Wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen beschuldigt? - Fachanwalt für Strafrecht hilft!

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Der Verdacht des sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen ist ein schwerwiegender Vorwurf, welcher nicht leichthin ignoriert werden sollte. Eine solche Beschuldigung wird regelmäßig zu einer weitreichenden Stigmatisierung führen und sowohl privat als auch beruflich Konsequenzen nach sich ziehen. Sollten Sie beschuldigt werden eine solche Tat begangen zu haben, dann wenden Sie sich unverzüglich an einen versierten Strafverteidiger, welcher Sie beraten und verteidigen kann. Im folgenden Beitrag erklärt Ihnen Heiko Urbanzyk, Fachanwalt für Strafrecht in Coesfeld (bei Gescher, Ahaus, Stadtlohn) den Vorwurf. Es wird dargestellt, welche Punkte maßgeblich sind, um zu ermitteln, ob Sie sich tatsächlich strafbar gemacht haben.


Was ist gem. § 174 Abs. 1 StGB strafbar?

Strafbar ist es gemäß § 174 Abs. 1 StGB, sexuelle Handlungen an einer Person unter achtzehn Jahren vorzunehmen, welche in einem bestimmten Obhuts- oder Abhängigkeitsverhältnis zu Ihnen steht. Bestraft wird dies mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.


Was ist eine sexuelle Handlung?

Zunächst ist zu prüfen, ob die vorgenommene bzw. behauptete Handlung als sexuelle Handlung im Sinne des Strafrechts einzustufen ist. Dies erfordert einen Körperkontakt im Rahmen dessen entweder eine sexuelle Handlung an dem Schutzbefohlenen vorgenommen wird oder der Täter eine solche von diesem an sich vornehmen lässt. Auch Handlungen an, vor oder von Dritten erfüllen das Tatbestandsmerkmal.

Erfasst sind nur Handlungen, die objektiv ausschließlich und eindeutig sexualbezogen sind. 

Achtung: Objektiv ambivalente, also gegebenenfalls auch nicht ohne Weiteres geschlechtsbezogene Handlungen erfordern hingegen zusätzlich die Absicht, eigene oder fremde Geschlechtslust zu erregen oder zu befriedigen. Diese Motivation (also innere Haltung) hingegen ist erstmal nachzuweisen - ein Grund, warum Beschuldigte ohne Anwalt besser schweigen! 

  • Wer z.B. in den Schritt eines Kindes greift, das er lediglich hochheben möchte oder das wegläuft und eingefangen wird, begeht z.B. eine solche ambivalente Handlung. Die sexuelle Motivation darf hier nicht einfach unterstellt werden. Wie und warum eine solche Situation zu einem Strafverfahren gegen Sie führen kann, erfahren Sie leider erst, wenn es soweit ist. Man packt sich manchmal an den Kopp, was Polizei und Staatsanwaltschaft zurechtstricken.   


Erheblichkeit der Handlung erforderlich

Die Handlung muss im strafrechtlichen Sinne erheblich sein. Grundsätzlich sind solche Handlungen erheblich, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung sind. Dazu müssen alle Umstände einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden. Bei Tatbeständen, die Kinder und Jugendliche schützen, können weniger strenge Maßstäbe anzulegen sein. 

  • Erhebliche Handlungen sind insbesondere Beischlaf, Betasten des Geschlechtsteils oder der Brüste. 
  • Nicht erheblich sind kurze und unbedeutende Berührungen wie beispielsweise das Streicheln der bekleideten Oberschenkel, Öffnen des Gürtels der Hose, eine flüchtige Berührung der Brust oder ein kurzzeitiger Kuss.    


Obhutsverhältnis zwischen Täter und Schutzbefohlenen § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB – Strafbarkeit von Pflegeeltern, Lehrern und Trainern

Als Täter kommen nur Personen in Frage, die zu der minderjährigen Person im Rahmen eines Obhutsverhältnisses stehen. Nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt ein Obhutsverhältnis vor, wenn eine Beziehung zwischen Täter und Opfer besteht, aus der sich für den Täter das Recht und die Pflicht ergibt, Erziehung, Ausbildung oder Lebensführung des Schutzbefohlenen und damit dessen geistige-sittliche Entwicklung zu überwachen und zu leiten.

