Aldi gegen "Calvin Klein" - keine Erschöpfung der Marke bei Imageschädigung

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Im Rechtsstreit zwischen Aldi und dem Coty Konzern bezüglich des Verkaufs von „Calvin Klein“ und „JOOP“ Parfums in einer Aldi-Süd Filiale wurde der markenrechtliche Erschöpfungsgrundsatz und dessen Ausnahmen kritisch untersucht. Das OLG Düsseldorf entschied letztlich, dass die spezifische Präsentation der Parfums in der Aldi-Filiale das Luxus- und Prestigeimage der Marken beeinträchtigte. Die Parfums, die über ein selektives Vertriebssystem vermarktet werden, nahmen durch ihre Platzierung neben anderen Produkten in Glasvitrinen und „Wühlkisten“ Schaden in ihrer exklusiven Wahrnehmung. Obwohl die Waren einer mittleren Preiskategorie angehörten, erkannte das Gericht an, dass ihnen aufgrund ihrer Vertriebsweise ein gewisses Luxusimage zukommt. Die Richter stellten fest, dass diese Art der Präsentation den Ruf der Marken negativ beeinflusste, womit ein berechtigter Grund i.S.d. Art. 15 II UMV für eine Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz vorlag. Das Urteil betont die Bedeutung einer angemessenen Warenpräsentation und wirft gleichzeitig Licht auf den breiten Interpretationsspielraum hinsichtlich des „berechtigten Grundes“ für eine Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz, insbesondere bei Waren mit einem Luxus- und Prestigecharakter.

Aldi gegen "Calvin Klein" - keine Erschöpfung der Marke

Der markenrechtliche Erschöpfungsgrundsatz (§ 24 MarkenG; Art. 15 UMV) steht regelmäßig im Fokus der Gerichte. Demnach kann der Inhaber einer Marke die Benutzung nicht untersagen, wenn eine Ware unter dieser Marke in den Europäischen Wirtschaftsraum gebracht und durch ihn oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde (sog. Erschöpfung). In solchen Fällen kann der Markeninhaber sich nur aus berechtigten Gründen gegen den weiteren Vertrieb wehren. Obwohl der Markeninhaber grundsätzlich selbst über den Vertriebsumfang seiner Waren entscheiden soll, ist dieses Recht nicht uneingeschränkt. Die „berechtigten Gründe“ sind nicht abschließend gesetzlich geregelt und daher häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

Ein Beispiel hierfür ist ein Urteil des OLG Düsseldorf, das den Verkauf von Parfums der Marken „Calvin Klein“ und „JOOP“ in einer Aldi-Süd Filiale betraf. Geklagt hatte der Coty Konzern, der diese Parfums (neben vielen anderen Marken) über ein selektives Vertriebssystem vertreibt, das speziell ausgewählte Händler wie Parfümerien und Kosmetikgeschäfte umfasst. In der Aldi-Süd-Filiale wurden die Parfums in Glasvitrinen neben verschiedenen anderen Produkten und „Wühlkisten“ verkauft. Coty sah darin eine Verletzung des Prestigewerts der Marken und somit einen berechtigten Grund i.S.d. Art. 15 II UMV, der eine Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz rechtfertigen sollte.

Das LG Düsseldorf wies die Klage in erster Instanz ab, mit der Begründung, dass die Marken keine „Luxuswaren“ seien, deren Luxusimage verletzt werden könnte. Coty legte Berufung ein und erhielt vom OLG Düsseldorf teilweise Recht.

Kern des Urteils war die Frage, ob der Verkauf der Parfums das Luxus- und Prestigeimage der Marke beeinträchtigte. Das Gericht prüfte zunächst, ob den Marken überhaupt eine luxuriöse Ausstrahlung zukommt, und erkannte eine solche an, da die Parfums über ein selektives Vertriebssystem vermarktet werden. Der Umstand, dass die Waren einer mittleren Preiskategorie zugeordnet werden, sprach nicht gegen ein gewisses Luxusimage.

Das OLG Düsseldorf stellte fest, dass die Präsentation der Parfums in einer Schütte und einem Glaskasten neben verschiedenen anderen Produkten den Ruf der Marken beeinträchtigte, da die Waren nicht hervorgehoben und keine Exklusivität gegenüber den anderen Produkten hergestellt wurde.

Die Richterbestätigten, dass die luxuriöse Ausstrahlung der Marken durch die konkrete Präsentation beeinträchtigt wurde. Sie stellten jedoch keine klaren Grundsätze auf, sondern führten eine einzelfallabhängige Abwägung zwischen dem Prestigegrad der Marke und dem Grad der Beeinträchtigung durch. Somit öffneten sie den Bereich des Prestigecharakters auch für Nicht-Luxusmarken.

Weitere Ausschlussgründe für die Erschöpfung können Produktänderungen, das Wiederbefüllen (Parfumes)  oder das Umverpacken (Arzneimittel) sowie die Veränderung von Kennzeichen sein.

Stichworte:

  1. Erschöpfung des Markenrechts: Liegen die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 UMV vor, weil die Waren mit Zustimmung des Markeninhabers in der EU in den Verkehr gebracht wurden, kann der Markeninhaber den Weitervertrieb nur aus berechtigten Gründen nach Art. 15 Abs. 2 UMV untersagen, insbesondere bei veränderter oder verschlechterter Ware.

  2. Schädigung des Markenrufs: Da die Aufzählung in Art. 15 Abs. 2 UMV nicht abschließend ist, kann ein berechtigter Grund auch die Schädigung des Rufs der Marke sein.

  3. Luxus- und Prestigecharakter: Wiederverkäufer müssen darauf achten, die Wertschätzung der Marke nicht zu beeinträchtigen, insbesondere bei Waren mit Luxus- und Prestigecharakter. Eine erhebliche Schädigung der Marke kann vorliegen, wenn sie in einer Umgebung erscheint, die das Image erheblich beeinträchtigen könnte.

  4. Exklusive Luxusmarken: Der Inhaber einer sehr exklusiven Luxusmarke kann sich unter Umständen generell dem Vertrieb durch Discounter widersetzen, während bei weniger exklusiven Marken die konkrete Präsentation zu berücksichtigen ist.

  5. Selektives Vertriebssystem: Ein selektives Vertriebssystem dient dazu, sicherzustellen, dass Waren in einer angemessenen Weise präsentiert werden, unabhängig von der Anzahl der Verkaufsstellen.

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Jüdemann Rechtsanwälte

Foto(s): Kai Jüdemann/Midjourney

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