Arbeitgeberhaftung in der bAV mit Direktversicherung und Pensionskasse und wie man sie vermindern kann

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1. Bespielhafte Haftungsprobleme in der bAV

1.1 Risiko der Pensionskassen


Die Berichte in der Presse über Pensionskassen in Schieflage, die Leistungen reduzieren und Arbeitgeberhaftung auslösen, werden immer häufiger.

Eine Vielzahl von Pensionskassen stehen unter besonderer Aufsicht der BaFin und im Vorfeld von Leistungsreduktionen unter Anwendung von § 314 VAG.

1.2. Abgeschaffte Beitragsgarantien und Leistungsreduktionen

Berichte, dass Beitragsgarantien nicht mehr möglich seien oder Leistungen unter Anwendung der Treuhänderklausel wie im Falle der Allianz reduziert werden, lassen immer mehr Arbeitgeber über Risiken in der bAV nachdenken.
Nachschüsse in rückgedeckte Unterstützungskassen, wie beispielsweise bei der Allianz, waren für viele Arbeitgeber, die glaubten mit gewissenhafter Abführung der monatlichen Beiträge an die Versicherungsgesellschaft alle Pflichten erfüllt zu haben, nicht vorstellbar.
(siehe meinen Rechtstipp zur Arbeitgeberhaftung)


1 3. Berufsunfähigkeitsabsicherung als häufig unterschätztes Problem in der bAV


Auch biometrische Risiken wie die Berufsunfähigkeitsabsicherung bieten eine Reihe von Arbeitgeberrisiken und sollte auch im Arbeitnehmerinteresse nicht in der betrieblichen Altersvorsorge abgedeckt werden.



1.4. Der Versicherungsvermittler als falscher Ansprechpartner in der betrieblichen Altersversorgung

Die Haftungsthemen sind vielfältig und immer mehr Arbeitgeber verstehen, dass der Versicherungsvertreter, Versicherungsvermittler, Versicherungsmakler oder Mehrfachagent der falsche Berater in der bAV ist.
Ursächlich dafür ist nicht nur ein häufig fehlendes Wissen über den Produktverkauf hinaus, sondern auch die fehlende und notwendige Rechtsberatungserlaubnis und der häufig bestehende Interessengegensatz zwischen den Vermittlerinteressen und den bestehenden Arbeitgeberinteressen nach Sicherheit und maximaler Haftungsminimierung.


Betriebliche Altersversorgung ist eben primär ein arbeitsrechtliches Thema und kein Vertriebsthema. In arbeitsrechtlichen Dokumenten, wie der Versorgungsordnung oder auch der Entgeltumwandlungsvereinbarung werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer definiert. Aufklärung und dokumentierte Hinweise sind hier von elementarer Bedeutung, um potentielle Ansprüche gegen den Arbeitgeber aus Falschberatung abzuwehren. Je klarer, desto sicherer. Der Abschluss einer Versicherung reicht für eine bAV-Beratung hier nicht aus.

2. Überprüfung von Versorgungswerken, Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds

In der anwaltlichen Praxis kommen häufig Anfragen mit der Bitte um Prüfung von Zusagen und Versorgungswerken in der Entgeltumwandlung.
Sicherlich macht es Sinn, Verträge zu überprüfen und die größten Probleme zu identifizieren.
Allerdings ist eine getätigte Zusage auch einzuhalten und zu erfüllen. Die sich aus der Feststellung ergebenden Probleme, dass eine Gesellschaft bereits in Schieflage ist oder aus dem Berufsunfähigkeitsversprechen Haftungsprobleme entstehen könnten, lassen sich zum Teil auch gar nicht lösen.
In einigen Fällen lassen sich Änderungen vornehmen oder ist es möglich, die Vertragsbeziehung mit einer (Versicherungs)Gesellschaft zu beenden. In vielen Fällen bleibt allerdings nur zu hoffen, dass alles gut geht und keine Ansprüche durch den Arbeitnehmer gestellt werden.

3. Neuausrichtung für die Zukunft

Ein notwendiger Schritt ist regelmäßig eine qualifizierte Neuausrichtung für die Zukunft.
Viele Unternehmer stellen sich hier die Frage, will man weiter im Versicherungsbereich bleiben oder die betriebliche Altersversorgung selbst in die Hand nehmen und als internes System gestalten. Ihre Liquiditätsauswirkungen oder auch den erforderlichen Zins für kostenneutrale Gestaltungen können Sie gerne mit unserem Unterstützungskassen Rechner ermitteln.

Für eine Entscheidung dienen hier Zielprämissen, auf deren Basis ein Unternehmer nach seinen Prioritäten eine Entscheidung für ein internes System wie die pauschaldotierte Unterstützungskasse oder die Direktzusage trifft oder eben eine versicherungsförmige Lösung wie Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds bevorzugt.

