Anschlussinhaber haftet auch, wenn Dritte als Täter der Rechtsverletzung ausscheiden

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Amtsgericht Charlottenburg vom 10.04.2018, Az. 224 C 382/17

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen

Der in Anspruch genommene Anschlussinhaber hatte sich im genannten Verfahren damit verteidigt, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu sein. Zur maßgeblichen Zeit habe er sich in einem Café aufgehalten. Ohnehin verfüge er über keine Kenntnisse im Umgang mit Computern und könne eine Tauschbörse nicht verwenden.

Zur Zeit der Rechtsverletzung hätten sich seine Ehefrau, seine beiden Söhne, die Schwiegertochter und das 3-jährige Enkelkind im Haushalt aufgehalten. Die Ehefrau sowie die Schwiegertochter hätten den Internetanschluss zur Tatzeit jedoch nicht genutzt. Das Enkelkind habe grundsätzlich keinen Zugriff auf den Anschluss.

Die beiden Söhne hingegen hätten mit eigenen Endgeräten auf den Internetanschluss zugreifen können und seien zur konkreten Verletzungszeit auch tatsächlich online gewesen. Sie würden das Internet selbständig und im „normalen Rahmen“ nutzen, Rechtsverletzungen würden sie im Internet jedoch nicht begehen. Ihre Verantwortlichkeit hätten sie auf entsprechende Nachfrage auch abgestritten. Auf den Endgeräten seien auch keine Tauschbörsenprogramme aufgefunden worden. Es sei dennoch denkbar, dass einer der Söhne die Rechtsverletzung begangen habe. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein unbefugter Dritter trotz WPA2-Verschlüsselung unberechtigten Zugriff auf den WLAN-Router verschafft habe.

Das Amtsgericht Charlottenburg hat zunächst Beweis erhoben durch Vernehmung der beiden Söhne und im Anschluss der Klage vollumfänglich stattgegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe der Beklagte im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast darzulegen, welcher Dritte als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht komme.

Zwar habe nach dem Vortrag des Beklagten die nach Auffassung des Gerichts ernsthafte Möglichkeit bestanden, dass einer der beiden Söhne die Rechtsverletzung begangen habe. Diese haben im Rahmen der Zeugenvernehmung jedoch glaubhaft ausgesagt, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich zu sein. Deren Täterschaft sei daher ausgeschlossen.

Die Ehefrau sowie die Schwiegertochter würden bereits nach dem Vortrag des Beklagten nicht ernsthaft als Täter in Betracht kommen. Letztlich könne aufgrund der WPA2-Verschlüsselung des WLAN-Routers auch nicht von einem unberechtigten Fremdzugriff ausgegangen werden. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte hierfür auch keinerlei Anhaltspunkte darlegen konnte.

Mangels einer ernsthaft in Betracht kommenden Täterschaft eines Dritten sei die Täterschaft des Beklagten daher tatsächlich zu vermuten.

„Da die beiden Söhne des Beklagten aufgrund der Beweisaufnahme als Täter der Rechtsverletzung

ausscheiden und der Beklagte nicht vorgetragen hat, dass weitere Personen als Täter der

Rechtsverletzung konkret in Betracht kommen, greift nach dem oben Ausgeführten die tatsächliche Vermutung wieder ein, dass der Beklagte die Rechtsverletzung begangen hat.“

Dass der Beklagte über nur unzureichende Computerkenntnisse verfügt haben und zur Tatzeit nicht zu Hause gewesen sein soll, sei vor diesem Hintergrund unbeachtlich.

„Unerheblich ist, ob der Beklagte zur Zeit der Begehung der Rechtsverletzung zu Hause war. Denn das Anbieten eines Werks über eine Tauschbörse setzt nicht die persönliche Anwesenheit des Nutzers zu dieser Zeit voraus. Eine Täterschaft des Beklagten ist auch nicht aufgrund seines fortgeschrittenen Alters bzw. fehlender Computerkenntnisse.ausgeschlossen.“

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich zum Ersatz des Lizenzeschadens in Höhe von EUR 1000,00, der vorgerichtlichen Abmahnkosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.

Der Beklagte hat zwischenzeitlich Berufung beim Landgericht Berlin eingelegt.

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