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Betriebsübergang: Welche Folgen hat ein Widerspruch für Arbeitnehmer?

  • 6 Minuten Lesezeit
Betriebsübergang: Welche Folgen hat ein Widerspruch für Arbeitnehmer?

Die Mitteilung eines bevorstehenden Betriebsübergangs schockt im ersten Moment viele Arbeitnehmer. Sie machen sich Sorgen, wie sich die veränderte Situation auf ihr Arbeitsverhältnis auswirken wird und ob der neue Inhaber möglicherweise sogar Stellen streicht. Zunächst einmal sollten Arbeitnehmer aber Ruhe bewahren und keine vorschnellen Entscheidungen treffen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Folgen ein Betriebsübergang für Sie als Arbeitnehmer haben kann und was passiert, wenn Sie dagegen Widerspruch einlegen. 

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Was ist ein Betriebsübergang?

Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht (§ 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Gründe für den Inhaberwechsel können sein: 

  • Unternehmensverkauf 

  • Umstrukturierung 

  • Fusionierung 

  • Ausgliederung von Abteilungen  

  • Schenkung 

Nach der bisherigen Rechtsprechung wurde der Gesetzestext zur Frage, wann genau ein Betriebsübergang vorliegt, folgendermaßen ausgelegt: Normalerweise geht man von einem Betriebsübergang aus, wenn der neue Inhaber sachliche Betriebsmittel (z. B. Räumlichkeiten Büroeinrichtung, Maschinen) oder auch immaterielle Betriebsmittel wie etwa Patente übernimmt.  

Zu einem Betriebsübergang kommt es nicht, wenn der neue Inhaber lediglich Unternehmensanteile erwirbt, zum Beispiel in Form von Aktien. Hier bleibt das Unternehmen unverändert derselbe Arbeitgeber. Arbeitnehmer sind jedoch, sofern es anwendbar ist, durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt, wenn es zum Abbau von Arbeitsplätzen oder Änderung von Arbeitsverträgen kommen sollte. 

Können sich Arbeitnehmer gegen einen Betriebsübergang wehren?

Zunächst einmal vollzieht sich ein Betriebsübergang nicht von einem Tag auf den anderen. Der Arbeitgeber ist vielmehr verpflichtet, seine Angestellten in Textform, über den geplanten Betriebsübergang in Kenntnis zu setzen. Was der Textform entspricht, bestimmt § 126b BGB. Eine Benachrichtigung beispielsweise per E-Mail ist danach ausreichend. Die Mitteilung muss folgende Informationen enthalten: 

  • (geplanter) Zeitpunkt des Übergangs 

  • Grund des Betriebsübergangs 

  • rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen für das Arbeitsverhältnis 

  • voraussichtliche Maßnahmen, die im Hinblick auf die Arbeitnehmer des Betriebs geplant sind 

Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber muss jeden Arbeitnehmer umfassend und in für Laien verständlicher Sprache über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen des Betriebsübergangs und über mögliche Änderungen informieren. Das Schreiben muss außerdem über die einmonatige Frist in Kenntnis setzen, innerhalb derer Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprechen können. Die Frist beginnt mit Zugang des Informationsschreibens. 

Auch Auszubildende oder Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vorübergehend ruht (z. B. während der Elternzeit), dürfen Widerspruch einlegen. Lediglich für das Unternehmen tätige freie Mitarbeiter und Selbstständige haben kein Widerspruchsrecht, da sie keine Arbeitnehmer sind.

Wichtig: Enthält das Informationsschreiben nicht alle erforderlichen Angaben oder findet sich darin kein Hinweis auf die einmonatige Widerrufsfrist, wurden die Arbeitnehmer nicht wirksam über den Betriebsübergang in Kenntnis gesetzt. Folglich beginnt auch die Widerrufsfrist von einem Monat nicht zu laufen. Arbeitnehmer können stattdessen noch lange nach einem fehlerhaften Mitteilungsschreiben Widerspruch einlegen.

Da die Informationspflichten beim Betriebsübergang komplex sind, ist diese besonders anfällig für Fehler. Daher lohnt es sich für betroffene Beschäftigte hier genau hinzuschauen beziehungsweise diese überprüfen zu lassen.

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Betriebsübergang: Was passiert mit meinem Arbeitsverhältnis?

Die gute Nachricht für Arbeitnehmer: Arbeitsverhältnisse, die mit dem ehemaligen Inhaber geschlossen wurden, gehen mit ihren vertraglich geregelten Rechten und Pflichten bei einem Betriebsübergang auf den neuen Inhaber über. Sie werden also in derselben Form fortgesetzt, in der sie zum Zeitpunkt des Übergangs mit dem bisherigen Arbeitgeber bestanden haben. Da der Arbeitnehmer im selben Betrieb angestellt bleibt, muss bei einem Inhaberwechsel auch kein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werden.  

Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen bestehen ebenfalls fort. Der neue Arbeitgeber ist daran gebunden und darf sie nicht vor Ablauf eines Jahres nach der Übernahme zum Nachteil der Arbeitnehmer ändern. Enthalten Arbeitsverträge jedoch eine dynamische Verweisungsklausel, dann gilt ab dem Übergang der Tarifvertrag des neuen Inhabers. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer zur gleichen Gewerkschaft gehört.  

