Vergleich im VW-Musterfeststellungsprozess

  • 2 Minuten Lesezeit

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die VW AG haben sich am 28.02.2020 in dem vor dem OLG Braunschweig geführten Musterfeststellungsprozess doch noch auf einen Rahmenvergleich geeinigt. Dieser sieht vor, dass die VW AG den Geschädigten, welche sich dem Musterverfahren angeschlossen haben, die Zahlung eines Einmalbetrags zwischen € 1.350,00 und max. € 6.257,00 anbietet. Die genaue Höhe des Angebots bestimmt sich je nach Fahrzeugtyp und Alter des Fahrzeuges (Quelle: www.vzbv.de). Umfasst sind alle Fahrzeugmarken des VW Konzerns, somit neben Fahrzeugen der Marke VW auch Audi, Skoda, Seat usw. Diejenigen, welche ein Angebot erhalten haben, können dann bis zum 20.04.2020 entscheiden, ob sie den Vergleich zu akzeptieren.

Nicht alle Betroffen sind umfasst

Auf den ersten Blick hört sich das zunächst gut an, allerdings gibt es mehrere Haken: Einer davon ist, dass die Vergleichsmöglichkeit nicht für alle Beteiligten ausgehandelt wurde: So werden diejenigen kein Angebot erhalten, welche ihr Fahrzeug erst nach dem 31.12.2015 erworben haben. Hintergrund ist, dass in diesen Fällen der Erwerb erst mehrere Monate nach der der VW AG erfolgte und die Käufer ihr Fahrzeug deshalb nach Auffassung der VW AG in Kenntnis der Mängel erworben hätten. 

Ist der Vergleich das Gelbe vom Ei?

Ein weiterer Haken ist, dass die Konditionen des Vergleichs nicht im konkreten Einzelfall angepasst werden können. Zwar sollen Fahrzeugtyp und Alter bei der Höhe der Einmalzahlung eine Rolle spielen. Eine weitere Abstufung soll nach dem Vergleich jedoch nicht vorgenommen werden. Nicht berücksichtigt werden beispielsweise die individuell gefahrenen Kilometer: So gibt es immer wieder Fahrzeuge, die bereits älter, aber dennoch gut gepflegt sind und über eine geringe Laufleistung verfügen. Bei solchen Fahrzeugen wird es absehbar keine befriedigende Kompensation für den entstandenen Schaden geben.

Des Weiteren finden zusätzliche (Reparatur-) Kosten nach dem Aufspielen des Software-Updates kein Gehör. Und auch die individuellen Belange des Einzelnen bleiben außen vor. Wem nützt ein Einmalbetrag, wenn das Fahrzeug aufgrund eines Fahrverbots nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden kann und infolge der aktuellen Marktlage nicht veräußerbar ist?

Die Verbraucher haben die Wahl

Allen Betroffenen raten wir daher eingehend zu prüfen und gut abzuwägen, ob sie dem nun ausgehandelten Vergleich nähertreten wollen. Wenn Sie sich – möglichst nach einer juristischen Beratung durch eine in diesen Fällen erfahrenen und unabhängigen Kanzlei – gegen den Vergleich entschieden haben, können Sie Ihren Anspruch nach wie vor in einer Einzelklage weiterverfolgen und damit ggf. ein wesentlich besseres Ergebnis erzielen. Für die Einreichung einer Klage haben Sie 6 Monate Zeit. Innerhalb dieses Zeitraums ist die Verjährung weiterhin gehemmt.

Entsprechendes gilt für Käufer, die ihr Fahrzeug erst nach dem 31.12.2015 erworben haben und somit nicht von dem Vergleich erfasst werden. Aufgrund der Urteile des OLG Hamm, Az. 13 U 149/18, und des OLG Oldenburg, Az. 5 U 151/18, lässt sich eine Kenntnis der Fahrzeugkäufer auch bei einem Erwerb in 2016 nur ausnahmsweise begründen, sodass auch in diesen Fällen grundsätzlich gute Erfolgsaussichten für die Durchsetzung der Ansprüche bestehen.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Anja Richter

Beiträge zum Thema