Die minderjährige Person muss dem Täter aufgrund des Obhutsverhältnisses anvertraut sein. Dies liegt vor, wenn ein persönliches Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten besteht, welches dem Täter bewusst ist. Dies ist nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Beispiele sind unter anderem Pflegeeltern oder Lehrer. Lehrer sind in Bezug auf von ihnen selbst unterrichtete Schüler in der Regel Erzieher, denen eine Obhutspflicht obliegt. Bei nicht selbst unterrichteten Schülern muss im Einzelfall geprüft werden, ob ein Obhutsverhältnis vorliegt. In der Regel wird davon nicht auszugehen sein.

Ob ein Obhutsverhältnis zwischen der minderjährigen Person und einem Trainer besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Nur die Mitgliedschaft in einem Verein begründet noch kein Obhutsverhältnis zwischen dem jugendlichen Mitglied und den in der Vereinsarbeit tätigen Vorständen und Trainern. Im Einzelfall kann ein Obhutsverhältnis jedoch bei einer Tätigkeit als Trainer bestehen. Dafür bedarf es konkreter Umstände, welche im Gerichtsprozess näherer Darlegung bedürfen. Eine lediglich gelegentliche vertretungsweise Betreuung von den Jugendlichen genügt z.B. nicht.

Hier können sich für einen erfahren Strafverteidiger Ansatzpunkte zur Verteidigung ergeben, indem dieser zunächst prüft, inwiefern ein solches Obhutsverhältnis bestand. Dabei muss das Verhältnis, in welchem Sie zu dem vermeintlichen Opfer stehen, genau beleuchtet werden und beurteilt werden, inwiefern ein Über- und Unterordnungsverhältnis vorliegt.


Abhängigkeitsverhältnis § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Ausbildung und Arbeit

Strafbar ist ebenfalls die Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 18 Jahren, welche im Rahmen eines Ausbildungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist. Dabei muss die Abhängigkeit aus dem Verhältnis konkret missbraucht werden, um die sexuelle Handlung vorzunehmen. Dies erfordert eine Abhängigkeit des Schutzbefohlenen. Die Abhängigkeit muss sowohl dem Täter als auch dem Schutzbefohlenen bewusst sein. 

Die sexuelle Handlung muss aufgrund der Abhängigkeit erfolgen. Der Täter nutzt seine Macht und Überlegenheit zur Durchführung der sexuellen Handlung. Erfasst sind davon unmittelbar oder mittelbar Vorgesetzte, welche Weisungsbefugnis im Hinblick auf das Opfer haben. 

Achtung: Sollte die Initiative vor allem vom Schutzbefohlenen ausgehen, dann kann ein solcher Missbrauch des Abhängigkeitsverhältnisses fehlen.


Strafbarkeit gem. § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB – Eltern, Großeltern oder Stiefeltern

Gem. § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist es strafbar eine sexuelle Handlung an einer Person unter achtzehn Jahren vorzunehmen, welche sein leiblicher oder rechtlicher Abkömmling oder der seines Ehe- oder Lebenspartners ist. Auch Personen, die mit den Eltern in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft leben, werden erfasst. Eine Einwilligung in die sexuelle Handlung ist unwirksam.

Abkömmlinge sind alle in gerader absteigender Linie Verwandte. Darunter fallen Kinder, Enkel, Urenkel - folglich also solche, die vom Täter biologisch abstammen. Als rechtliche Abkömmlinge gelten durch Adoption angenommene Kinder. Sollte man rechtlich als Vater eingetragen sein oder die Vaterschaft anerkannt haben, obwohl man kein biologischer Vater ist (rechtlicher Vater), unterfällt man auch § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Eine Ehe- oder Lebenspartnerschaft ähnliche Gemeinschaft liegt vor, wenn eine auf Dauer angelegt Lebensgemeinschaft von zwei Personen, die keine weitere Gemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, besteht. Die Personen müssen füreinander gegenseitig Einstehen und damit über die Beziehung einer reinen Haushalts – und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Achtung: Darunter können auch Wochenendbeziehungen fallen. 

