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Lieferverzug: Ihre Rechte, wenn der Händler nicht liefert (inkl. Muster zur Abmahnung)

  • 5 Minuten Lesezeit

Experten-Autor dieses Themas

Viele von uns kennen das: Man wartet freudig auf das neue Sofa, die neuen Küchenschränke oder auf andere bestellte Waren, doch die Lieferung lässt immer wieder auf sich warten. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern kann auch weitere Unannehmlichkeiten nach sich ziehen. Termine mit Monteuren müssen beispielsweise verschoben oder abgesagt werden oder der eigens dafür beantragte Urlaub erfüllt seinen Zweck nicht mehr. Doch welche Rechte haben Sie nun bei einem Lieferverzug? Das ist in § 286 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. 

Lieferverzug mit und ohne fest vereinbartem Liefertermin

Wichtig zu wissen: Um seine Rechte als Käufer geltend zu machen, muss die Lieferung fällig sein. Das bedeutet, dass der Käufer Anspruch auf die Lieferung hat und sie rechtlich einfordern kann – der Händler muss sich in Verzug befinden. Dabei ist zu unterscheiden, dass die Fälligkeit mit oder ohne Mahnung eintreten kann. 

Lieferverzug mit Termin

Wurde für die Lieferung ein kalendarisch bestimmbarer Zeitpunkt vereinbart (Fixtermin) und die Zustellung bleibt aus, befindet sich der Händler damit automatisch in Verzug. Kalendarisch bestimmbar ist zum Beispiel: „5. Januar 2023“ oder „7 Tage nach Bestellbestätigung“. Hier muss die Lieferung also zu einem im Kalender bestimmbaren Termin erfolgen. Auch „Lieferung im Februar 2023“ ist ein fester Termin, die Lieferung muss innerhalb des Monats Februar erfolgen. Nach Ablauf des fest vereinbarten Lieferzeitpunktes befindet sich der Händler also schon ohne Mahnung in Verzug. 

Lieferverzug ohne festen Termin

Wurde kein kalendarisch bestimmbarer Zeitpunkt für die Lieferung vereinbart, dann gerät der Händler erst in Verzug, wenn Sie ihn anmahnen. Das ist bei Formulierungen wie „Lieferung ab Januar 2023“ der Fall – hier könnte auch im Februar, im Mai oder im August geliefert werden. Auch die Bezeichnung „Lieferung so schnell wie möglich“ lässt viel Gestaltungsspielraum. Hier werden also nur ungefähre Lieferzeiträume genannt. Dabei die Fälligkeit zu bestimmen, ist um einiges komplizierter. Der Käufer muss nochmals mit dem Händler in Verbindung treten und einen neuen Termin vereinbaren. Erst wenn ein dritter Termin verstrichen ist, setzt der Verzug ein. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass ein genauer Lieferzeitpunkt im Kaufvertrag steht. 

Lieferverzug anmahnen: Musterbrief



Emma Mustermann  
Musterweg 1
12345 Musterstadt  

-Anschrift des Händlers- 


Musterstadt, Datum 


Mahnung wegen Lieferverzug 

Bestellnummer: … 

Bestellt am: … 

Liefertermin: … 


Sehr geehrte Damen und Herren,  

am … (Datum) bestellte ich … (Artikel). Dies bestätigten Sie mir unter der Bestellnummer … am … per E-Mail.  

Die Lieferung sollte bis … (Datum) erfolgen. Dies erfolgte jedoch bis heute nicht. Mit diesem Schreiben setze ich Sie gemäß § 286 BGB in Verzug. Als angemessene Frist zur Lieferung sehe ich den ... (Datum). Sollte bis dahin keine Lieferung erfolgen, behalte ich mir weitere rechtliche Schritte vor. Daraus entstehende Kosten werden Ihnen gegenüber als „Verzugsschaden“ geltend gemacht.  

Mit freundlichen Grüßen  
Emma Mustermann



Schadensersatz bei Lieferverzug

Ist der Händler in Verzug, liegt dadurch gemäß § 280 Abs. 2 BGB eine Pflichtverletzung des Händlers vor. Danach kann der Käufer vom Händler Ersatz des tatsächlich entstandenen materiellen Schadens verlangen. Voraussetzung ist, dass Sie dem Händler eine angemessene Nachfrist gesetzt haben und auch diese erfolglos verstrichen ist (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Ihnen dadurch entstandene Schaden muss nachweislich finanzieller Art sein, er muss erforderlich und zweckmäßig sein und Sie müssen ihn belegen können. Außer für die erste Mahnung gelten während des Verzuges auftretende Kosten (beispielsweise Portokosten für Einschreiben mit Rückschein) als Verzugsschaden. Selbst Ihre Anwaltskosten sind grundsätzlich ersatzpflichtig. Auch ein entgangener Gewinn wegen eines verlorenen Auftrags ist ein typischer Verzugsschaden. 

Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Lieferverzug

Im 2. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist das „Recht der Schuldverhältnisse“ geregelt. In § 323 Abs. 1 heißt es: 

„Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.“ 

§ 346 BGB Abs. 1 behandelt die Wirkung des Rücktritts und besagt: 

„Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.“

Auch hier ist es also wichtig, dass die Lieferung fällig ist – wir erinnern uns: Lieferverzug mit oder ohne festen Termin – und die Nachfrist zur Lieferung vom Händler nicht eingehalten wurde. Wenn Sie den Kaufpreis schon voll oder teilweise bezahlt haben, muss der Händler diesen zurückerstatten und ggf. seine Waren wieder abholen. Der Kaufvertrag wird aufgelöst. Auch bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag können eventuelle Schadensersatzansprüche trotzdem geltend gemacht werden. 

Ist bei Lieferverzug eine Preisminderung möglich?

Bei einem Lieferverzug besteht grundsätzlich kein Recht auf eine Preisminderung, denn die Minderung des Kaufpreises gehört zu den sogenannten Gewährleistungsansprüchen (§§ 437, 441 BGB). Diese können aber erst dann entstehen, wenn eine Kaufsache mangelhaft ist. Da jedoch noch gar nicht geliefert wurde, kann ein Mangel an der Sache und damit die Minderung des Kaufpreises bei einem Lieferverzug nicht geltend gemacht werden. Es gibt Händler, die bieten wegen der Verzögerungen bei der Lieferung freiwillig und aus Kulanz eine Entschädigung in Form einer Preisminderung an. Was sich nett anhört, hat aber einen Haken: Akzeptieren Sie diese, kann das den Schadensersatzanspruch aufheben. 

Lieferverzug bei Streik

Bei Störungen im Betrieb des Händlers, Verkäufers oder Herstellers, beispielsweise Störungen im EDV-Bereich, Ausfall von Maschinen, aber auch Streik, handelt der Händler nicht schuldhaft. Deshalb gerät er bei verzögerter Lieferung durch eine Betriebsstörung grundsätzlich auch nicht in Verzug. Vielmehr verlängert sich in der Regel die Frist um die Zeit des Umstandes/der Störung. Dauerte der Streik eine Woche, so müssen Sie dem Händler eine Woche mehr Zeit für die Lieferung einräumen. Meist finden sich in den AGB (allgemeine Geschäftsbedingungen) Ihres Kaufvertrages auch gesonderte Klauseln und Regelungen zur Leistungspflicht/Lieferung in Ausnahmefällen. Auch in § 286 BGB Abs. 4 werden die zusätzlichen Voraussetzungen für einen Verzug genannt:

„Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.“ 

Lieferverzug bei höherer Gewalt

Von „höherer Gewalt“ spricht man bei einem Ereignis, das von außen kommt – also keine Betriebsstörung darstellt – und auch durch größte Sorgfalt nicht verhindert werden konnte. Das sind etwa elementare Naturkräfte.  

Die Corona-Pandemie ist „höhere Gewalt“: Das besagt das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 25. September 2020, 3 O 261/20. In der Urteilsbegründung heißt es dazu unter anderem: 

„Die Corona-Pandemie und ihre Folgen stellen ein von außen kommendes, betriebsfremdes Ereignis dar. Weil es eine Pandemie solchen Ausmaßes noch nie gegeben hat, war diese für den Einzelnen auch unvorhersehbar.“

Durch den Konflikt in der Ukraine kommt es ebenfalls immer noch zu vielen Lieferengpässen. Viele Händler berufen sich dann auf höhere Gewalt. Ob dem tatsächlich so ist, muss der Händler für den Einzelfall jedoch nachweisen. Ein allgemeiner Verweis auf die Pandemie oder den Ukraine-Konflikt reicht dafür nicht aus. 

In jedem Fall kann bei Neuanschaffungen eine großzügigere Zeitplanung nicht schaden. Um es mit den Worten von Wilhelm Busch zu sagen: „Ausdauer wird früher oder später belohnt – meistens aber später.“ In diesem Sinne: Bleiben Sie geduldig!

Foto(s): ©Adobe Stock/bobex73

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