Ziel der Haftprüfung ist es beispielsweise den dringenden Tatverdacht zu entkräften oder Argumente gegen das Vorliegen der Haftgründe vorzutragen. Dadurch können bereits die Weichen für einen positiven Prozessausgang gestellt werden. Wichtig ist hierbei, sich nicht zu voreiligen Geständnissen hinreißen zu lassen um schnellstmöglich aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden. Dies kann fatale Folgen in Ihrem Prozess haben. Besser ist es, Argumente mit dem Rechtsanwalt abzusprechen oder sie von Ihm formulieren und vorbringen zu lassen.

Eine zweite Möglichkeit, um gegen einen bestehenden Haftbefehl vorzugehen stellt die Haftbeschwerde gem. § 304 StPO dar. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um einen schriftlichen Beschwerdeantrag im Gegensatz zur mündlichen Haftprüfung. Dadurch fehlt zwar die Gelegenheit, dem Haftrichter einen persönlichen Eindruck des Beklagten zu vermitteln, dafür kann jedoch eine schnelle Entscheidung des Landgerichts bzw. des Oberlandesgerichts erreicht werden.

Welche der beiden Rechtsbehelfsformen in Ihrem Fall am Erfolg bringendsten erscheint, sollten Sie mit Ihrem Strafverteidiger klären. Dieser kann die verschiedenen Risiken und Chancen aufgrund seiner Erfahrung am besten einschätzen und den für Sie besten Weg wählen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass, wenn Sie aufgrund eines Haftbefehls festgenommen worden sind, Sie sich dringend an folgende Grundregeln halten sollten: Machen Sie schleunigst von Ihrem Recht Gebrauch, einen Anwalt zu kontaktieren und besprechen Sie mit Ihm die weitere Vorgehensweise. Machen Sie keine Aussage vor der Polizei oder einer sonstigen Stelle. Sprechen Sie nicht mit Mitgefangenen über Ihre Tat. Ein kompetenter Anwalt wird Ihnen zu den richtigen Schritten raten.

Als bundesweit tätiger Anwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen gerne in Ihrem Fall zur Verfügung. 


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