9 Fragen zum italienischen Schadenersatzrecht

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1) Was sind die gesetzlichen Rahmen (Rechtsquellen) betreffend der Rechte eines Geschädigten im Falle des Todes einer nahestehenden Person?

Artikel 2043 ital. BGB Schadenersatz wegen einer unerlaubten Handlung: Jedwede vorsätzliche oder fahrlässige Handlung, die einem anderen einen rechtswidrigen Schaden zufügt, verpflichtet denjenigen, der sie begangen hat, den Schaden zu ersetzen.

Artikel 2056 ital. BGB (Bewertung des Schadens): „Der dem Geschädigten zustehende Schadenersatz ist nach den Bestimmungen der Artikel 1223 ital. BGB (Schadenersatz: Der Schadenersatz wegen Nichterfüllung oder wegen Verspätung muss sowohl den vom Gläubiger erlittenen Verlust wie auch den entgangenen Gewinn umfassen, soweit diese deren unmittelbare und direkte Folge sind), Artikel 1226 ital. BGB (Schadensbewertung nach Billigkeit: Kann der Schaden nicht in seiner genauen Höhe nachgewiesen werden, so wird er vom Gericht nach Billigkeit bestimmt) und Artikel 1227 ital. BGB (Mitverschulden des Gläubiger: Hat zur Verursachung des Schadens ein schuldhaftes Verhalten des Gläubigers beigetragen, so wird der Ersatz nach der Schwere des Verschuldens und dem Umfang der daraus entstandenen Folgen gemindert. Kein Ersatz wird für Schäden geschuldet, die der Gläubiger bei Anwendung der gewöhnlichen Sorgfalt hätte vermeiden können.) zu berechnen.“

2) Wie hoch ist das Limit der Versicherungssumme und was ist die Rechtsquelle?

Der Artikel 128 Versicherungsgesetz (Dlgs. 209/2005) legt in seiner aktuellen Version (letzte Änderung mit Gesetz 12.05.15 Nr. 74 die Mindestsummen fest: – für Sachschäden € 1.000.000,00 für Personenschäden € 5.000.000,00. Diese Beträge müssen jede 5 Jahre, also das nächste Mal 2017 angepasst werden, wobei die Anpassung in € 10.000,00-Schritten zu erfolgen hat.

3) Was ist der Höchstbetrag für das seelische Schmerzensgeld im Falle des Todes einer nahestehenden Person? Bestehen unterschiedliche Kriterien?

Bei der Bewertung des nicht vermögensrechtlichen Schadens für den Verlust eines Anverwandten kommt es auf den Verwandtschaftsgrad und das Naheverhältnis zum Todesopfer an. Je enger die Bindung zum Opfer, desto höher die Entschädigungssumme. Es finden hier die Richtwerte der Tabellen des Landesgerichtes Mailand ihre Anwendung (Stand 2014):

  • Für jedes Elternteil für den Tod eines Kindes von € 163.990,00 bis € 327.990,00
  • Für jedes Kind für den Tod eines Elternteils von 163.990 bis 327.990;
  • Für den Ehegatten für den Tod des Partners von € 163.990 bis € 327.990;
  • Für den Tod eines Geschwisterteils von € 23.740,00 bis € 142.420,00
  • Für den Großvater für den Tod eines Enkels von € 23.740,00 bis € 142.420,00

4) Hat ein außerehelicher Lebensgefährte das Recht auf Schadenersatz wegen des Todes einer nahestehenden Person und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

Der Lebensabschnittspartner hat ebenfalls das Recht auf Erstattung des nicht vermögensrechtlichen Schadens, vorausgesetzter kann ein dauerhaftes, eheähnliches Zusammenleben mit dem Todesopfer beweisen. Die Lebenspartnerschaft ist jetzt auch gesetzlich durch das Gesetz 76/2016 geregelt. Partner können ihr Verhältnis mittel vertrag regeln.

5) Wer wird als näherer Angehöriger betrachtet? Sind das auch die Geschwister bzw. eventuell auch Enkelkinder, Großeltern?

Ehepartner/Lebensabschnittspartner, Großeltern, Geschwister und Kinder, so wie im Zivilkodex als Pflichterbteilsberechtigte vorgesehen.

6) Hat der Geschädigte Recht auf Unterhaltszahlungen oder Hilfen des ehelichen bzw. außerehelichen Partners, Kinder oder Eltern und wie diese Beträge bestimmt werden?

Ja, aber dieser Schaden kann nicht pauschal berechnet werden, sondern ich muss den tatsächlichen vermögensrechtlichen Schaden, der dem Geschädigten erwächst, beweisen.

7) Hat der Geschädigte Recht auf Erstattung materieller Auslagen im Falle des Todes einer nahestehenden Person (z. B. Beerdigungskosten, Leichenmahl, Grabstätte u. Denkmal) und bei welcher Summe liegt der Durchschnitt des Entschädigungsbetrags für diese Schadensposition?

Auch hier gilt wie oben: Grundsätzlich hat der Geschädigte das Recht auf Schadenersatz, muss diesen belegen und vor allem muss er den Schaden so gering wie möglich halten nach dem Prinzip des guten Familienvaters gemäß Art. 1176 ital. ZGB.

8) Wie lange dauert im Durchschnitt das Gerichtsverfahren in der 1. Instanz, sofern die Forderungen dem Grunde nach bestritten werden?

Leider kann die Dauer eines Gerichtsverfahrens nicht allgemein voranschlagt werden. Man muss bedenken, dass in Italien ein schriftlicher Prozess stattfindet, das heißt im Laufe eines Verfahrens müssen dem Gericht mindestens 6 Schriftsätze vorgelegt werden. Zwischen Zustellung der Klage und der Erstverhandlung vor dem Landesgericht muss ein Zeitraum von mindestens 90 Tagen liegen.

Dem Gericht müssen in der Folge 3 Schriftsätze (Erwiderung, Beweis und Gegenbeweis) vorgelegt werden und zwischen den einzelnen Schriftsätzen muss wiederum ein Zeitraum von zusammengerechnet 80 Tagen liegen.

Zwischen der Schlussverhandlung und dem Schlussschriftsatz muss ein Zeitraum von weiteren 60 Tagen liegen. Weitere 20 Tage später kann erst der Erwiderungsschriftsatz dem Gericht vorgelegt werden und der Richter hat dann weitere 60 Tage Zeit, um sein Urteil zu fällen. Sie sehen, dass schon allein ohne Beweisaufnahme die Zivilprozessordnung fast 1 Jahr Leerlaufzeit vorsieht. Zusätzlich kommt die chronische Überbelastung der Richter hinzu, sodass es durchaus möglich ist, dass ein Verfahren in Italien mehr als 5 Jahre in der ersten Instanz dauert.

9) Gibt es irgendwelche Besonderheiten des italienischen Schadenersatzrechtes, die nennenswert sind?

Bei der Berechnung des nicht vermögensrechtlichen Schadens aber auch des vermögensrechtlichen Schadens ist äußerste Vorsicht geboten, da es für die Höhe der Entschädigung sehr auf die vorgelegten Beweise ankommt. Je ausführlicher und genauer die Dokumentenlage vor allem für den vermögensrechtlichen Schaden ist, desto besser kann die Forderung durchgebracht werden.

Achtung bei der Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Verkehrsrecht. Diese beträgt in Italien 2 Jahre und kann nur mittels Einschreiben mit Rückantwort oder Klage unterbrochen werden. Bei Körperschäden oder Tod kann auch die längere Verjährungsfrist aus dem Strafrecht dem Unfallverursacher vorgehalten werden.



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