Wann verjähren Steuerforderungen? Wie lange darf das Finanzamt Steuern festsetzen?

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1. Einführung 

Das Thema der Verjährung ist ein wesentlicher Aspekt im deutschen Rechtssystem und findet auch im Steuerrecht seine Anwendung. 

Ziel der Verjährung ist es, Rechtsfrieden zu schaffen. 

Nach Ablauf bestimmter Fristen sollen Steuerforderungen nicht mehr geltend gemacht werden können. Dies dient der Rechtssicherheit und der Verwaltungsvereinfachung. 

Im Folgenden werden die verschiedenen Verjährungsarten im Steuerrecht erläutert und deren Bedeutung für Steuerpflichtige und das Finanzamt beleuchtet.

Denn: Auf eine verjährte Steuerforderung muss selbstverständlich nicht bezahlt werden.


2. Welche Verjährungsarten gibt es im Steuerrecht

Im Steuerrecht gibt es hauptsächlich drei Arten der Verjährung: Festsetzungsverjährung, Feststellungsverjährung und Zahlungsverjährung.

a. Festsetzungsverjährung (§ 169 AO)

Die Festsetzungsverjährung bezieht sich auf den Zeitraum, in dem das Finanzamt eine Steuer festsetzen darf. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Steuerfestsetzung, Änderung oder Aufhebung einer Steuerfestsetzung nicht mehr möglich.

b. Feststellungsverjährung (§ 181 AO)

Die Feststellungsverjährung betrifft die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, wie beispielsweise Einkünfte oder Einheitswerte. Nach Ablauf der Verjährungsfrist können diese Grundlagen nicht mehr geändert werden, was wiederum Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung hat.

c. Zahlungsverjährung (§ 228 AO)

Die Zahlungsverjährung regelt, wie lange Steueransprüche des Finanzamts durchgesetzt werden können. Nach Ablauf dieser Frist kann das Finanzamt die Zahlung der Steuerschulden nicht mehr einfordern.

3. Verjährungsfristen für Festsetzungsverjährung, Feststellungsver-jährung und Zahlungsverjährung

Die Verjährungsfristen variieren je nach Verjährungsart:

  • Festsetzungsverjährung: In der Regel beträgt die Frist zur Festsetzungsverjährung vier Jahre. Diese Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. In Fällen von leichtfertiger Steuerverkürzung verlängert sich die Frist auf fünf Jahre, bei Steuerhinterziehung sogar auf zehn Jahre.

  • Feststellungsverjährung: Die Fristen für die Feststellungsverjährung entsprechen im Wesentlichen denen der Festsetzungsverjährung.

  • Zahlungsverjährung: Die Zahlungsverjährung tritt in der Regel nach fünf Jahren ein. Diese Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuerforderung erstmalig fällig wurde.


4. Rechtsfolgen und Wirkung einer Verjährung im Steuerrecht

Die Verjährung im Steuerrecht hat weitreichende Konsequenzen. Sobald eine Steuerforderung verjährt ist, verliert das Finanzamt das Recht, diese Steuer festzusetzen, zu ändern, aufzuheben oder einzufordern. 

Dies bedeutet, dass verjährte Steueransprüche nicht mehr durchgesetzt werden können, selbst wenn die sachliche Steuerschuld an sich unstrittig ist. 

Für den Steuerpflichtigen bietet die Verjährung somit einen wichtigen Schutz vor langjährigen Nachforderungen. 

Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Verjährung nicht automatisch eintritt, sondern unter bestimmten Umständen gehemmt oder unterbrochen werden kann. Dies führt dazu, dass die Verjährungsfrist später endet.


5. Sondervorschriften zur Änderung der Verjährungsfrist

Bezüglich der Berechnung der Verjährungsfristen können nach der Abgabenordnung noch folgende Regelungen eine "Verjährungsverschiebung" bewirken.

a. Anlaufhemmung (§ 170 AO)

Die Anlaufhemmung ist eine Besonderheit im Steuerrecht, die bewirkt, dass die reguläre Verjährungsfrist später zu laufen beginnt. Beispielsweise beginnt im Fall der Einkommensteuer die vierjährige Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde. Dies bedeutet, dass bei einer späten Abgabe der Steuererklärung die Verjährungsfrist entsprechend später beginnt.

b. Ablaufhemmung (§ 171 AO)

Eine Ablaufhemmung tritt ein, wenn bestimmte Ereignisse eintreten, die die Verjährung unterbrechen. Dazu gehören beispielsweise eine Außenprüfung, ein Einspruch oder eine Klage. Die Verjährungsfrist beginnt nach Beendigung des die Verjährung hemmenden Ereignisses neu zu laufen, wobei die bereits verstrichene Zeit angerechnet wird.

c. Sonderfall der Steuerhinterziehung (§ 370 AO)

Bei Steuerhinterziehung verlängert sich die Verjährungsfrist auf zehn Jahre. Dies stellt eine erhebliche Ausdehnung gegenüber der regulären Verjährungsfrist dar und reflektiert die Schwere des Vergehens. Die lange Verjährungsfrist soll sicherstellen, dass Steuerhinterziehung auch noch nach vielen Jahren geahndet werden kann.


6. Vorgehen bei verjährten Steuerforderungen

Wenn das Finanzamt eine verjährte Steuerforderung festsetzt oder einfordert, steht dem Steuerpflichtigen der Rechtsbehelf des Einspruchs zur Verfügung. 

Dieser muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids beim Finanzamt eingereicht werden. Im Einspruchsverfahren kann die Verjährung als Einwand geltend gemacht werden.


7. Fazit

Die Kenntnis über Verjährungsfristen im Steuerrecht ist für Steuerpflichtige von großer Bedeutung. 

Sie bietet eine wichtige Grundlage für die Einschätzung der Rechtslage und für das Ergreifen von Maßnahmen gegen möglicherweise unberechtigte Forderungen des Finanzamts. 

Es ist jedoch zu beachten, dass das Steuerrecht komplex ist und sich die Regelungen verschieben können. 

Daher ist es ratsam, bei unklarer Rechtslage und bei Streitigkeiten mit dem Finanzamt einen fachkundigen Rechtsanwalt zu beauftragen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub

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