Einbürgerung in Berlin

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Update: 12. März 2024 

Zum 1. Januar 2024 ist die Zuständigkeit für die Einbürgerung im Land Berlin von den Bezirken auf eine zentrale Einbürgerungsbehörde beim Landesamt für Einwanderung (LEA), Abteilung S, übergegangen. Was bedeutet dies für neue Anträge und sog. Altfälle? Wo kann anwaltliche Unterstützung sinnvoll sein?


Das neue Antragsverfahren beim LEA

Neue Einbürgerungsanträge sollen beim LEA bevorzugt digital gestellt werden. Hierzu gibt es einen Online-Antrag, der auch durch Vertreter und Rechtsanwälte im Namen des Antragstellers gestellt werden kann. Der Gebührenvorschuss muss per Kreditkarte oder PayPal eingezahlt werden.

Bei Beratungsbedarf wird es an Stelle der früher von den bezirklichen Einbürgerungsstellen vergebenen sog. „obligatorischen Erstberatungsgesprächen“ nunmehr einen online verfügbaren Quick-Check geben. Wo das Gesetz Spielräume lässt, vereinfacht das LEA das Verfahren und verlangt weniger Nachweise und Originaldokumente als die früheren bezirklichen Behörden. Insbesondere sind häufig keine legalisierten Geburtsurkunden mehr notwendig. Zudem wurde das Personal gegenüber den früheren bezirklichen Einbürgerungsämtern erhöht. Allerdings sind noch immer nicht alle Stellen besetzt. 

Die Bearbeitungszeiten werden sich dennoch nicht schnell positiv entwickeln und dürften auch mittelfristig bei mindestens 1 ½ Jahren liegen. Mit Beginn des Jahres 2024 hat das LEA bereits 40.000 noch offene Einbürgerungsanträge aus den Berliner Bezirken übernommen. Dies entspricht in etwa einem Bearbeitungsrückstand von min. vier Jahren nach der bisherigen Bearbeitungszeit der bezirklichen Einbürgerungsbehörden. Das Landesamt für Einwanderung möchte zukünftig etwa 20.000 Einbürgerungsanträge im Jahr abschließen. 

Die ältesten unbearbeiteten Anträge stammen aktuell aus dem Jahr 2018. Zudem wurden bereits bis Mitte Februar über 5000 neue Anträge beim LEA gestellt. Überdies dürfte das neue Staatsangehörigkeitsrecht (kürzere Voraufenthaltszeiten, generelle Hinnahme vom Mehrstaatigkeit) schon bald zu einem starken Anstieg an neuen Einbürgerungsanträgen führen. Es ist daher allein für das Jahr 2024 mit bis zu 50.000 neuen Anträgen zu rechnen. 


Was passiert mit den Altfällen?

In den letzten Monaten waren die bezirklichen Einbürgerungsbehörden vor allem mit der Vorbereitung des Zuständigkeitswechsels beschäftigt und haben kaum noch Anträge bearbeitet und Einbürgerungen vorgenommen. Dabei wurden alle offenen Einbürgerungsanträge zu einem externen Dienstleister gesendet und dort digitalisiert, da das LEA nur noch mit digitalen Akten arbeitet. Noch sind allerdings nicht aller Akten digitalisiert.  Das LEA erreichen noch immer 300-400 neu digitalisierte Akten pro Tag. Viele Akten aus den ehemaligen bezirklichen Einbürgerungsbehörden liegen dem LEA daher noch immer nicht zur Entscheidung vor. 

Nicht in allen Fällen wurden die Antragsteller über die Abgabe der Akten an das LEA gesondert informiert.

Die alten Anträge werden beim LEA parallel zu den neuen Anträgen bearbeitet. Einen Vorrang der Altfälle gibt es damit nicht. Noch offen ist, ob Verfahrensschritte beim LEA wiederholt werden müssen, z.B. Urkunden und Dokumente erneut vorgelegt werden müssen. Grundsätzlich wird dies aber der Fall sein, wenn Kopien von Mietverträgen, Verdienstnachweisen und Pässen älter als 6 Monate sind.  

Auch wird zunächst nicht automatisch ein neues Aktenzeichen durch das LEA vergeben und übersandt. Solange sich das LEA nicht an die Antragsteller wendet, sollen diese daher vorerst keine Unterlagen o.ä. übersenden. Ob sich dies mit der rechtlichen Mitwirkungspflicht der Antragsteller im Einbürgerungsverfahren in Einklang bringen lässt, ist zweifelhaft.

Kontakt zu den Sachbearbeitern ist zunächst nur per Post, über Kontaktformulare oder das besondere elektronische Anwaltspostfach möglich. Sachstandsanfragen zu offenen Einbürgerungsanträgen will das LEA dabei vorerst nicht beantworten, um sich auf die Bearbeitung der offenen Anträge zu konzentrieren.

Es besteht für Altfälle auch die Möglichkeit, einen neuen Antrag über das Online-Formular zu stellen. Allerdings wird dann die Einbürgerungsgebühr erneut fällig. Was die Stellung eines neuen Antrags für den bereits laufenden Antrag bedeutet, ist noch weitestgehend ungeklärt. Keinesfalls sollte daher leichtfertig der Weg eines neuen Online-Antrag gewählt werden. 


Letzte Option: Untätigkeitsklage?

Grundsätzlich kann nach über drei Monaten Bearbeitungszeit vor dem Verwaltungsgericht eine Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO angestrengt werden. Allerdings besteht hier Unsicherheit, ab welchem Zeitpunkt durch die Staatsangehörigkeitsbehörde tatsächlich „ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden“ ist. Hierzu können kaum allgemeingültige Angaben gemacht werden. Vielmehr ist auf die Besonderheiten des Einzelfalls abzustellen.

Häufig macht die Staatsangehörigkeitsbehörde geltend, dass ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung vorliege.  Wichtig - die massenhafte Inanspruchnahme einer Behörde sowie allgemeine Überlastung können allerdings nur dann ein zureichender Grund sein, wenn dies nicht auf organisatorisch vermeidbare Bearbeitungsengpässe und permanente Unterbesetzung zurückzuführen ist. 

Jedenfalls bei einer Wartezeit von über 10 Monaten wird regelmäßig zu vermuten sein, dass die Behörde die Verzögerung zu vertreten hat (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25.07.1997 - 4 KK 611/97 = NVwZ-RR 1997, 768). Dies hat zuletzt auch das OVG Bautzen bestätigt (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Februar 2023 – 3 E 2/23). Wie das Berliner Verwaltungsgericht angesichts der neu eingeführten zentralen Einbürgerungsbehörde mit den jahrelangen Wartezeiten umgehen wird, bleibt abzuwarten.

Auf Grund der hohen potentiellen Kosten einer Klage ist eine anwaltliche Beratung und Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angeraten.




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