Verjährung Abgasskandal EA189 erst Ende 2021 - Klagen noch möglich (LG Ellwangen, Az.: 4 0 99/20)

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Zumindest bis Ende des Jahres, unter Umständen sogar bis zum 31.12.2021, sollten sich Besitzer von älteren Audi-,  VW-, Seat- oder Skoda-Modellen mit TDI-Motor (Schadstoffklasse 5) keine Gedanken über das Thema Verjährung machen müssen. Mit dem Landgericht Ellwangen hat ein weiteres deutsches Landgericht festgestellt, dass die sogenannte kenntnisabhängige Verjährung im VW-Dieselskandal nicht mit der AdHoc-Mitteilung des VW-Konzerns im September 2015 angelaufen ist, und auch nicht mit Erhalt der Rückrufschreiben in 2016. 

Laut dem Landgericht Ellwangen (Az.: 4 0 99/20) habe der von Rechtsanwältin Nicole Bauer - Fachanwältin für Verkehrsrecht - vertretene Kläger frühestens 2017 ausreichend und aufgrund der ihm bekannten oder erkennbaren Tatsachen davon ausgehen müssen, dass er betrogen wurde und einen Schaden erlitten hat. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt daher nicht vor dem 31. Dezember 2017. Für Klagen gegen den Volkswagen-Konzern bedeutet das: Wenn eine Verjährung irgendwann im Jahr 2018 aufgrund einer ausreichenden Informationslage möglicher Kläger angelaufen ist, so können Opfer des EA189-Dieselskandals noch bis Ende 2021 auf Schadenersatz nach § 826 klagen – vorausgesetzt, dass die streitgegenständlichen Fahrzeuge nicht älter als 10 Jahre sind.

Klage war die wirtschaftlich beste Option

Der Besitzer eines VW Sharan  war im Verfahren von der im Abgasskandal erfahrenen Juristin beraten und in der 1. Instanz juristisch vertreten worden. Er hatte das Auto im Jahr 2012 mit recht niedrigem Kilometerstand gekauft und war am  Ende rund 150.000 Km selbst gefahren. Kaufpreis abzüglich Nutzungsentgelt ergibt einen Schadenersatz in Höhe von 18.700 Euro. Rechtsanwältin Bauer ist zufrieden: „Eine solche Summe wäre weder durch den Verkauf des Autos und auch nicht durch die Teilnahme am Musterfeststellungsverfahren erreicht worden.

Das Buch "EA189" ist noch nicht geschlossen

Für wen ist diese Entscheidung nun interessant? Bauer: „Jeder Besitzer eines EA189-Modells, das nicht älter als 10 Jahre ist, kann noch klagen – nach Rechtsmeinung des Landgerichts Ellwangen sogar noch bis zu 31. Dezember 2021. Klagen können Personen, die bislang nichts unternommen haben, oder denen ein Vergleich im Musterfeststellungsverfahren verweigert wurde, und Teilnehmer der Musterfeststellungsklage, die das Angebot noch nicht angenommen oder einem angenommenen Angebot noch widersprechen können. Wirtschaftlich Sinn macht das bei Autos, die die mögliche Laufleistung von 250.000 km noch nicht erreicht haben. Die Kooperationsanwältin der IG Dieselskandal steht für eine kostenlose Erstberatung und die Abfrage der Rechtschutzversicherung gern zur Verfügung.

Langer Weg zur Erkenntnis der Betroffenheit

Der Kläger hatte nach dem Aufspielen des Updates immer wieder kleinere und größere Probleme mit seinem Auto, sodass er erst spät zum Eindruck kommen konnte, dass sein Sharan vom Dieselskandal betroffen ist und auch das Update daran nichts geändert hat. Unter anderem ging es dabei auch um den Nachweis eines durch das Update hervorgerufenen Mehrverbrauchs. Bauer: „Dass er betrogen wurde hat er eigentlich erst im Jahr 2018 wirklich umfassend für sich und vertretbar nach außen erkennen können. Dieser späte Zeitpunkt resultiert auch aus dem Verhalten der Beklagten, in deren Aussagen und Veröffentlichungen niemals von absichtlicher Schädigung oder gar Schadenersatzanspruch die Rede ist!“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und sollte idealerweise auch seinen Weg zum BGH nehmen, damit hier endlich Rechtssicherheit zum Thema Verjährung geschaffen wird. Ob Volkswagen Berufung einlegt ist noch nicht bekannt.

Trotz BGH-Entlastung: VW bleibt Anspruchsgegner für Schadenersatz nach § 826

Eigentlich hatte der BGH ja entschieden, dass für Klagen nach dem 22. September 2015 nicht mehr von einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung auszugehen sein sollte, da Volkswagen-Chef Winterkorn den Betrug ja zugegeben hatte. Dies tangiert neue Klagen nach Installtion der Updates aber nicht, da zum Beispiel das LG Dortmund (AZ 4 O 53/20) davon ausgeht, dass mit den Rahmen der Updates vorgenommen Unzulässigkeiten eine neue deliktische Haftung durch Volkswagen einsetzt. Beide Urteile zusammen ergeben nun in Bezug auf die Verjährung neue Handlungsoptionen für betrogene Dieselfahrer. Das eine definiert den Anspruch, das andere die Verjährung.

Weitere spannende Entwicklungen sind durch das verfahren zum Thermofenster am 27. Oktober vor dem BGH und durch die noch ausstehende Entscheidung des Europäischen gerichtshofes zum gleichen Thema zu erwarten.

Rechtsanwältin Bauer steht für eine kostenlose Erstberatung gern zur Verfügung.


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