Was Sie beim Errichten eines gemeinschaftlichen Testaments über dessen Form wissen müssen (1/4)

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Gemeinschaftliche Testamente sind Testamente, die von zwei Personen (gemeinsam) errichtet werden. Dass so etwas zulässig ist, ist durchaus nicht selbstverständlich und eine Eigenart des deutschen Erbrechts. Denn der Regelfall ist das Einzeltestament: Es darf nur jede Person für sich selbst testieren (persönliche Testamentserrichtung) und auch nur handschriftlich (eigenhändige Testamentserrichtung). Von diesem Typen- und Formzwang gibt es eine Ausnahme:

Es dürfen gemeinschaftliche Testamente errichtet werden, aber ausschließlich von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern, nicht von Lebensgefährten, Geschwistern etc. (Ehegattenprivileg). Das Praktische an diesen Testamenten ist die erleichterte Form (Formenprivileg), weshalb sie auch so beliebt sind.

Aber Vorsicht: Bei gemeinschaftlichen Testamenten sitzt der Teufel in etlichen Details, die den meisten Interessierten unbekannt sind. Wer diese Klippen nicht kennt und etwas falsch macht, läuft Gefahr, dass sein und das Testament seines Ehegatten nach dem Tod des einen oder anderen von einem Gericht für unwirksam erachtet wird.

Weshalb ein Gericht sich mit dereinst mit Ihrem Testament befassen sollte? Weil Testamente vom Nachlassgericht eröffnet, also offiziell „in die Welt gesetzt“ werden müssen, wobei das Gericht die Angehörigen des oder der Verstorbenen (Erblasser/Erblasserin) benachrichtigt. Und zwar auch diejenigen Angehörigen, die enterbt wurden, aber pflichtteilsberechtigt sind. Und diese übergangenen Personen sind es meist, die ein Testament, untechnisch gesprochen, „anfechten“.

Die Arten gemeinschaftlicher Testamente

Sogenannte Berliner Testamente und Hamburger Testamente: 

Beide Ehegatten verfügen gemeinschaftlich

Ein Spezialfall, aber der Klassiker des gemeinschaftlichen Testaments ist das sogenannte Berliner Testament:

Die Ehegatten setzen sich gegenseitig als alleinige Erben ein (gegenseitige Verfügung) und verfügen darüber hinaus, dass nach dem Tod des Letztversterbenden eine oder mehrere Personen (Schluss-) Erben sein sollen, und zwar in der Regel die gemeinsamen Kinder.

Beispiel:

„Unser Testament

Wir, die Eheleute A und B, setzen uns gegenseitig als alleinige Erben ein. Erben des Längerlebenden von uns sollen unsere drei Kinder X, Y und Z zu gleichen Anteilen sein.“

Eine andere Variante gemeinschaftlicher Verfügungen ist das sogenannte Hamburger Testament.

Beispiel:

„Unser Testament

Wir, die Eheleute A und B, setzen uns gegenseitig als alleinige Vorerben ein und unsere drei Kinder X, Y und Z als Nacherben zu gleichen Anteilen. Der Nacherbfall tritt ein ……. Erben des Längerlebenden von uns sind wiederum unsere Kinder zu gleichen Anteilen.“

Andere Testamentsarten

Allerdings muss ein gemeinschaftliches Testament nicht zwingend gegenseitige Verfügungen enthalten. Vielmehr gilt das Formprivileg auch, wenn zwar nur ein Ehegatte schreibt, aber beide Ehegatten völlig getrennt voneinander verfügen, also tatsächlich zwei Einzeltestamente ohne Bezug aufeinander errichten.

Beispiel:

„Unser Testament

Ich, der Ehemann, setze meinen einseitigen Sohn als alleinigen Erben ein. Im Wege des Vermächtnisses erhält unsere Haushälterin meinen PKW.

Ich, die Ehefrau, setze meine einseitige Tochter als alleinige Erbin ein. Im Wege des Vermächtnisses erhält unser Gärtner meinen Rasenmäher.“

Eine Mischform schließlich ist ein gemeinschaftliches Testament, in dem zwar eine gegenseitige Erbeinsetzung verfügt wird, die Ehegatten weiterhin aber unterschiedliche Verfügungen treffen, z.B. hinsichtlich der Erben des Längerlebenden.

Beispiel:

„Unser Testament

Wir, die Eheleute A und B, setzen uns gegenseitig als alleinige Erben ein. Wenn ich, der Ehemann A, zuletzt versterbe, erben nach mir meine einseitigen Kinder zu gleichen Anteilen. Wenn ich, die Ehefrau B, zuletzt versterbe, erben nach mir meine einseitigen Kinder zu gleichen Anteilen.“

Was bei der handschriftlichen Testamentserrichtung unbedingt zu beachten ist,

Das Gesetz sieht folgende Form vor: Ein Ehegatte schreibt, d.h. errichtet das Testament, und beide unterschreiben. Das Gesetz sieht, um Unklarheiten und Zweifeln vorzubeugen, außerdem vor, dass derjenige Ehegatte, der das Testament nicht selbst errichtet hat, neben seiner Unterschrift das Datum und den Ort angeben soll.

