Untätigkeitsklage gegen Einbürgerungsbehörde

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Auch wenn die Bearbeitung eines Einbürgerungsantrags statistisch nur ungefähr 6 Stunden in Anspruch nimmt, sind Wartezeiten von 2-3 Jahren zwischen Antragsstellung und Einbürgerung in Deutschland leider keine Seltenheit. Allein im Land Berlin stapeln sich z.B. beim Landesamt für Einwanderung rund 45.000 Einbürgerungsanträge. Das neue Staatsangehörigkeitsgesetz 2024 erweitert den Kreis der Anspruchsberechtigten nun zusätzlich und wird daher kurz- und mittelfristig zu mehr Einbürgerungsanträgen führen. Sollten die Staatsangehörigkeitsbehörden nicht mehr Personal zum Einsatz bringen, dürften die Wartezeiten weiter anwachsen. Betroffenen, die auf die deutsche Staatsbürgerschaft dringend angewiesen sind, bleibt dann nur noch der Weg zum Verwaltungsgericht.

Hier kann eine Untätigkeitsklage für Abhilfe sorgen und die Behörde zu einer schnelleren Entscheidung zwingen.

Voraussetzungen der Untätigkeitsklage

Gem. § 75 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Regelmäßig muss dabei wenigstens eine Sperrfrist von drei Monaten abgewartet werden, § 75 S. 2 VwGO.

Eine weitere Voraussetzung ist die Begründetheit der Klage im Übrigen. Wer eine Einbürgerung begehrt, muss die Voraussetzungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes erfüllen. Bevor eine Untätigkeitsklage eingelegt wird, sollte dies gründlich geprüft werden.

Zureichender Grund für die Verzögerung?

Nach Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 75 S. 2 VwGO konzentriert sich die verwaltungsgerichtliche Auseinandersetzung regelmäßig auf die Frage, ob die Behörde einen zureichenden Grund hatte, (noch) nicht zu entscheiden.

Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. So können besonders komplexe Einbürgerungsverfahren mit erheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten ein längere Entscheidungsfrist rechtfertigen. Bei der Beurteilung spielt auch eine Rolle, ob der Antragsteller dringender als andere Antragsteller auf die Einbürgerung angewiesen ist. Dies ist regelmäßig bei unverhältnismäßigen Nachteilen und besonderen Härten der Fall. Sofern Sie z.B. Beamter werden wollen oder aus privaten oder beruflichen Gründen ins Ausland reisen müssen, kann das lange Warten auf die Einbürgerung für Sie einen besonderen Nachteil darstellen.

Häufig versucht die Behörde die lange Entscheidungsfrist bei Einbürgerungen mit ihrer Überlastung zu entschuldigen.

Zwar kann die massenhafte Inanspruchnahme und Überlastung der Behörden ein zureichender Grund für eine verzögerte Entscheidung sein. Allerdings kann dies nicht für organisatorisch vermeidbare Bearbeitungsengpässe und permanente Unterbesetzung gelten (Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 2. November 2023 – 2 E 123/23). Gerade bei den Einbürgerungsbehörden liegt aber nicht nur eine punktuelle Überlastung, z.B. bedingt durch eine unerwartete Vielzahl an Einbürgerungsanträgen oder einen außergewöhnlich hohen Krankenstand vor. Es handelt es sich um lange bekannte strukturelle Kapazitätsmängel, die wider besseres Wissen auch über einen langen Zeitraum nicht zu einer Personalaufstockung führten. Insbesondere die steigenden Antragszahlen syrischer Staatsbürger waren erwartbar und dürfen die Einbürgerungsbehörden nicht unvorbereitet treffen (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. Februar 2023 – 3 E 2/23). Desto länger die Verfahren dauern, desto schwerer sind die langen Wartezeiten durch die Einbürgerungsbehörden zu rechtfertigen.

In diesen Fällen stellt die Überlastung der Behörde keinen zureichenden Grund für eine Verzögerung dar. Das Gericht wird dann der Untätigkeitsklage stattgeben. 

Folgen der Untätigkeitsklage

Häufig wird das Verwaltungsgericht die Einbürgerungsbehörde anhören, anschließen eine letzte „Gnadenfrist“ setzen und das verwaltungsgerichtliche Verfahren so lange aussetzen, § 75 S. 3 VwGO. Bürgert die Behörde dennoch nicht in der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist ein, wird das Verwaltungsgericht die Behörde zur Vornahme der Einbürgerung verurteilen.

Und wenn die Behörde später doch noch die Einbürgerung vornimmt?

Sollte die Einbürgerungsbehörde während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den Antrag auf Einbürgerung ablehnen, ist die Klage umzustellen. Gegenstand der Klage ist dann nicht mehr die Untätigkeit der Behörde, sondern die Ablehnungsentscheidung. Es handelt sich dann um eine normale verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Ablehnung des Einbürgerungsantrags.

Häufig führt eine Untätigkeitsklage aber dazu, dass der Fall des Antragstellers behördenintern eine höhere Priorität bekommt. Viele Einbürgerungsbehörden wollen sich vom Verwaltungsgericht nicht wegen „Untätigkeit“ verurteilen lassen und bringen das Verfahren schnell zu Abschluss, indem die begehrte Einbürgerung erfolgt. Der Antragsteller ist dann vor der eigentlichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bereits am Ziel.

In diesen Fällen muss der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklären. Das Verwaltungsgericht entscheidet dann nur noch darüber, wer die bisher entstanden Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten + Anwaltsgebühren) zu tragen hat. War die Einbürgerungsbehörde vor der Einbürgerung hinreichend lange untätig, wird das Gericht ihr auch die Kosten auferlegen. Denn die Einbürgerungsbehörde hat durch ihre Untätigkeit das Verfahren verursacht und muss daher auch für die entstanden Kosten des Antragstellers einstehen. Häufig erklärt die Einbürgerungsbehörde daher ohne weiteres die Kostenübernahme.

Wenn Sie eine Untätigkeitsklage in ihrem Einbürgerungsverfahren erwägen, sollten sie ihre rechtliche Situation umfassend durch einen spezialisierten Anwalt klären lassen. Vereinbaren Sie gerne ein Erstgespräch – wir beraten und vertreten Sie bei Untätigkeitsklagen im Staatsangehörigkeitsrecht bundesweit.



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