VW Motor EA 189 Abgasskandal - § 852 BGB - keine Verjährung beim EA 189 - EA189 Urteil

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Keine Verjährung beim EA 189

 

Entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. Dezember 2020 (Az.: VI ZR 739/20), sind Schadensersatzansprüche im VW EA 189 Dieselskandal noch nicht verjährt.

Der BGH bezog sich in seiner Entscheidung lediglich auf Ansprüche aus § 826 BGB, wohingegen Gerichte und Oberlandesgerichte seit diesem Jahr regelmäßig nach § 852 BGB zu Schadensersatz verurteilen. Die Verjährung dieses „Restschadensersatzanspruchs“ tritt erst nach zehn Jahren ein.

 

In seinem Urteil von Ende des Jahres 2020 führte der BGH aus, dass die Verjährungsfrist bei positiver Kenntnis gemäß § 199 BGB, drei Jahre betrage. Demzufolge wären sämtliche Ansprüche bereits Ende 2018 verjährt, da VW seinen Betrug im Herbst 2015 publik machte und Autobesitzer zu diesem Zeitpunkt über die illegale Abschalteinrichtung Kenntnis erlangen konnten.

 

Da sich dieses Urteil allerdings nur auf Ansprüche aus § 826 BGB und auf die ursprüngliche Manipulation am Motor EA 189 bezog, kamen viele Gerichte zu der Ansicht, dass Schadensersatzansprüche nicht vor Ende 2019 verjähren. 

Darüber hinaus beging VW mit seinem Software-Update für betroffene EA 189 Motoren eine erneute Manipulation und auch der „Nachfolgemotor“ EA 288 verfügt über eine illegale Abschalteinrichtung, weshalb eine Verjährung in diesen Fällen noch in ferner Zukunft liegt.

 

Restschadensersatzanspruch nach § 852 BGB

 

Der § 852 BGB lautet:

„Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.“

Dieser Wortlaut bedeutet, dass betroffenen VW Eigentümern auch nach Ablauf der Verjährungsfrist ein Restschadensersatzanspruch zusteht – und das bis zu zehn Jahren nach Fahrzeugerwerb.


Verbraucherfreundliche Urteile

 

Die Oberlandesgerichte Oldenburg, Stuttgart und Koblenz verurteilten die Volkswagen AG im März 2021 als erste nach § 852 BGB.

Das OLG Oldenburg (Urteil vom 02.03.2021, Az.: 12 U 161/20) sprach einem Kläger 16.376,87 Euro Schadensersatz zu. Streitgegenständlich war vorliegend ein im Jahr 2012 erworbener VW Caddy. Der Besitzer des Fahrzeugs musste sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, erhielt jedoch eine Entschädigung von 16.376,87 Euro Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Wagens.

Das OLG Stuttgart (Urteil vom 09.03.2021, Az.: 10 U 339/20) erkannte dem Besitzer eines 2012 erworbenen VW Polos unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung einen Restschadensersatzanspruch von 14.958,92 Euro zu.

Das OLG Koblenz (Urteil vom 31.03.2021, Az.: 7 U 1602/20) verurteilte VW zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 17.000,00 Euro für einen 2010 erworbenen Polo.

 

„Die Urteile beweisen, dass Kunden, die Fahrzeuge mit dem Motor EA189 von Volkswagen in den Jahren 2011 bis 2015 erworben haben, auch heute noch erfolgreich gegen VW vorgehen können. Diese Auffassung hat sich nun endgültig an den Gerichten durchgesetzt. Ob sie sich an der Musterfeststellungsklage beteiligt haben oder nicht, ist dabei vollkommen belanglos. Betroffene VW-Fahrer müssen nur darauf achten, dass sie nicht aus der 10-Jahresfrist herausfallen. Kunden, die ihr Fahrzeug Ende 2011 gekauft haben, sollten daher schnell handeln,“ erläutert Rechtsanwalt Dominik Wawra.

 

Die Rechtsanwaltskanzlei Wawra & Gaibler berät und vertritt Sie gerne bundesweit in verbraucherschutzrechtlichen Fragen.

Seit 2017 ausschließlich im Abgasskandal tätig, führte die Kanzlei bereits unzählige Verfahren gegen VW, Daimler, Audi, Volkswagen, Skoda, Seat, BMW, Porsche und andere Hersteller im Zusammenhang mit dem „Dieselskandal“ oder im Bereich des „Auto-Kreditwiderrufs“. Rechtsanwalt Dr. Gaibler erstritt u.a. deutschlandweit eines der ersten positiven Urteile im VW-Abgasskandal vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

 

Positive Urteile der Kanzlei Wawra & Gaibler im VW Abgasskandal:

  • LG Augsburg (Urteil vom 14.06.2021, Az.: 082 O 2755/20): Schadensersatz in Höhe von 39.000,00 Euro für einen 2013 erworbenen VW Passat
  • LG Augsburg (Urteil vom 15.07.2021, Az.: 101 O 2724/20): Schadensersatz in Höhe von 34.601,21 Euro für einen 2010 erworbenen Audi
  • LG Memmingen (Urteil vom 26.07.2021, Az.: 103 O 2726/20): Schadensersatz in Höhe von 15.836,46 Euro für einen 2013 erworbenen VW Tiguan
  • LG Memmingen (Urteil vom 28.07.2021, Az.: 32 O 1524/20): Schadensersatz in Höhe von 26.358,68 Euro für einen 2015 erworbenen VW Tiguan
  • LG Augsburg (Urteil vom 06.09.2021, Az.: 082 O 3572/20): Schadensersatz in Höhe von 22.924,25 Euro für einen 2014 erworbenen VW Touran Life
  • LG Augsburg (Urteil vom 08.09.2021, Az.: 083 O 253/21): Schadensersatz in Höhe von 25.335,66 Euro für einen 2013 erworbenen Audi A6 Allroad Quattro
  • LG Augsburg (Urteil vom 23.09.2021, Az.: 114 O 2755/20): Schadensersatz in Höhe von 25.520,63 Euro für einen 2012 erworbenen VW Tiguan
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