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Kempten – Einheitlicher Gerichtsstandort für Soldaten im Auslandseinsatz

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
[image]In Afghanistan, im Kosovo, in der Türkei an der Grenze zu Syrien, am Horn von Afrika und nun auch als Ausbilder in Mali: Das sind nur einige der derzeitigen Einsatzorte der Bundeswehr im Ausland. Ende März waren 6646 Soldatinnen und Soldaten bei den Missionen im Ausland eingesetzt. Rechtliche Probleme bleiben aufgrund der oft schwierigen Verhältnisse vor Ort verständlicherweise nicht aus.

Effizienterer und schnellerer Verfahrensablauf erhofft

Wird einem Bundeswehrsoldaten eine Straftat im Ausland vorgeworfen, gilt nach dem Wehrstrafgesetz (WStG) grundsätzlich deutsches Strafrecht. Gerichtsstand für das Verfahren war bisher der Standort des Soldaten bzw. dessen inländischer Wohnsitz, an den das Verfahren meist abgegeben wurde. Ein Prozess konnte somit zivile Gerichte und Staatsanwaltschaften von Flensburg bis Garmisch bzw. von Aachen bis Frankfurt/Oder beschäftigen. Die Tatbeteiligung von Soldaten verschiedener Einheiten konnte die Arbeit zusätzlich erschweren. Denn so konnte ein Verfahren mehrere Staatsanwaltschaften beschäftigen. Solche Schwierigkeiten soll nun eine Konzentration der Gerichtsbarkeit an einem Ort vermeiden. Mit Stimmen der Regierungsparteien wurde letztes Jahr ein entsprechendes Gesetz für einen bundeseinheitlichen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung beschlossen.

Seit April 2013 ist Kempten Gerichtsstandort für Straftaten, deren Begehung Bundeswehrsoldaten im Ausland vorgeworfen wird. Die in Kempten bereits bestehende Schwerpunktstaatsanwaltschaft ist nun für Fälle aus dem ganzen Bundesgebiet zuständig. Zuvor war sie im Freistaat nur für der bayerischen Justiz zugewiesene Verfahren gedacht. Laut Bundesjustizministerium seien die dort tätigen Personen mit militärischen Abläufen und Ermittlungen im Ausland besser vertraut. Das sorge für effiziente und schnellere Verfahren.

Kritik kommt von verschiedenen Seiten

Der Deutsche Richterbund (DRB) kritisiert wie der Deutsche Anwaltsverein (DAV) jedoch zum einen, dass die Zahl der Verfahren den Aufwand nicht rechtfertige. 2011 waren es gerade 26 einschlägige Ermittlungsverfahren. Zudem fördere die Konzentration auf einen Gerichtsort leicht eine einseitige Rechtsprechung. Die Richter hätten zwar besondere militärische Erfahrungen. Durch die fehlende Nähe zum Wohnort eines Beschuldigten mangele es aber an persönlichen Kenntnissen über dessen jeweilige örtliche Lebensumstände. Die spielten für die Urteilsfindung aber ebenfalls eine wichtige Rolle.

Der Richterbund befürchtet zudem eine Umgehung des Art. 96 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG). Dieser regelt die Wehrgerichtsbarkeit. Wehrstrafgerichte - umgangssprachlich Militärgerichte - dürfen nur im Verteidigungsfall und über ins Ausland entsandte Angehörige der Streitkräfte oder solche an Bord von Kriegsschiffen urteilen. Die spezielle Zuweisung an einen bestimmten Gerichtsort, wie jetzt erfolgt, ist davon jedoch nicht umfasst.

Andere Kritiker befürchten zudem die Schaffung einer Sondergerichtsbarkeit. Aufgrund der geschichtlichen Erfahrungen ist bei dem Thema jedenfalls Vorsicht angebracht. Seit dem Zweiten Weltkrieg existierten in Deutschland jedenfalls keine Militärgerichte mehr.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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