Verkehrsrecht - Bußgeldverfahren vor den Amtsgerichten

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Wenn der Betroffene eines Bußgeldbescheids Einspruch einlegt, prüft zunächst die Verwaltungsbehörde den Bescheid auf dessen Rechtmäßigkeit. Hebt die Behörde den Bescheid nicht auf, hat das örtlich zuständige Amtsgericht über die Rechtmäßigkeit des Bescheids zu entscheiden. Ist im Bescheid eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet, muss das Verfahren mit besonderer Beschleunigung geführt werden (LG Berlin Beschluss vom 17.07.2014, Az: 525 Cs 74/14).

Befangenheit des Richters

Zu Beginn der Verhandlung kann der Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, soweit er hierzu Veranlassung gegeben hat.

Beleidigt der Betroffene den Richter, wird dieser dadurch noch nicht befangen (AG Nürnberg, Beschluss vom 23.09.2014, Az: BwR 403 Ds 304 Js 6812/10).

Zeigt eine Sachverständige einem verfahrensbeteiligten Anwalt vor Gericht den Vogel, kann dies ihre Ablehnung wegen Befangenheit begründen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.07.2014, Az.: 8 W 388/13).

Persönliches Erscheinen des Betroffenen

Der Betroffene kann durch seinen Verteidiger seine Entbindung von der Hauptverhandlung beantragen lassen. Der Verteidiger kann bindende Erklärungen für diesen abgeben, soweit nicht die Fahrereigenschaft bestritten wird. In diesem Fall muss das Gericht anhand des Messfotos diesen in der Verhandlung identifizieren. Der Betroffene ist bei einem missverständlich gestellten Entbindungsantrag gem. § 73 Abs. 2 OWiG verpflichtet, diesen klarzustellen. Anderenfalls muss er sich am Erklärungsgehalt durch das Gericht festhalten lassen, welches den Einspruch verworfen hat (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2014, Az.: 1 (8) SsRs 662/14 – AK 233/14).

Muss das Gericht den Ausführungen eines Sachverständigen folgen?

Das Gericht kann Beweis erheben durch die Einvernahme von Sachverständigen.

Will das Gericht zu einem anderen Ergebnis als der Sachverständige kommen, muss es sich konkret mit den Ausführungen des Sachverständigen auseinandersetzen, um zu belegen, dass es über das bessere Fachwissen verfügt (vgl. BGH, Beschluss vom 02.12.2014, Az.: 4 StR 381/14).

Kann die Behörde die Messung durch private Unternehmen auswerten lassen?

Ein Beweisverwertungsverbot besteht etwa, wenn die Verwaltungsbehörde die Auswertung von Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung, deren Ergebnis zur Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen den Fahrer wegen Geschwindigkeitsüberschreitung führen soll, in vollem Umfang in die Hände eines privaten Unternehmen gegeben hat (AG Parchim, Urteil vom 01.04.2015, Az.: 5 OWi 2215/14).

Stellen Alkohol oder Drogen die Einwilligungsfähigkeit in Frage?

Grundsätzlich ist dies nicht der Fall. Der Richter muss davon überzeugt sein, dass der Betroffene den körperlichen Eingriff und dessen Risiken überschauen kann.
Unterbleibt die Belehrung über die Freiwilligkeit durch die Beamten, führt dies nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Nur bei konkreten Anhaltspunkten, dass eine Täuschung oder das bewusste Ausnutzen eines Irrtums vorliegt, kommt ein Verwertungsverbot in Betracht (Kammergericht, Beschluss vom 30.07.2014, Az.: 3 Ws (B) 356/14).

Darf der Richter vom Beifahrer auf den Fahrer schließen?

Ist bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme auch der Beifahrer auf dem Lichtbild zu erkennen, kann der Richter aus der Person des Beifahrers auf den Fahrer schließen, ohne dass ein Beweisverwertungsverbot vorliegt (OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.02.2015, Az.: 2 Ss (OWi) 20/15). Durch den Konflikt des Zeugen wird nach Ansicht des Senats des OLG Oldenburg der Rechtskreis des Beschuldigten nicht so berührt, dass ihm wegen unterbliebener Belehrung ein Revisionsrügerecht zugestanden werden kann.

Der Verfasser, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Steffgen ist seit 2001 mit Schwerpunkt im Verkehrsrecht tätig.


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