Vorfälligkeitsentschädigung nicht immer geschuldet

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Nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB muss ein Darlehensnehmer, der einen Kredit vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit kündigt, der Bank den hierdurch entstehenden Zinsschaden ersetzen. Bereits die Berechnung dieser sog. Vorfälligkeitsentschädigung birgt zahlreiche Fehlerquellen, die für den Kreditnehmer bares Geld bedeuten können.

In vielen Fällen wird jedoch für zwischen den Jahren 2002 und 2010 von Verbrauchern abgeschlossene Darlehen und Finanzierungen eine Vorfälligkeitsentschädigung überhaupt nicht geschuldet, wenn ein Widerruf noch möglich ist. So hat beispielsweise das Brandenburgische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 17.10.2012 - 4 U 194/11 - die Klage einer Sparkasse auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach einem wirksamen Widerruf abgewiesen.

Warum können die Darlehen noch widerrufen werden?

Die Widerrufsfrist begann nach § 355 Abs. 2 a. F. BGB mit der Erteilung einer wirksamen Widerrufsbelehrung gegenüber dem Verbraucher. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof sind die im Zeitraum November 2002 bis Juni 2010 standardisiert verwendeten Widerrufsbelehrungen in der Regel nicht ausreichend gewesen. Als Folge der fehlerhaften Belehrung hat die Widerrufsfrist für den Verbraucher nie zu laufen begonnen, der Widerruf ist praktisch unbegrenzt möglich.

Zwar hat jüngst das OLG Köln (I-13 U 30/11, 13 U 30/11) in einer Einzelfallentscheidung die Verwirkung des Widerrufsrechts nach 7 Jahren angenommen, diese rechtliche Beurteilung ist jedoch nur schwer haltbar und dürfte der besonderen Konstellation des dortigen Sachverhalts geschuldet sein.

Welche Folgen hat der Widerruf?

Der wirksame Widerruf wandelt den Vertrag in ein sog. Rückgewährschuldverhältnis. Sämtliche vertraglichen Pflichten erlöschen, so dass der Kreditnehmer nicht mehr zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet ist.

Was ist, wenn ich den Kredit schon gekündigt oder die Vorfälligkeitsentschädigung schon gezahlt habe?

Auch die bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung kann nach einem wirksamen Widerruf des Vertrags zurückgefordert werden, da der Widerruf grundsätzlich auch nach Kündigung des Vertrags oder Ablöse des Kredits noch möglich ist.

Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ein Widerruf nicht mehr möglich ist?

Auch wenn die Vorfälligkeitsentschädigung selbst geschuldet wird, sollte die Berechnung genauestens geprüft werden. So hat beispielsweise jüngst das OLG Frankfurt mit Urteil vom 17.04.2013 - 23 U 50/12 - festgestellt, dass die Vereinbarung von Bearbeitungsgebühren für die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung bzw. einer Nichtabnahmeentschädigung bei (Teil-) Nichtabnahme eines Kredites vorsehen, unwirksam ist, weil Privatkunden unangemessen benachteiligt werden.

Fazit/Praxistipp

Eine Überprüfung der Widerrufsbelehrung in Kredit- und Finanzierungsverträgen, auch bei Forward-Darlehen und Baufinanzierungen, lohnt sich daher jedenfalls für Verbraucher, die im fraglichen Zeitraum finanziert haben und eine frühzeitige Rückzahlung geleistet haben oder leisten wollen.

Eine ausführliche Urteilsbesprechung mit weiteren Tipps finden Sie auf unserer Homepage unter

http://www.kanzleikastner.de/2013/07/vorfalligkeitsentschadigung-nicht-immer-geschuldet



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