Arbeitsunfall wegen Kindergarten

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Man kann sich im Leben leider nicht alles aussuchen. Unfälle lassen sich nicht planen. Wer bringt das Kind in den Kindergarten? Derjenige, der anschließend noch ins Büro fährt. Arbeitnehmer sind auf den unmittelbaren Wegen zum Arbeitsplatz und zurück versichert. Gleichfalls versichert sind Arbeitnehmer auf "Umwegen", die dazu dienen, auf diesen Wegen das Kind in die Betreuung oder in die Schule zu bringen.

Das Bundessozialgericht hat – leider – entschieden, dass der Weg zum Kindergarten nicht im Rahmen der Unfallversicherung versichert ist, wenn man das Kind in die Kinderbetreuung gibt und im Homeoffice arbeitet. Es fehlt an einem versicherten Weg (BSG; Aktenzeichen B 2 U 19/18 R).

Ausgangsfall:

"Die bei der Klägerin gesetzlich krankenversicherte Beigeladene arbeitete bei ihrem Arbeitgeber im Rahmen des Teleworkings von zu Hause aus. Am 27.11.2013 verließ sie morgens zusammen mit ihrer 2008 geborenen Tochter ihre Wohnung, um diese mit dem Fahrrad zum Kindergarten zu bringen. Auf dem Rückweg vom Kindergarten nach Hause, wo sie im Rahmen des Teleworkings arbeiten wollte, stürzte sie bei Glatteis mit dem Fahrrad und brach das rechte Ellenbogengelenk."

In diesem Fall klagte nicht die Arbeitnehmerin, sondern die Krankenkasse. Das ist eine Besonderheit aus folgendem Grund: Man kann überlegen, ob die sehr formelle Auslegung des BSG mit Art 6 des Grundgesetzes vereinbar ist. Das BSG musste sich damit nicht beschäftigen, da diese Rechte nicht Gegenstand des Erstattungsstreits zwischen Krankenkasse und Unfallversicherung sein können. Die Auslegung orientiert sich am Wortlaut des Gesetzes und stellt darauf ab, dass ohne Arbeitsweg kein Versicherungsschutz für den Weg zum Kindergarten gegeben ist. Das dürfte etwas eng sein. Hintergrund der Fahrt zum Kindergarten ist nicht das private Interesse, sondern die Möglichkeit überhaupt auszuüben. Sollten Sie also eine entsprechende Konstellation und viel Zeit und Geduld haben: einen Versuch wäre es wert. 

"Bereits aus dem Wortlaut der Norm folgt, dass es sich bei den dort genannten Verrichtungen nicht um von der Zurücklegung versicherter Wege nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII losgelöste Tätigkeiten handelt. Vielmehr muss von einem versicherten Weg, der hier aber gerade nicht vorliegt, zu dem Zweck, Kinder in fremde Obhut zu geben, abgewichen werden. Für eine Rechtsfortbildung zugunsten der Klägerin im Wege des Analogieschlusses fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke in § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst a) SGB VII. Es ist davon auszugehen, dass die Regelung vom Gesetzgeber im Jahre 1971 bewusst und abschließend getroffen wurde, was auch durch die unveränderte Übernahme der Norm bei der Eingliederung der RVO in das SGB VII bestätigt wird. Zwar mag die Möglichkeit, in einem "Homeoffice" zu arbeiten, ein in den 70er Jahren noch nicht so verbreitetes Phänomen gewesen sein."

"Eigentlich wollte ich ja dann noch ins Büro fahren und meinen Lieblingsfüller holen." Vielleicht wäre das noch ein Ansatz gewesen. 


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