Welche Möglichkeiten gibt es im Jugendstrafrecht eine Haftstrafe vorzeitig zu beenden?

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Im Jugendstrafrecht gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie eine Haftstrafe vorzeitig beendet werden kann. Der Grundgedanke des Jugendstrafrechts ist, dass die Strafe erzieherischen Charakter haben soll. Daher gibt es mehrere Verfahren und Mechanismen, die eine vorzeitige Entlassung oder einen Frühvollzug der Strafe ermöglichen, wenn sich der Jugendliche entsprechend verhält und die Voraussetzungen für eine Entlassung erfüllt sind.


Möglichkeiten, wie eine Haft im Jugendstrafrecht vorzeitig beendet werden kann:


1. Bewährung

Eine vorzeitige Entlassung aus der Jugendstrafe kann durch die Gewährung von Bewährung erfolgen. Dies bedeutet, dass der Jugendliche nach Verbüßung eines Teils der Strafe unter bestimmten Bedingungen (z. B. regelmäßige Meldung bei der Bewährungshelferin oder dem Bewährungshelfer, keine Straftaten) auf freien Fuß gesetzt wird, ohne dass die gesamte Strafe verbüßt werden muss.

    •    Voraussetzungen: Die Schuld des Täters ist im Wesentlichen abgesessen, und es wird davon ausgegangen, dass keine Gefahr mehr besteht, dass er weitere Straftaten begeht. Auch die Erziehungsziele der Strafe gelten als weitgehend erreicht. Der Jugendliche muss eine positive Sozialprognose aufweisen.

    •    Frühzeitige Bewährung: Im Jugendstrafrecht kann die Strafvollstreckung nach der Hälfte der Strafe oder früher auf Bewährung ausgesetzt werden, wenn der Jugendliche sich in Haft gut führt und die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.


2. Gnadenrecht des Landes oder des Bundes

In seltenen Fällen kann eine Gnadenentscheidung dazu führen, dass die Haft vorzeitig beendet wird. Das Gnadenrecht wird in der Regel von der Landesregierung oder Bundesregierung ausgeübt und bezieht sich auf besondere Härtefälle oder wenn das Strafmaß als nicht mehr angemessen angesehen wird.

    •    Voraussetzungen: Für eine Gnadenentscheidung wird oft das Alter des Täters, die Dauer der Haft, seine Reue und die Aussicht auf ein straffreies Leben berücksichtigt.


3. Umwandlung der Jugendstrafe in eine mildere Maßnahme

Das Gericht kann entscheiden, dass eine Jugendstrafe in eine mildere Maßnahmeumgewandelt wird, wenn sich der Jugendliche während seiner Haft positiv entwickelt hat. Mögliche Alternativen sind:

    •    Erziehungsmaßregeln (wie Sozialstunden, Nachhilfe, Suchtberatung).

    •    Freiheitsstrafe auf Bewährung.


4. Verkürzung der Haft durch gute Führung

Wenn sich der Jugendliche während seiner Haftzeit positiv verhält, können die zuständigen Behörden die Haftdauer verkürzen. Eine gute Führung umfasst beispielsweise:

    •    Keine disziplinarischen Verstöße.

    •    Teilnahme an Bildungs- und Therapieprogrammen.

    •    Einsicht in das begangene Unrecht und Bereitschaft zur Wiedergutmachung.


Die Verkürzung der Haftzeit erfolgt jedoch auf Grundlage einer individuellen Prüfung der Fortschritte des Jugendlichen und seiner Erziehungsfähigkeit. In Deutschland sieht das Jugendstrafrecht vor, dass gute Führung in der Regel zu einer Reduzierung der Haftstrafe führen kann.


5. Erfüllung der Strafziele

Ein weiteres Kriterium für eine vorzeitige Entlassung ist, dass die Erziehungsziele der Strafe als erreicht angesehen werden. Dies bedeutet, dass die erzieherischen Maßnahmen, wie etwa die Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten oder das Erlernen von sozialem Verhalten, erfolgreich waren. In solchen Fällen kann die Jugendstrafvollstreckung entscheiden, den Jugendlichen vorzeitig zu entlassen, wenn keine Gefahr für die Allgemeinheit mehr besteht.


6. Therapeutische Maßnahmen und Haftunterbrechung

In einigen Fällen kann die Haft vorzeitig unterbrochen oder verschoben werden, wenn der Jugendliche psychische oder körperliche Gesundheitsprobleme hat, die eine Fortsetzung der Haft unmöglich machen. In solchen Fällen können therapeutische Maßnahmen wie eine Psychotherapie oder eine Heimunterbringung erwogen werden, wobei eine Haftunterbrechung in Betracht gezogen wird.


7. Rechtsgrundlagen

Die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die vorzeitige Beendigung der Haft im Jugendstrafrecht finden sich in:

    1.    § 38 JGG – Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung.

    2.    § 57 StVollzG – Vorzeitige Entlassung aus der Haft.

    3.    § 17 Abs. 2 JGG – Haftdauer und mögliche Bewährung nach der Hälfte der Strafe.

    4.    § 57 StGB – Strafaussetzung zur Bewährung, auch wenn er primär für Erwachsene gilt, aber auch für Jugendliche in bestimmten Fällen Anwendung finden kann.


Diese Gesetze bilden die Grundlage für die Entscheidung über eine mögliche vorzeitige Entlassung oder Bewährung von Jugendlichen, die eine Jugendstrafe verbüßen.


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