Untreue, § 266 StGB
- 5 Minuten Lesezeit
Das Delikt der Untreue nach § 266 StGB ist im 22. Abschnitt des Strafgesetzbuches geregelt und eng mit dem Betrug gemäß § 263 StGB verbunden. Der Strafrahmen reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Geschütztes Rechtsgut der Untreue ist nach allgemeiner Auffassung das Vermögen. Vereinfacht gesagt: Der Tatbestand dient den Schutz fremden Vermögens vor einer Schädigung unter Ausnutzung einer Vertrauensstellung. In diesem Zusammenhang ist besonders zu beachten, dass die Untreue sowohl als Sonderdelikt als auch als Erfolgsdelikt ausgestaltet ist. Als Täter kommt also nur in Betracht, wer Vermögen eines Geschäftsherrn in dessen Interesse zu betreuen hat. Weiter ist der Tatbestand erst dann erfüllt, wenn ein Nachteil bei derjenigen Person, deren Vermögensinteressen der Täter zu betreuen hat, eintritt.
In historischer Hinsicht existiert der heutige Untreue-Tatbestand bereits seit 1933 und war Teil eines der ersten Gesetze, die die Nationalsozialisten nach ihrer Machtergreifung verabschiedeten. Konzipiert wurde das Gesetz jedoch bereits Jahre vorher, sodass in dieser Hinsicht keine rechtsdogmatischen Bedenken bestehen.
Strafbarkeit wegen Untreue
Die Vorschrift der Untreue enthält in § 266 Abs. 1 StGB zwei verschiedene Tatbestandsalternativen – den Missbrauchstatbestand (Abs. 1 Alt. 1) und den Treuebruchtatbestand (Abs. 1 Alt. 2). Zu beachten ist dabei, dass der Missbrauchstatbestand einen Spezialfall des Treuebruchtatbestandes darstellt. Unabhängig von der jeweiligen Alternative muss der Täter jedoch immer in einer besonderen rechtlichen Beziehung zu dem geschädigten fremden Vermögen stehen – man spricht insoweit von einer qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht. Diese ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen Treugeber und Treunehmer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Sinne einer nicht ausufernden Strafbarkeit durchaus hohe Anforderungen an die Vermögensbetreuungspflicht gestellt werden und diese restriktiv ausgelegt werden muss. Insofern können sowohl gesellschafts- und wirtschaftsrechtliche Faktoren sowie berufs- und branchentypische Kriterien und Sorgfaltspflichten relevant werden.
Missbrauchstatbestand
Den Missbrauchstatbestand verwirklicht, wer die durch Gesetz (z. B. Eltern), behördlichen Auftrag (z. B. staatlich bestellte Treuhänder) oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis (z. B. Vollmacht), über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht. Tauglicher Täter kann danach nur derjenige sein, der zum Tatzeitpunkt dem Vermögensträger gegenüber treuepflichtig ist. Unter dem Begriff Vermögen werden dabei alle geldwerten Güter nach Abzug der Verbindlichkeiten zusammengefasst. Die Befugnis als nach außen wirkende Vollmacht, die darauf gerichtet ist, rechtsgeschäftlich oder hoheitlich auf fremde Vermögenswerte einzuwirken beziehungsweise eine schuldrechtliche Verpflichtung schaffen zu können. Insoweit wird eine wirksame Verpflichtung des Geschäftsherrn vorausgesetzt, seine Schädigung muss sich gerade als rechtliche Folge der bestehenden und eingesetzten Vertretungsmacht darstellen – eine lediglich tatsächliche Einwirkung auf das Vermögen ist nicht ausreichend. Missbraucht wird die Befugnis, wenn der Täter den Geschäftsherrn im Außenverhältnis wirksam verpflichtet (rechtliches Können), dabei aber im Innenverhältnis die ihm gesetzten Grenzen überschreitet (rechtliches Dürfen). Überschreitet der Täter dagegen auch die Grenzen des rechtlichen Könnens im Außenverhältnis, kommt der Missbrauchstatbestand nicht in Betracht. Relevant kann zudem eine tatbestandsauschließend wirkende Einwilligung des Vermögensinhabers werden.
