Werbung von Kapitalanlageunternehmen und Finanzdienstleistern – rechtliche Anforderungen und Risiken

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Kapitalanlageunternehmen und Finanzdienstleister unterliegen bei ihrer Werbung strengen rechtlichen Vorgaben. Werbung muss stets klar, eindeutig und nicht irreführend sein, Chancen und Risiken gleichwertig darstellen und mit den vorvertraglichen Unterlagen übereinstimmen. Inhalte auf Websites, in sozialen Medien und Influencer-Marketing zählen ebenfalls als Werbung und müssen die regulatorischen Anforderungen erfüllen. 

I. Einleitung

Kapitalanlageunternehmen und Finanzdienstleister stehen bei der Bewerbung ihrer Produkte unter strengen rechtlichen Vorgaben. Die regulatorischen Anforderungen dienen dem Schutz von Anlegern vor irreführender oder unangemessener Einflussnahme und werden sowohl durch europäische Verordnungen, nationale Gesetze, als auch durch Verwaltungspraxis und Rechtsprechung konkretisiert. Werbemaßnahmen, insbesondere in Online-Medien, müssen mit besonderer Sorgfalt gestaltet werden, um Verstöße gegen das Finanzdienstleistungsaufsichtsrecht, das Wertpapierhandelsrecht sowie das Lauterkeitsrecht zu vermeiden.


II. Rechtsgrundlagen für die Werbung von Kapitalanlageprodukten

1. Gesetzliche Anforderungen

Die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben finden sich in:

  • §§ 63 ff. WpHG (Wertpapierhandelsgesetz) – Kundeninformation und Wohlverhaltenspflichten,

  • Art. 44 ff. Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 – Konkretisierung von MiFID II,

  • §§ 5 ff. UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) – Irreführungsverbot in der Werbung,

  • Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 (PRIIP-VO) – bei verpackten Anlageprodukten,

  • § 306 KAGB – für Werbung von Investmentvermögen,

  • BaFin-Merkblätter, insbesondere:

    • „Hinweise zur Werbung und zu Informationsblättern nach der PRIIP-Verordnung“,

    • „Merkblatt zur Werbung von Kapitalverwaltungsgesellschaften“ (Stand: 2021).


III. Zulässige Werbeinhalte – Grundprinzipien

Werbung für Finanzprodukte muss stets:

  1. klar, eindeutig und nicht irreführend sein (Art. 24 Abs. 3 MiFID II, § 63 Abs. 6 Satz 1 WpHG),

  2. mit den Informationen im Prospekt oder KID übereinstimmen,

  3. Risiken gleichwertig darstellen wie Chancen (Fair-Balancing-Prinzip),

  4. keine Verharmlosung von Verlustmöglichkeiten enthalten,

  5. adressatengerecht gestaltet sein.


IV. Typische unzulässige Werbeaussagen

Die folgenden Aussagen sind besonders risikobehaftet:

AussageartProblem
„Sichere Geldanlage“Irreführend bei Risikoanlagen
„Garantierte Rendite“Verstoß gegen Aufklärungspflicht
„Erfolgreich seit über 20 Jahren“Vergangenheitsbezogen, ohne Aussagekraft für Zukunft
„Besser als Festgeld“Vergleich ohne Sachgrund ist unzulässig
„Steuerfrei“ oder „Steuervorteile“Unzulässig ohne konkrete steuerliche Angabe

V. Besondere Anforderungen bei bestimmten Produktarten

1. Alternative Investmentfonds (AIF) und Investmentvermögen

  • § 306 KAGB verlangt, dass Werbung ausdrücklich kenntlich gemacht wird.

  • Keine irreführenden Vergleiche mit Bankprodukten.

  • Keine Aussagen zur BaFin-Zulassung, die als Gütesiegel missverstanden werden könnten.

2. Verpackte Produkte (PRIIPs)

  • Werbung darf nur mit einem gültigen Key Information Document (KID) erfolgen.

  • Aussagen müssen mit dem KID übereinstimmen.

3. Kryptowerte und Crowdinvestments

  • Spezielle Vorschriften nach dem Finanzanlagenvermittlerrecht (§ 34f GewO) oder dem KryptoFAV (Kryptowerte-Finanzanlagenverordnung).

  • Pflicht zur deutlichen Risikohinweiseinbindung.


VI. Spezielle Werbeträger: Website, Social Media, Influencer

  • Auch Inhalte auf Websites oder Social Media gelten als Werbung.

  • Disclaimer und Risikohinweise müssen deutlich sichtbar sein.

  • Influencer-Marketing unterliegt identischen regulatorischen Anforderungen wie traditionelle Werbung.

  • Pflicht zur offenen Kennzeichnung („Werbung“, „Anzeige“) nach § 5a UWG.


VII. Rechtsfolgen bei Verstößen

Verstöße gegen die Werbevorschriften können erhebliche zivil-, aufsichts- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:

1. Verwaltungsrechtliche Folgen (BaFin)

  • Verwaltungsakte: Untersagung der Werbung, Rücknahme oder Widerruf der Zulassung (§ 37 KAGB, § 15 WpHG).

  • Bußgelder: Bis zu 500.000 € oder 10 % des Jahresumsatzes (§ 120 WpHG).

2. Zivilrechtliche Risiken

  • Anleger können bei irreführender Werbung Schadensersatz wegen Aufklärungspflichtverletzung (§ 280 BGB i.V.m. § 63 WpHG) verlangen.

  • Rückabwicklung oder Prospekthaftung kann drohen, wenn Werbung fehlerhafte Prospektangaben überlagert.

3. Lauterkeitsrechtliche Abmahnungen

  • Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände können bei Verstößen gegen das UWG Abmahnungen aussprechen oder Klage erheben.

  • Häufige Folge: Unterlassungserklärung, Vertragsstrafe, Prozesskosten.

4. Strafrechtliche Konsequenzen

  • Wer durch Werbung irreführend Kapital einwirbt, kann den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs (§ 264a StGB) erfüllen.

  • Auch § 15b WpHG (Verstoß gegen Publizitätspflichten) kann im Extremfall greifen.


VIII. Fazit und Handlungsempfehlung

Kapitalanlageunternehmen und Finanzdienstleister sollten ihre Werbemaßnahmen präventiv rechtskonform ausgestalten. Insbesondere ist sicherzustellen, dass:

  • alle Aussagen überprüfbar und korrekt sind,

  • Chancen und Risiken gleichgewichtig dargestellt werden,

  • die Werbung mit den vorvertraglichen Unterlagen übereinstimmt,

  • insbesondere Online-Inhalte regelmäßig aktualisiert und dokumentiert werden.

Eine rechtliche Vorabprüfung durch Fachjuristen ist bei jeder Kampagne empfehlenswert, da Verstöße nicht nur zu Geldbußen führen, sondern auch massive Haftungsrisiken gegenüber Anlegern auslösen können.


Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner der Kanzlei Klamert & Partner PartGmbB, München, berät und vertritt seit 2012 bundesweit Finanzdienstleister und Kapitalanlageunternehmen bei allen Fragen zu rechtssicherer und zulässiger Werbung. Er steht jetzt für eine erste Einschätzung zur Verfügung. 


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