Wann ist ein gemeinsames Sorgerecht möglich? (Entscheidung des OLG Brandenburg)

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Seit der Gesetzesreform 2013 können unverheiratete Väter im Fall einer Trennung deutlich einfacher das gemeinsame Sorgerecht erhalten. Nach der Neuregelung des § 1626a BGB stellt das gemeinsame Sorgerecht beider Eltern den Standardfall dar. Eine andere Entscheidung ist nur möglich, wenn die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl widerspricht.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu schon mehrmals entschieden: Ein gemeinsames Sorgerecht setzt eine tragfähige soziale Beziehung und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern in den wesentlichen Sorgerechtsbereichen voraus. Die Frage, wann dies der Fall ist, hatte das Oberlandesgericht Brandenburg in seiner Entscheidung vom 15.02.2016 (Az.: 10 UF 216/14) zu klären.

Gegenstand des Verfahrens war das Sorgerecht für zwei gemeinsame Kinder eines unverheirateten Elternpaares. Für eines der Kinder hatten die Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben, für das andere hatte die Mutter das alleinige Sorgerecht. Sowohl der Vater als auch die Mutter beantragten die alleinige elterliche Sorge für beide Kinder. Zwischen den Eltern gab es heftigste Auseinandersetzungen und beide erklärten, mit dem anderen Elternteil nicht mehr sprechen zu wollen.

Das Oberlandesgericht stellt hierzu zunächst klar: Nicht jede Spannung oder Streitigkeit zwischen den Eltern macht ein gemeinsames Sorgerecht unmöglich. Wenn in grundlegenden Erziehungsfragen Einvernehmen besteht und die Eltern sich nur über einzelne Themen streiten, kann das Sorgerecht dennoch gemeinsam ausgeübt werden. Wenn aber zwischen den Eltern keinerlei Kommunikation stattfinden, ja sogar komplette „Funkstille“ herrscht, widerspricht ein gemeinsames Sorgerecht dem Kindeswohl.

Im vorliegenden Fall übertrug das Gericht das alleinige Sorgerecht auf die Mutter, da ein Gutachten ergeben hatte, dass die Kinder zu ihr eine engere Beziehung hätten als zum Vater. Auch wenn das Gericht feststellte, dass bei der Mutter auf Grund mangelnder Bindungstoleranz eine Einschränkung der Erziehungsfähigkeit bestehe, war die Bindung letztlich ausschlaggebend.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts überrascht nicht. Bei einem völligen Fehlen jedweder Kommunikation kann kein gemeinsames Sorgerecht bestehen. Das Oberlandesgericht macht aber auch deutlich: Grundsätzlich ist die gemeinsame elterliche Sorge der Standardfall und hat einen hohen sozialen Wert, auch im Interesse der Kinder. Insofern sind die Eltern, wie es das Gericht ausdrückt, „zum Konsens verpflichtet“. Das gemeinsame Sorgerecht kann daher nicht einfach mit dem Verweis auf bestehende Konflikte oder Uneinigkeiten abgelehnt werden, vielmehr obliegt es den Eltern, ihre Konflikte zu lösen, wenn ihnen dies möglich ist.


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