Vorstellungsgespräch: Welche Fragen sind erlaubt?
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Bis ein Arbeitgeber den passenden Mitarbeiter gefunden hat, kann einige Zeit ins Land gehen. Denn nachdem die Stelle ausgeschrieben wurde, melden sich zunächst viele Bewerber, die man in einem ersten Schritt erst einmal „aussieben" muss. Übrig bleibt meist eine kleine Anzahl von Arbeitsuchenden, die für die Stelle geeignet erscheint. Um die letzten Zweifel auszuräumen oder seine Meinung über die Kandidaten zu bestätigen, werden diese in einem weiteren Schritt zu mindestens einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Doch welche Fragen darf man als Arbeitgeber stellen, welche nicht?
Frage zu Stärken bzw. Schwächen
Fragen nach Stärken oder Schwächen des Bewerbers sind zulässig. Der Arbeitgeber will hier in erster Linie nicht unbedingt wissen, ob der Arbeitsuchende ein Morgenmuffel ist. Wichtig ist vielmehr, wie die Frage beantwortet wird: zu selbstsicher oder zu nervös. Der potenzielle Arbeitgeber kann so erkennen, wie der Bewerber mit Stresssituationen umgehen kann.
Frage nach Krankheiten
Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, zu wissen, ob der Bewerber gesundheitlich in der Lage ist, die ausgeschriebene Tätigkeit auszuüben. Hätte eine Krankheit des Kandidaten also Auswirkungen auf den normalen Betriebsablauf oder besteht eine Ansteckungsgefahr für Kollegen oder Kunden, ist eine Frage nach Krankheiten zulässig, z. B. im Gesundheitswesen oder beim Umgang mit Lebensmitteln. Dagegen darf er sich nicht erkundigen, wie oft der Arbeitsuchende krank war oder woran er gelitten hat, wenn keinerlei Bezug zwischen der Tätigkeit und der Krankheit hergestellt werden kann. Derartige Fragen sind somit unzulässig.
Frage nach einer (Schwer-)Behinderung
Grundsätzlich sind die Fragen nach einer Behinderung bzw. Schwerbehinderung unzulässig. So schreibt etwa § 81 II SGB IX (Sozialgesetzbuch IX) vor, dass Schwerbehinderte nicht benachteiligt werden dürfen. Auch das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) verbietet unter anderem eine Diskriminierung (schwer-) behinderter Menschen. Dagegen ist eine Frage nach einer (Schwer-)Behinderung zulässig, wenn ihretwegen die ausgeschriebene Tätigkeit nicht vertragsgemäß ausgeübt werden könnte. Problematisch ist die Frage aber, wenn sie der Arbeitgeber stellt, weil er seiner Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach § 71 SGB IX nachkommen möchte. Doch auch hier ist wohl ein Fragerecht abzulehnen; dasselbe gilt für eine Nachforschungspflicht des potenziellen Chefs, ob der Bewerber behindert ist oder nicht. Er kann die Frage nach einer Behinderung aber stellen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits sechs Monate bestanden hat (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.2.2012, Az.: 6 AZR 553/10).
Frage nach einer Schwangerschaft
Der potenzielle Arbeitgeber darf eine Bewerberin nicht fragen, ob sie schwanger ist. Das gilt übrigens auch für eine schwangere Schwangerschaftsvertretung (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil v. 11.10.2012, Az.: 6 Sa 641/12). Ansonsten läge nämlich eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts vor, vgl. § 3 I 2 AGG. Selbst die Frage, wie die Familienplanung der Frau aussieht, ist unzulässig. Auch hier würde sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden. Denn dann könnte es passieren, dass der Chef die Frau nicht einstellt, weil sie schwanger ist oder darüber nachdenkt, ein Kind zu bekommen. Dementsprechend sind auch Fragen zur aktuellen Lebenssituation oder der Lebensplanung allgemein ebenso wenig erlaubt wie z. B. die Frage, wer sich um die (kranken) Kinder kümmert, wenn die Bewerberin arbeitet.
Frage nach dem bisherigen Gehalt
Nach dem bisherigen Gehalt darf nicht gefragt werden. Schließlich schwächt eine entsprechende Frage die Möglichkeiten des Arbeitsuchenden, mit dem potenziellen Chef über die Höhe des Lohns zu verhandeln. Lässt das Gehalt aber Rückschlüsse auf die Qualifikationen des Bewerbers zu - weil etwa auf Provisionsbasis gearbeitet wird -, kann die Frage nach der Höhe des bisherigen Lohns zulässig sein. Übrigens: Nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers darf auch nicht gefragt werden.
Frage nach Vorstrafen
Fragen nach Vorstrafen sind in der Regel unzulässig. Anderes gilt nur, wenn sie in das polizeiliche Führungszeugnis aufzunehmen sind und mit der Tätigkeit, die der Bewerber ausüben möchte, im Zusammenhang stehen. Wird beispielsweise ein Verkäufer gesucht, so darf der potenzielle Chef fragen, ob der Bewerber wegen eines Vermögensdeliktes - wie einem Diebstahl - verurteilt wurde oder ob ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft. Dagegen ist eine Frage nach einem abgeschlossenen Ermittlungsverfahren, bei dem der Arbeitssuchende nicht verurteilt wurde, wiederum unzulässig (Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 15.11.2012, Az.: 6 AZR 339/11).
Sonstige Fragen
Fragen nach der sexuellen Orientierung, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, Rasse, ethnischen Herkunft, Gewerkschaftszugehörigkeit oder dem Alter sind grundsätzlich unzulässig.
Reaktionsmöglichkeiten des Bewerbers
War die Frage unzulässig, muss der Bewerber nicht antworten. Da dies aber wahrscheinlich vom Arbeitgeber negativ bewertet wird, steht dem Arbeitsuchenden das sog. Recht auf Lüge zu; das bedeutet, er darf die Frage absichtlich falsch beantworten. Lügt der Bewerber jedoch, obwohl die Frage zulässig war, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis anfechten, sobald er von der Täuschung erfährt. Voraussetzung ist aber, dass das Arbeitsverhältnis gerade aufgrund der Lüge zustande gekommen ist, z. B. weil der Bewerber bei seinem Lebenslauf oder den beruflichen Qualifikationen geschwindelt hat.
Informationsrecht des (Neu-)Arbeitgebers
Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens ist nicht nur das Vorstellungsgespräch selbst eine Informationsquelle für den potenziellen Arbeitgeber. Häufig erkundigt er sich auch beim derzeitigen bzw. früheren Chef über die Führung und Leistung des Bewerbers. Das darf er bei einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zwischen dem bisherigen Arbeitgeber und dem Bewerber aber nur mit dessen vorheriger Zustimmung. Schließlich wird der bisherige Chef wohl erst zu diesem Zeitpunkt von der Wechselabsicht seines Mitarbeiters erfahren, weshalb die Gefahr besteht, dass sich der bisherige Arbeitgeber mit einem schlechten Zeugnis oder einer negativen Auskunft am Beschäftigten „rächt". War das Arbeitsverhältnis aber zur Zeit des Bewerbungsverfahrens bereits beendet, kann der potenzielle Arbeitgeber auch ohne Einwilligung des Bewerbers beim früheren Chef Auskünfte einholen, sofern er ein berechtigtes Interesse daran hat.
(VOI)
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