Wo die Gefahren lauern

Und nun zu den „Teufeln im Detail“, angefangen bei der Form:

Um jegliche Unklarheiten und Zweifel auszuschließen, sollten beide Ehegatten jeweils mit Ort, Datum und Unterschrift unterschreiben, wie folgt:

„Unser Testament:

Wir, die Eheleute xz und yz, verfügen von Todes wegen, was folgt: ………………..

Hamburg, den ……….  Unterschrift xz, Hamburg, den …………….. Unterschrift yz“

Das gilt vor allem dann, wenn ein Ehegatte das Testament errichtet und mit Ort, Datum und seiner Unterschrift versehen hatte und der andere Ehegatte erst später hinzutritt. Dann

sollte der später Hinzutretende zur Sicherheit noch schreiben:

 „Bin einverstanden! Ort, Datum, Unterschrift“

So weit, so gut, wenn der Verfügungsbedarf gering ist und das Testament aus einem Zwei- oder Dreizeiler besteht. Wenn die Eheleute allerdings einen großen Bedarf haben, letztwillige Verfügungen zu treffen und diese detailliert auszugestalten, dann kann der Text schon seitenlang und manch einem der Arm schwer werden. Und wen das Schreiben langer Texte abschreckt, der kann dazu neigen, „Abkürzungen“ zu nehmen, die die Wirksamkeit des Testaments gefährden.

Sind die letztwilligen Verfügungen sehr umfangreich, ist es nach wohl herrschender Meinung zulässig, wenn die Ehegatten sich mit dem Schreiben abwechseln.

Aber:

Es muss darauf geachtet werden, dass jeder Ehegatte vollständige Verfügungen und nicht etwa nur Satzfragmente niederschreibt!

Beispiel:

Es werden Verfügungen unter „Ziff.1“ oder unter  „§ 1“ vom Ehemann und unter „Ziff.2“ oder „§ 2“ von der Ehefrau geschrieben usw. .

Nicht zulässig (Formverstoß!) ist es, wenn die Ehegatten sich beim Schreiben so sehr abwechseln, dass keiner von beiden eine Verfügung vollständig allein geschrieben hat.

Und:

Wenn eine oder mehrere bestimmte Verfügungen nur von einem Ehegatten gewollt sind (z.B. die Anordnung einer Testamentsvollstreckung), dann sollte diese Verfügung unbedingt auch von dem betreffenden Ehegatten niedergelegt werden.

Beispiel:

„Ich, die Ehefrau, verfüge, dass meine Nichte im Wege des Vermächtnisses meinen Schmuck erhält.“  (Handschrift Ehefrau)

„Ich, der Ehemann, ordne für den Erbteil meines einseitigen Sohnes Testamentsvollstreckung an.“ (Handschrift Ehemann)

Gemeinsam gewollte Verfügungen müssen also in der „Wir-Form“ verfaßt werden und nur einseitig gewollte Verfügungen in der „Ich-Form“, und zwar idealerweise in der Handschrift des jeweiligen Verfügenden.

Was gar nicht geht – aus einem neuen Urteil

Es ist nicht zulässig, wenn derjenige Ehegatte, der im Wesentlichen (z.B. hinsichtlich der Erbeinsetzung) allein verfügt, den anderen, nur scheinbar mitverfügenden Ehegatten quasi als Schreibkraft missbraucht. Dies hat das OLG Düsseldorf vor kurzem entschieden

(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 09.04.2021, 3 Wx 219/20, BeckRS 2021, 10031):

In dem entschiedenen Fall hatten beide Eheleute sich zwar beim Schreiben abgewechselt und beide hatten das Testament unterschrieben. Das Testament war im Haupttext von der Ehefrau geschrieben worden und in der Ich-Form formuliert. Es enthielt aber ausschließlich Anordnungen des Ehemannes zu der Erbeinsetzung seiner Ehefrau und seines Sohnes sowie zu einzelnen Vermögenspositionen.

Es handelte sich also nur scheinbar um ein gemeinschaftliches, tatsächlich aber im Wesentlichen um ein Einzeltestament des Ehemannes, das aber wegen Formmangels unwirksam war, weil die Verfügungen nicht von ihm niedergeschrieben worden waren. Eine Umdeutung in ein wirksames Einzeltestament (des Ehemannes) war nicht möglich, eben weil nicht der Ehemann, sondern seine Frau den Haupttext geschrieben hatte.

Fazit

Ein gemeinschaftliches Testament zu errichten, erfordert einige Überlegungen und Sorgfalt und in schwierigeren Fällen eine fachliche Beratung!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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