Dieser Tatbestand betrifft oftmals Stiefeltern oder Großeltern, welche verdächtigt werden an der minderjährigen Person eine sexuelle Handlung vorgenommen zu haben. Im Gegensatz zu den anderen Tatvarianten des § 174 StGB bedarf es hier keiner weiteren Voraussetzungen. Im Rahmen der Strafverteidigung ist es bei diesen Fälle demnach besonders wichtig zu ermitteln, inwiefern überhaupt eine sexuelle Handlung vorlag.


Versuch und Verjährung 

Schon der Versuch des Deliktes ist strafbar; § 174 Abs. 4 StGB. 

Die Verjährungszeit beträgt gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre. 

Wichtig ist jedoch, dass die Verjährung bei einem Delikt nach § 174 StGB bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Anzeigenerstatters ruht; § 78 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Erst danach beginnt die Verjährungsfrist von fünf Jahren zu laufen. 

In den Fälle des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann das Gericht gem. § 174 Abs. 5 StGB von der Strafe absehen, wenn das Unrecht der Tat gering ist. Dies kann oftmals nur erreicht werden, indem durch einen erfahrenen Strafverteidiger im Rahmen des Prozesses dargelegt wird, weshalb das Unrecht gering ist. Das Gericht hat dabei einen Entscheidungsspielraum, ob es von einer Bestrafung absieht.


Kein Strafverfahren ohne Strafverteidiger! 

Sollten Sie beschuldigt sein, einen Schutzbefohlenen sexuell missbraucht zu haben, dann wenden Sie sich umgehend an einen erfahrenen Strafverteidiger. Verkennen Sie nicht, wie hochgradig verfolgungseifernd Polizei und Staatsanwaltschaft sind, wenn erstmal jemand mit dem Finger auf Sie zeigt und "Kinderficker" ruft - da gerät man schnell mal zwischen die Räder, ohne sich je etwas bei einer bestimmten Handlung gedacht zu haben. Glauben Sie nicht, aus der Justiz wird sich jemand die Mühe machen, z.B. bei ambivalenten Handlungen die Rechtsprechung zu durchforsten, die Sie entlastet. Im Gegenteil! Aus jedem Erklärungsversuch Ihrerseits wird man Ihnen den Strick enger drehen. 

Wer schuldig ist, hat erst Recht ein Problem. 

Viele Anwälte, sogar manche Strafrechtsanwälte nehmen Fälle wie Ihren erst gar nicht an; egal ob schuldig oder nicht.  

Ihr Rechtsanwalt in Strafsachen wird Folgendes für Sie in Angriff nehmen. 

  • schnelle Akteneinsicht.
  • Prüfen, ob die vorgeworfene Handlung überhaupt stattgefunden hat. 
  • Prüfen, ob eine stattgefundene Handlung als eine sexuelle Handlung gewertet werden kann und falls ja: als solches zudem erheblich war. 
  • Stellungnahme wo nötig, schweigen wo möglich [die Verteidigungsstrategie also].
  • Vor allem aber hört Ihnen ein guter Anwalt geduldig zu und nimmt Ihre Seite der Geschichte zur Kenntnis.    

Die vermeintlichen und/oder tatsächlichen Opfer sind oftmals selbst anwaltlich vertreten - Zeit für Sie, es ebenso zu halten!  Heiko Urbanzyk verteidigt als Fachanwalt für Strafrecht im Kreis Coesfeld mit bundesweiter Erfahrung seit vielen Jahren die Beschuldigten von Sexualstraftaten. Wenden Sie sich vertrauensvoll hier per Nachricht oder über kanzlei@ra-urbanzyk.de an seine Kanzlei! 

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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