Was weiß mein Auto über mich? Ist das datenschutzkonform?

  • 4 Minuten Lesezeit

Mein vernetztes Auto – der neue James Bond?

Aktuelle Fahrzeugmodelle überzeugen vordergründig mit individuell abgestimmtem Komfort, smartem Handling, witzigen Gagdets, hoher Verkehrssicherheit und einfacher Vernetzung mit dem Mobiltelefon. Allerdings ist der Preis hierfür hoch und für Autonutzer nicht mühelos überschau- und kontrollierbar. Diese modernen Fahrzeuge erheben, verarbeiten und nutzen dauerhaft eine Unmenge an personenbezogenen Daten.

Die „Lizenz zum Datensammeln“?  

Der ADAC veröffentliche im Dezember 2021 einen Bericht (https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/assistenzsysteme/daten-modernes-auto/,Artikel „Spion im Auto: Diese Daten werden gespeichert.“) über die riesigen Informationsmengen, die Autos von unseren personenbezogenen Daten anhäufen. Unter personenbezogenen Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person(„betroffene Person“) beziehen, zu verstehen. Das durch die Autos angelegte Nutzerprofil beinhaltet u.a. den Fahrstil, die Nutzungsintensität, GPS-Daten, Sitzeinstellungen, beliebte Multimedianutzung, Name des Mobiltelefons, Anruflisten, Kurznachrichten oder Klimaeinstellungen.

Hintergrund dieser sog. „Lizenz zum Datensammeln“ sind u.a. Bestrebungen des europäischen Gesetzgebers zur Anwendung intelligenter Verkehrssysteme (beispielsweise durch die IVS-Richtlinie, 2010/40/EU, national umgesetzt durch das IVSG - Gesetz über Intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern). Durch die Verwendung und Aktualisierung dieser personenbezogenen Daten soll ein verbessertes Verkehrsmanagement ermöglicht und ein Mindestschutz für die Verkehrssicherheit im europäischen Raum gewährleisten werden. Ein Beispiel für die nationale Umsetzung dieser Richtlinie ist u.a. der Aufbau eines sog. Mobilitätsdatenmarktplatzes (MDM) i. S. v. § 2 Nr. 11 IVSG, in den aktuellen Informationen wie Verkehrslage, Baustellenstatus, Straßensperrungen und Reiseverkehrsströme eingepflegt werden sollen.

Allerdings unterliegen diese personenbezogenen Daten ebenfalls der europäischen Datenschutz-Grundverordnung. Rechtsgrundlage für die Erhebung, Speicherung und Nutzung dieser Informationen werden hierbei regelmäßig nur Art. 6 Abs. 1 lit. a (durch die Einwilligung der Betroffenen) oder lit. e DS-GVO (aufgrund eins erheblichen öffentlichen Interesses) bilden können. Es bleibt jedoch fraglich, wie die primären Ziele des europäischen Datenschutzes wie Transparenz, Datenminimierung, Speicherbegrenzung, Integrität, Vertraulichkeit, Richtigkeit und Zweckbindung von personenbezogenen Daten im Sinne der zukünftigen Entwicklung Richtung autonomen Fahren eingehalten werden können.

Probleme – streng geheim

Natürlich kann man die Einwilligung für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der eigenen personenbezogenen Daten im Auto verweigern, aber dann bleiben die Vielzahl von (Komfort-)Funktionen des Autos für den Käufer unbenutzbar. Für den Verbraucher wird dieser Zustand (leider) häufig erst nach dem Autokauf ersichtlich. Teilweise sind Sicherheitssysteme des Fahrzeugs an die Einwilligung des Benutzers geknüpft oder Systemupdates (z. B. für Steuerungselemente) nur mittels Online-Übertragung (mit Einwilligung) möglich, so dass die Einwilligung selbst wohl nicht mehr als „freiwillig“ zu bezeichnen ist. Dieser Umstand wird häufig von Datenschützern kritisiert, ist allerdings noch nicht richterlich entschieden.

Um das Ziel des hochautomatisierten Fahrens zu erlangen, ist eine allumfassende Fahrbeobachtung zwingend notwendig. Das bedeutet schlussendlich, dass in naher Zukunft wohl auch Gesundheitsdaten wie beispielsweise die Atmung und der Puls durch das Auto überwacht werden. Gesundheitsdaten – als besonders sensible personenbezogene Daten - dürfen jedoch gemäß Artikel 9 DS-GVO nur unter besonderen Voraussetzungen verarbeitet werden; sonst ist deren Verarbeitung untersagt.

Die Übermittlung der durch das Auto ‚ausgekundschafteten‘ Daten findet auch in Nicht-EU-Länder statt (je nach Firmensitz der Automobilhersteller). Vor dem Hintergrund des Schrems-II-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 16.07.2020, -C-311/18) stellt das ein besonderes Problem dar. Bei der Datenübertragung in die Vereinigten Staaten kann grundsätzlich kein europäischer Datenschutzmindeststandard gewährleistet werden. Im schlimmsten Fall können die UN-Sicherheitsbehörden die personenbezogenen Daten einfach auslesen.

Das Spannungsfeld zwischen der Umsetzung von europarechtlichem Datenschutz und dem Bestreben nach autonomem Fahren ist demnach erheblich.  

Ausblick auf ein Quantum Trost? 

Durch das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung sind die Rechte der Betroffenen wesentlich gestärkt worden. Die Betroffenen haben die Möglichkeit nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO Auskunft über ihre personenbezogenen Daten zu erlangen. Die entsprechende Auskunftserteilung ist kostenlos und muss grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Antragstellung erfolgen. Allerdings müssen Betroffene von ihrem Recht aus Art. 15 DS-GVO aktiv Gebrauch machen und einen entsprechenden Antrag gegenüber dem Verantwortlichen (also dem Fahrzeughersteller) stellen.

Im Artikel „Experiment Datenauskunft“ von Günther Stromheim (c’t magazin 2022, Heft 1, S. 34f.) verlangt der Autor von Skoda eine Datenauskunft über seine personenbezogenen Daten, die sein Fahrzeug (E-Auto Citigo e-iV) über ihn erhebt, verarbeitet und nutzt. Die Antwortschreiben (oder -mails) des Automobilherstellers werden im Artikel sinngemäß als unzureichend, intransparent und wenig verbraucherfreundlich beschrieben. Der aufkommende subjektive Verdacht unberechtigter Datennutzung kann so nicht entkräftet werden, wenn schlussendlich bei Anfrage an die Fahrzeughersteller bezüglich konkreterer Informationen (bspw. hinsichtlich verbauter Sensortechnik) im Fahrgastraum auf das Geschäftsgeheimnis verwiesen wird.

Im Ergebnis verbleibt die Verantwortung für die Durchsetzung des Datenschutzrechts bei beharrlichen Betroffenen, die sowohl technisch als auch rechtlich informiert sein müssen. Wünschenswert wäre ein Einschreiten des Gesetzgebers, mit der Forderung nach einer größeren Transparenz an die Automobilbranche und der Schaffung einer Möglichkeit für Endkunden, unkompliziert über den Umgang des Fahrzeugs mit den personenbezogenen Daten zu entscheiden.

Für eine weitere Beratung oder die Stellung und Verfolgung eines entsprechenden Auskunftsantrags stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Besuchen Sie uns gerne auf unserer Website www.anwaltskanzlei-albrecht.de


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Annett Albrecht

Beiträge zum Thema