Vorwurf Abrechnungsbetrug in Corona-Teststelle oder Testcenter - Wissenswertes zum Strafverfahren und der Verteidigung
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Wissenswertes zum Strafverfahren und der Verteidigung beim Abrechnungsbetrug in der Corona-Teststelle
Zusammenfassung: Die Verteidigung in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Abrechnungsbetruges im Gesundheitswesen durch einen Teststellenbetreiber erfordert Spezialwissen im Medizinrecht. Sonst endet es meist mit einer Freiheitsstrafe.
Erst kürzlich hat das Landgericht Köln erneut einen Betreiber mehrerer Corona-Teststellen zu fünfeinhalb Jahren Haft wegen gewerbsmäßigen Abrechnungsbetruges im Gesundheitswesen nach § 263 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StGB verurteilt. Dies ist kein Einzelfall: Nicht selten mussten sich in den vergangenen zwei Jahren bereits Corona-Teststellenbetreiber wegen des Vorwurf des Abrechnungsbetruges vor Gerichten verantworten – in der Regel enden diese Verfahren mit Haftstrafen.
Besteht ein Anfangsverdacht des Abrechnungsbetruges leitet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Teststellenbetreiber ein. Wird die Teststelle in Form einer juristischen Person, z.B. einer GmbH oder GbR geführt, so wird das Verfahren gegen den verantwortlichen Geschäftsführer geführt.
Wie erfährt die Staatsanwaltschaft von Abrechnungsunregelmäßigkeiten in den Corona-Teststellen?
Häufig geht dem Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft eine Plausibilitätsprüfung bei der der Kassenärztliche Vereinigung (KV) voraus. Die KV soll, die Staatsanwaltschaft informieren, wenn aus der Prüfung ein Verdacht auf strafbare Handlungen hervorgeht (vgl. § 7 a Abs. 4 TestV). Das „Unterrichtungsschreiben“ der KV führt in der Regel dazu, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Leistungserbringer oder verantwortlichen Geschäftsführer wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs einleitet.
Da die Akten des Plausibilitätsverfahrens bei der KV auch von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren herangezogen werden, ist es erforderlich bereits im Plausibilitätsprüfungsverfahren bei der KV das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft im Hinterkopf zu behalten und eine stringente Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Es ist ratsam, bereits von Beginn an einen Rechtsanwalt mit einzubeziehen, der sowohl das KV-Verfahren als auch das spätere Strafverfahren betreuten kann. Sprechen Sie uns gerne an, wie betreuen eine Vielzahl dieser Verfahren.
Es kann ebenso vorkommen, dass ein Strafverfahren aufgrund (anonymer) Anzeigen von Teststellen-Mitarbeitern oder Wettbewerbern bei der Staatsanwaltschaft eingeleitet wird. Häufig stellen sie Strafanzeige. Sollte zu diesem Zeitpunkt noch kein Verfahren bei der KV anhängig sein, ist umgekehrt im Strafverfahren das zukünftige KV-Verfahren in der Verteidigungsstrategie zu bedenken. Dass ein solches sodann eingeleitet wird, ist fast sicher.
Wer sind die Verfolger?
Die strafrechtlichen Ermittlungen werden regelmäßig von spezialisierten Schwerpunktstaatsanwaltschaften durchgeführt, wie z.B. der „Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen“ (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg, die für den gesamten Freistaat Bayern zuständig ist.
Was tun bei einer Durchsuchung?
Oft erfährt der betroffene Teststellenbetreiber oder verantwortliche Geschäftsführer erst während einer Durchsuchung seiner Praxis- oder Geschäftsräume von dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren, das darauf abzielt, belastende Dokumente und andere Beweismittel zu sichern oder Zeugen vor Ort zu befragen (sog. Dawn Raid).