Hinweis für Arbeitgeber: Bei einer Betriebsübergabe geben Sie Ihre Rechte aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen ab und haften – bis zu einem Jahr nach der Übergabe – gesamtschuldnerisch mit dem neuen Inhaber nur noch für Verpflichtungen, die bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs entstanden sind (§ 613 a II BGB).  

Kündigung wegen Betriebsübergang ist unwirksam

Ein Betriebsübergang bedeutet also nicht, dass das bisherige Arbeitsverhältnis beendet wird. Arbeitnehmer sind stattdessen sogar in besonderem Maße geschützt: Alter und neuer Betriebsinhaber dürfen ihnen nicht „wegen eines Betriebsübergangs“ kündigen. Eine Kündigung aus diesem Grund ist unwirksam (§ 613a Abs. 4 BGB). 

Eine Kündigung aus betrieblichen Gründen bleibt jedoch auch nach dem Betriebsübergang weiterhin möglich. Fallen infolge von Umstrukturierungen Stellen weg oder sind durch Eingliederungsmaßnahmen mehr Mitarbeiter als nötig in einer Abteilung, kann der Arbeitgeber seinen Angestellten immer noch betriebsbedingt kündigen. Bei einer Sozialauswahl, die zwischen miteinander vergleichbaren Arbeitnehmern stattfindet, müssen „alte“ und „neue“ Mitarbeiter gleichbehandelt werden.  

Sie haben eine betriebsbedingte Kündigung erhalten? Dann wenden Sie sich umgehend an einen Anwalt für Arbeitsrecht. Er prüft, ob die Kündigung wirksam war oder ob eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat. Holen Sie sich jetzt (bundesweite) Unterstützung von einem Anwalt für Arbeitsrecht! 

Betriebsübergang: Was bringt ein Widerspruch?

Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB gehen die Arbeitsverhältnisse automatisch auf den Erwerber des Betriebes über. Da der Arbeitnehmer aber nicht verpflichtet werden kann, für einen anderen Arbeitgeber zu arbeiten, kann er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen. Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang fristgemäß, besteht sein Arbeitsverhältnis beim ehemaligen Inhaber fort und geht nicht auf den Erwerber des Betriebes über. 

Der Widerspruch muss in Schriftform erfolgen und ist – eigenhändig unterschrieben – an den derzeitigen Arbeitgeber oder an den Betriebserwerber zu richten. Der Arbeitnehmer muss keine Gründe für den Widerspruch angeben. 

Wer einen Widerspruch erwägt, sollte sich im Klaren darüber sein, dass der alte Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis unter Umständen nicht fortführen kann oder will. Wird der gesamte Betrieb und nicht nur ein Betriebsteil übergeben, fallen Arbeitsplätze meist ganz weg. In diesem Fall müssen widersprechende Arbeitnehmer dann mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen. Arbeitnehmer sollten also vor einem Widerspruch prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung beim bisherigen Betriebsinhaber überhaupt möglich ist.  

Treffen Sie die richtige Entscheidung und holen Sie sich Rat bei einem Anwalt für Arbeitsrecht, bevor Sie Widerspruch einlegen. Mit unserer Suche finden Sie schnell den richtigen Anwalt! 

Arbeitszeugnis bei Betriebsübergang?

Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, wenn Ihr Arbeitsverhältnis endet. Daneben können Sie aus wichtigem Grund auch im laufenden Arbeitsverhältnis ein Zwischenzeugnis beantragen, z. B. wegen  

  • Beförderung oder Weiterbildung 

  • Bewerbung auf eine andere Stelle 

  • Versetzung oder Wechsel der Abteilung 

  • Elternzeit 

Einen Betriebsübergang dürfen Sie ebenfalls zum Anlass nehmen, um ein Zwischenzeugnis von Ihrem Arbeitgeber anzufordern. 

Kündigungsschutzklage bei Widerspruch erfolglos

Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang, geht sein Arbeitsverhältnis nicht auf den Erwerber des Betriebes über. Dementsprechend kann, mangels seiner Eigenschaft als Arbeitgeber, auch kein Kündigungsschutzprozess mehr geführt werden.  

Im konkreten Fall war eine Frau in einem Unternehmen als Reinigungskraft beschäftigt. Nach einem Betriebsübergang wurde der Frau gekündigt, woraufhin sie bei Gericht eine Kündigungsschutzklage einreichte. Das Arbeitsgericht wies die Klage jedoch ab. Danach widersprach sie dem Betriebsübergang nach § 613a VI BGB, hielt aber mit der Berufung gegen das Urteil an der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung fest. 

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg als Berufungsgericht wies die Klage jedoch ebenfalls ab. Wenn dem Betriebsübergang widersprochen werde, sei die Rechtsfolge, dass das Arbeitsverhältnis zu keinem Zeitpunkt auf den Erwerber des Betriebes übergehe. Mit dem Widerspruch erkläre die Frau somit, dass zwischen ihr und dem neuen Betriebsinhaber kein Arbeitsverhältnis bestehe. Dies wiederum habe aber zur Folge, dass das nicht existierende Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch eine Kündigung beendet oder durch eine Kündigungsschutzklage fortgesetzt werden könne (LAG Nürnberg, Urteil v. 05.10.2011, Az.: 2 Sa 765/10). 

(THH) 

Foto(s): ©Adobe Stock/bnenin

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