§ 68 StGB: Was bedeutet Führungsaufsicht?

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Maßregel der Besserung und Sicherung – Kontrolle nach der Haft

Nicht jede Strafvollstreckung endet mit der Entlassung aus der Haftanstalt. Das Gericht kann sogenannte Maßregeln der Besserung und Sicherung anordnen – und dazu zählt auch die Führungsaufsicht nach § 68 StGB. Anders als bei der Sicherungsverwahrung bedeutet Führungsaufsicht keine weitere Inhaftierung – wohl aber eine intensive staatliche Kontrolle der Lebensführung.

Führungsaufsicht soll helfen, Rückfälle zu verhindern – sie ist aber zugleich ein gravierender Grundrechtseingriff.



Der „68er"

Ständige Kontrolle nach der Haft – was bedeutet Führungsaufsicht praktisch?

Führungsaufsicht tritt in der Praxis häufig dort auf, wo eine besondere Gefährlichkeit angenommen wird – etwa nach Verurteilungen wegen schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten, aber auch bei Rückfalltätern im Bereich der Betäubungsmittel- oder Eigentumsdelikte.

Führungsaufsicht beginnt entweder automatisch mit der Entlassung, etwa bei einer Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung einer langen Haftstrafe (§ 68f Abs. 1 StGB) – oder wird durch Urteil oder Gerichtsbeschluss angeordnet. Auch im Anschluss an eine Maßregel wie die Sicherungsverwahrung kann Führungsaufsicht angeordnet werden – und unter Umständen zeitlich unbegrenzt fortdauern.


Typische Auflagen und Weisungen der Führungsaufsicht

In der Führungsaufsicht steht nicht mehr die Strafe im Vordergrund, sondern die Verhinderung weiterer Straftaten durch Kontrolle, Strukturierung und Nachsorge. Die Auflagen und Weisungen können dabei massiv in die Freiheitsrechte eingreifen:

✅ Meldepflicht bei der Polizei oder Bewährungshilfe

✅ Verbot bestimmter Kontakte oder Aufenthaltsorte – etwa kein Kontakt zu früheren Tatopfern oder kein Aufenthalt in bestimmten Stadtteilen.

✅ Verbot des Alkoholkonsums oder Aufenthaltsverbot in Lokalen

✅ Anordnung einer Therapie oder psychiatrischen Behandlung

✅ Wohnsitznahme an einem bestimmten Ort oder Genehmigungspflicht bei Umzügen

In besonders eingriffsintensiven Fällen kann sogar eine elektronische Fußfessel (elektronische Aufenthaltsüberwachung) angeordnet werden – etwa bei Rückfallgefahr im Sexualstrafrecht.


Ein Fall aus der Praxis: Was Betroffene erleben

Ein Mann wird wegen wiederholter Sexualstraftaten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Nach Jahren wird die Maßregel ausgesetzt – er darf die Justizvollzugsanstalt verlassen. Doch draußen wartet nicht die Freiheit: Er muss sich jede Woche bei der Polizei melden, darf bestimmte Orte nicht betreten, steht unter Alkoholkontrolle und lebt in einer zugewiesenen Wohnung unter ständiger Aufsicht. Jede Abweichung von den Weisungen kann zu einer erneuten Inhaftierung führen.

Führungsaufsicht bedeutet oft: Freiheit auf Bewährung – aber ohne Bewährungsfrist.


Wie lange dauert Führungsaufsicht?

Die gesetzliche Höchstdauer beträgt grundsätzlich fünf Jahre (§ 68c StGB) – sie kann aber bei besonderer Gefährlichkeit durch das Gericht immer wieder verlängert werden. In Fällen mit erheblicher Rückfallgefahr, etwa bei Sexualdelikten, ist auch eine lebenslange Führungsaufsicht möglich.


Was tun, wenn Führungsaufsicht droht oder bereits läuft?

Wer unter Führungsaufsicht steht, befindet sich in einem rechtlichen Graubereich zwischen Freiheit und Kontrolle. Viele Betroffene empfinden die Auflagen als belastend, entwürdigend oder überzogen – und fragen sich: Kann man sich wehren?

Als erfahrene Strafverteidigerin verteidige ich bundesweit Menschen, gegen die Führungsaufsicht angeordnet wurde – oder denen dies droht. Dabei biete ich:

  1. Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen
    Nicht jede Tat rechtfertigt die Führungsaufsicht. Ich prüfe, ob die Voraussetzungen im konkreten Einzelfall vorliegen – auch im Hinblick auf Verhältnismäßigkeit und Prognose.

  2. Anfechtung überzogener Weisungen
    Viele Weisungen können rechtlich überprüft und angepasst werden. Ich setze mich dafür ein, dass Ihre Freiheitsrechte gewahrt bleiben und keine unnötig belastenden Auflagen bestehen bleiben.

  3. Begleitung während der Führungsaufsicht
    Auch im laufenden Verfahren kann ich beratend und strategisch tätig werden – etwa durch Anträge auf Aufhebung oder Verkürzung der Führungsaufsicht.

  4. Verteidigung bei drohender Verlängerung
    Wird die Führungsaufsicht verlängert, prüfe ich für Sie die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs – ggf. auch mit eigenen Sachverständigengutachten.




Fazit: Führungsaufsicht bedeutet Freiheit unter Vorbehalt – mit hohem Kontrollniveau. Wer sich nicht beugt, riskiert eine erneute Inhaftierung. Wer sich wehren will, braucht eine durchsetzungsstarke Verteidigung.

Ich stehe für eine Strafverteidigung, die strategisch klug, juristisch präzise und psychologisch sensibel ist.


Wenn Sie oder ein Angehöriger betroffen sind: Kontaktieren Sie mich gern für eine kostenlose Ersteinschätzung.

Foto(s): https://www.dbh-online.de/fuehrungsaufsicht

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