In dieser Situation sollte der Beschuldigte keine Aussage zur Sache machen, sondern zunächst über einen Rechtsanwalt Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen und sich dann möglicherweise schriftlich zu den Vorwürfen äußern. Das Ziel der Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft könnte beispielsweise sein, herauszustellen, dass allein eine objektiv fehlerhafte Abrechnung nicht zwangsläufig den Schluss auf die Begehung eines vorsätzlichen Abrechnungsbetruges zulässt.
Kommt es zu einer Durchsuchung reicht es meist nicht aus „nur“ zu schweigen. Werden Geräte, wie Laptop oder Handy, beschlagnahmt, wird wahrscheinlich auch eine Herausgabe der Passwörter verlangt. Ob diese herausgegeben werden sollten, sollte ebenfalls ganz im Sinne einer durchdachten Verteidigungsstrategie mit einem Rechtsanwalt beraten werden. In einem solchen Falle sollten Sie unbedingt einen Rechtsanwalt kontaktieren. Für derartige Fälle steht unser Nottelefon rund um die Uhr zur Verfügung (+89 901 688 68).
Welche Konsequenzen drohen?
Bei einem hinreichenden Tatverdacht des Abrechnungsbetruges von Corona-Teststellen klagt die Staatsanwaltschaft in der Regel einen gewerbsmäßigen Betrug beim zuständigen Amts- oder Landgericht an, § 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB an. Das Tatbestandsmerkmal „gewerbsmäßig“ ist bei Abrechnungsbetrugsfällen in Teststellen deshalb meist erfüllt, da ein gewerbsmäßiges Handeln nur voraussetzt, dass der Täter sich aus einer wiederholten Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschafft.
Da es sich bei einem gewerbsmäßigen Betrug um einen besonderes schweren Fall des Betruges handelt, erhöht sich das Strafmaß und reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Dies bedeutet, dass bei einem gewerbsmäßigen Betrug die Möglichkeit einer Geldstrafe gar nicht mehr besteht, sondern Freiheitsentzug droht. Dass das Gesetz derart harte Strafen im Falle eines Abrechnungsbetrugs in Corona-Teststellen vorsieht, wird von Teststellenbetreibern oder Geschäftsführern häufig unterschätzt.
Es ist daher essentiell, bereits frühzeitig (am besten im KV-Verfahren, falls dieses vorgelagert erfolgt) eine effektive Verteidigungsstrategie für ein potentielles Strafverfahren zu entwickeln.
Welche weiteren Verfahren können folgen?
Dies gilt aber auch für drohende Folgeverfahren: Wird der Geschäftsführer einer Corona-Teststelle strafrechtlich verurteilt, so ist es möglich, dass er seine Eignung als Geschäftsführer verliert. Nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 GmbHG kann Geschäftsführer nicht sein, wer unter anderem wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Dieses Verbot bezieht sich nicht nur auf die Geschäftsführerstellung in der Corona-Teststelle, sondern auf jeglichen Geschäftsführer- und Vorstandsposten in Unternehmen. Aufgrund einer Registersperre kann der verurteilte Geschäftsführer dann für die Dauer von fünf Jahren kein Amt mehr antreten.
Daneben können eine strafrechtliche Verurteilung oder aber auch schon ein bloßes Ermittlungsverfahren dazu führen, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit (§ 35 GewO) festgestellt wird, die zu einem Gewerbeverbot für Gewerbetreibende führt. Allein solch ein Gewerbeverbot hat für Geschäftsführer gem. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GmbHG bereits den Verlust seiner Eignung zur Folge.
Bei (Zahn-)Ärzten oder Apothekern als Corona-Teststellen-Betreiber, kann sich das Strafverfahren negativ auf die Approbation auswirken. Hier sollte frühzeitig gegen vorgegangen werden.
Sprechen Sie uns gerne an – eine effektive Verteidigung sollte unverzüglich beginnen.
Dr. Philipp Dominik, LL.M. Oec.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Kontaktieren Sie gerne einen unserer Spezialisten mithilfe des Kontaktformulars oder unter muenchen@falk-law.com
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