3.1 Zukünftige Ausrichtung mit Direktversicherung und Co.

Soweit ein Unternehmer, aus welchen Gründen auch immer, sich für eine versicherungsförmige Lösung entscheidet, sollte die Entscheidung arbeitsrechtlich professionell umgesetzt werden.
Der häufig bestehende Wildwuchs im Unternehmen sollte auf diesen einen Durchführungsweg begrenzt werden.
Im nächsten Schritt sollte eine Versorgungsordnung formuliert werden, die die Spielregeln klar und eindeutig festlegt. Alle Zweifelsfragen sollten hier geregelt werden und alle denkbaren Situationen vom Mutterschutz bis zur Langzeiterkrankung und Scheidung klar geregelt werden.
Aufklärungen und Dokumente wie die Entgeltumwandlung sind so zu gestalten, dass keine Ansprüche aus Pflichtverletzungen oder mangelnder Aufklärung erfolgreich gestellt werden können.
Ein Versicherungsmakler, der ebenfalks im Interesse des Unternehmens arbeitet, sollte dann eine Gesellschaft aussuchen, die qualitätsmäßig im Spitzenbereich liegt und die Versorgungsordnung durch einen entsprechenden Tarif umsetzen.

3.2 Versicherungsfreies Konzept der bAV

Entscheidet sich der Arbeitgeber für ein versicherungsfreies Konzept wie Direktzusage oder pauschaldotierte Unterstützungskasse, ist zunächst zwischen diesen beiden Durchführungswegen eine Entscheidung zu treffen.

Im nächsten Schritt wird man die Eckpunkte festlegen und Zusagezins sowie Arbeitgeberzuschuss bestimmen und berechnen, welche Auswirkungen dies jeweils für den Arbeitgeber hat.

Generell kann man sagen, dass aus verschiedenen Gründen ein niedriger Zins und höherer Zuschuss einem hohen Zins und niedrigem Zuschuss vorzuziehen ist. Der Zuschuss des Arbeitgebers kann auch von der Position oder Betriebszugehörigkeit des jeweiligen Mitarbeiters abhängig gemacht werden, je nach personalpolitischer Zielsetzung.
Erste Anhaltspunkte für die Auswirkungen können durch den kostenlosen bAV-Rechner bzw. Liquiditätsrechner des Bundesverbands pauschaldotierte Unterstützungskassen gewonnen werden.
Nach der Entscheidung über die Ausgestaltung erfolgt eine qualifizierte Hochrechnung aller relevanten Auswirkungen auf das Unternehmen und die Berechnung eines Break-Even-Zinses bei Kostenneutralität.
Das beabsichtigte Konzept wird dann anwaltlich in einer Versorgungsordnung und allen weiteren Dokumenten umgesetzt.

Die Beratung der Mitarbeiter erfolgt analog in einer Betriebsversammlung und Einzelgesprächen oder digital.

Interne Lösungen sind vor allem dann interessant, wenn Mitarbeiterbindung und Fachkräftegewinnung im Vordergrund stehen und der Unternehmer Einsatzmöglichkeiten für die gewonnene Liquidität hat, sei es durch Kontokorrent- oder Darlehenstilgung, die Anlage in Investition und Wachstum oder eben breit gestreut und sachwertorientiert im Kapitalmarkt. Auch hier sollte sich der Unternehmer vorstellen können, dass professionelle Vermögensverwalter langfristig und sachwertorientiert die zugesagten und erforderlichen 1% bis 2 %, die für eine Kostenneutralität erforderlich sind, auch erreichen. Auch die Liquiditätsreserven, die sich hier aufbauen, sind betriebswirtschaftlich von erheblichem Wert.

3.3. Auswirkung einer internen Lösung auf die Arbeitgeberhaftung.

- Klare Kapitalzusagen statt Rente sind in jedem Zeitpunkt transparent und exakt planbar und kalkulierbar, ohne jede Überraschung.
- Der Unternehmer ist nicht mehr abhängig von Investments der Versicherungen, deren Grundlagen und Details er nicht einmal kennt.
-Arbeitnehmer stellen regelmäßig ihre versicherungsförmigen Lösungen beitragsfrei, für den Arbeitgeber verschwinden durch diese Änderung damit automatisch Risiken. Auch bei schlechtem Verlauf der Versicherung ist die Gesamtleistung regelmäßig höher als die ursprünglich mit der Versicherung zugesagte, so dass Reduzierungen de facto nicht mehr relevant sind (siehe: https://www.anwalt.de/rechtstipps/direktversicherung-stilllegen-ja-oder-nein_181564.html).
- Vorteile bei der Stellenanzeige und im Vorstellungsgespräch sowie bei der Mitarbeitetbindung sind durch ein eigenes internes Versorgungskonzept signifikant.

4. Empfehlung und Fazit

Unabhängig davon, wie eine unternehmerische Entscheidung ausfällt, ein bestehendes und gewachsenes System auf den Prüfstand zu stellen und systematisch und professionell auszurichten, ist vor dem Hintergrund einer Arbeitgeberhaftung folgendes immer wichtig:
Je aufgeklärter Arbeitnehmer sind und werden, desto häufiger werden von diesen auch Ansprüche gegen den Arbeitgeber gestellt, die sich aus Fehlern des Arbeitegbers, die von Arbeitnehmern aufgedeckt werden, ergeben.

Gerne stehen wir Ihnen für ein unverbindliches Erstgespräch zur Verfügung.


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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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