Treuebruchtatbestand
Den Treuebruchtatbestand verwirklicht, wer die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags oder Rechtsgeschäfts oder aufgrund eines faktischen Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Diese Tatbestandsalternative ist damit deutlich weiter gefasst. Inhalt und Umfang ergeben sich aus der jeweiligen Abrede zwischen Vermögensinhaber und Vermögensbetreuer. Die Vermögensbetreuung des Treunehmers muss einen gewichtigen qualifizierten Aufgabenkreis darstellen, den dieser mit einem gewissen Grad an Selbstständigkeit und Verantwortlichkeit sowie eigenem Ermessensspielraum übernimmt. Wichtig ist weiter insbesondere, dass die Vermögensbetreuungspflicht der Hauptgegenstand der Treueabrede sein muss – eine bloße Nebenpflicht oder eine allgemeine Treuepflicht reichen dagegen regelmäßig nicht aus. Entscheidend ist somit stets eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Treuepflichtig sind zum Beispiel regelmäßig Unternehmensgeschäftsführer, Rechtsanwälte, Vermögensverwalter oder Prokuristen
Weitere Voraussetzungen
Beide Varianten erfordern stets den Eintritt eines Vermögensschadens. Dafür vergleicht man die Vermögenslage vor und nach der Tathandlung – ein Vermögenschaden liegt vor, wenn die Minderung nicht durch ein entsprechendes vermögenswertes Äquivalent ausgeglichen wurde. Insbesondere muss der Schaden kausal auf der Treuepflichtverletzung beruhen.
In subjektiver Hinsicht stellt die Untreue keine besonderen Anforderungen. Der Vorsatz muss sich sowohl auf die Pflichtverletzung als auch auf die Zufügung eines Vermögensnachteils beziehen – eine Bereicherungsabsicht wird aber gerade nicht vorausgesetzt.
Untreue in einem besonders schweren Fall
Möglich ist nach § 266 Abs. 2 StGB auch die Untreue in einem besonders schweren Fall. Die Vorschrift verweist auf § 263 Abs. 3 StGB, der für den Betrug fünf Regelbeispiele normiert. Praktische Relevanz besteht insoweit allerdings nur für § 263 Abs. 3 Nr. 2 Var. 1 StGB, der die Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes besonders unter Strafe stellt. Der Strafrahmen sieht dann eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. In Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Betrug ist auch bei der Untreue von einem großen Vermögensverlust ab einem Betrag von 50.000 Euro auszugehen. Wichtig ist weiter, dass es für einen besonders schweren Fall tatsächlich zu einer endgültigen Vermögenseinbuße gekommen sein muss – ein Gefährdungsschaden ist nicht ausreichend.
Die übrigen Regelbeispiele des Betruges sind nicht ohne Weiteres auf die Untreue übertragbar. So ist eine gewerbsmäßige oder bandenmäßige Begehungsweise eher fernliegend – auch die Vortäuschung eines Versicherungsfalls spielt keine Rolle. Möglich ist dagegen das Verbringen einer Person in eine wirtschaftliche Not. Dies wird bejaht, wenn die Person in ihrer wirtschaftlichen Lebensführung so eingeengt ist, dass sie lebensnotwendige Aufwendungen nicht mehr bestreiten kann. Denkbar ist auch ein besonders schwerer Fall, wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht, wobei hier stets die Problematik des Doppelverwertungsverbots zu beachten ist, da eine Amtsträgerschaft regelmäßig auch die Vermögensbetreuungspflicht begründen dürfte.
Strafantrag/Verjährung
Für die Verfolgung der Tat kann ein Strafantrag im Sinne des § 266 Abs. 2 StGB erforderlich sein, wenn die Untreue im Rahmen einer Familie oder häuslichen Gemeinschaft (§ 247 StGB) stattfindet beziehungsweise diese sich auf eine geringwertige Sache (§ 248a StGB) bezieht.
Da die Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB eine Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe aufweist, verjährt dieser Straftatbestand nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Tat, bei der Untreue ist dies der endgültige Vermögensverlust. Zu beachten ist weiter, dass die Verjährung nach § 78b StGB ruhen beziehungsweise nach § 78c StGB unterbrochen werden kann. Trotz einer möglichen Unterbrechung gemäß §78c StGB verjährt die Verfolgung jedoch spätestens, wenn der doppelte Zeitraum der zuvor benannten gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist – also zehn Jahre. Das Ruhen gemäß § 78b StGB ist hiervon ausgenommen. Hier kann die Verjährung unter Umständen auch über 10 Jahre hinausgeschoben werden.
Rufen Sie gerne für ein kostenloses Erstgespräch an und lassen Sie sich beraten!
Artikel teilen: