Anspruch auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung trotz einer Vereinbarung mit der Bank über die Rückzahlung

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1.

Ausgangspunkt:


Hat ein Darlehensnehmer als Verbraucher im Sinne von § 500 Abs. 2 S. 2 BGB ein berechtigtes Interesse an der Rückzahlung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens, so steht ihm ein Recht auf vorzeitige Rückzahlung zu, beispielsweise, wenn der Darlehensnehmer die Immobilie veräußern möchte, oder wenn er die Grundpfandsicherheit als Grundlage einer Umschuldung unter Ablösung der Altverbindlichkeiten bei den Darlehensgeber benötigte und daher nach § 490 BGB Abs.2 ein Sonderkündigungsrecht hat.

Voraussetzung für den Anspruch der Bank auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung VEF ist dabei, dass dem Darlehensnehmer / der Darlehensnehmerin durch entsprechende Angaben im Darlehensvertrag klare und verständliche Voraussetzungen für die Berechnung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung genannt wurden, so dass er sich für den Fall einer Kündigung auf die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung einstellen konnte. 

Viele Altverträge insbesondere von Sparkassen, die in den letzten Jahren nach Vorliegen der entsprechenden Voraussetzung zurückgezahlt wurden weisen mangelhafte Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf.

Rechtsfolge ist, dass die Bank/der Darlehensgeber bei Ausübung des Sonderkündigungsrechtes des Darlehensnehmers keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen könnte.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 05.11.2019, XI ZR 650/18 die Voraussetzungen für klare und verständliche Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung definiert: Es müssen die Parameter angegeben werden, von denen die Höhe der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung abhängt. Dies sind:

  • Mit dem zwischenzeitlich veränderten Zinsniveau der Ausgangspunkt für die Berechnung des Zinsverschlechterungsschadens,
  • die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme als Grundlage der sogenannten Cash Flow Methode,
  • der entgangene Gewinn zur Berechnung des Zinsmargenschadens und
  • der mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundene Verwaltungsaufwand auf der einen Seite sowie
  • Abzüge der infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko-und Verwaltungskosten auf der anderen Seite.

Werden diese Angaben in deinen Vertrag nicht oder mangelhaft gemacht, hätte die Bank/der Darlehensgeber bei einer Kündigung keinen Anspruch auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

2.

In dieser Konstellation haben sich die Banken in der Vergangenheit damit geholfen, dass sie die Ablöse des Darlehens und die Freigabe des Grundpfandrechtes von dem Abschluss einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung als Grundlage der Vorfälligkeitsentschädigung und der Beendigung des Darlehens und der Freigabe des Grundpfandrechtes abhängig gemacht haben.

Damit liegt scheinbar eine neue Rechtsgrundlage als Grundlage der Vorfälligkeitsentschädigung vor und die Banken behaupten, der Rückzahlungsanspruch sei nunmehr aufgrund der Vereinbarung ausgeschlossen.  Handelt es sich bei der Vereinbarung nicht um einen Vergleich im Sinne von § 779 BGB trifft dies jedoch in vielen Fällen nicht zu.

3.

Es handelt es sich dann bei der Vereinbarung zur Rückzahlung nach Auffassung verschiedener Oberlandesgerichte, z.B. Oberlandesgericht Stuttgart, Az. 9 U 124/23, Entscheidung vom 07.02.2024 um ein Umgehungsgeschäft im Sinne von § 512 BGB. Rechtsfolge ist, dass die rechtsgeschäftliche Vereinbarung zur Verpflichtung des Kunden zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung unwirksam ist, §§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB, 512 BGB.

4.

Die Frage der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs.

Grundsätzlich sind im Jahre 2024 Rückzahlungsansprüche, die im Jahre 2020 entstanden sind und fällig wurden und noch im Jahr 2020 gezahlt wurden verjährt.

Wurde die Vorfälligkeitsentschädigung erst im Jahr 2021 gezahlt, ist der Anspruch unverjährt, auch wenn die Vereinbarung mit der Bank zur Verpflichtung zur Ablöse des Darlehens noch im Jahre 2020 geschlossen wurde.

5.

Fraglich ist, ob auch Zahlungen auf Vorfälligkeitsentschädigungsentschädigungen des Jahres 2020 und früher zurückgefordert werden können.

Nach der bisherigen Rechtsprechung beginnt die Verjährungsfrist des § 195 BGB, die 3-jährige Regelverjährung gemäß § 199 BGB nicht zu laufen, wenn der Verbraucher zwar Tatsachenkenntnis der den Anspruch begründenden Norm hat, jedoch die Rechtslage unübersichtlich und verwickelt ist und es daher dem Verbraucher nicht zuzumuten war, eine entsprechende Klage einzureichen.

Diese Rechtlage nach dem derzeitigen Deutschen Recht ist ausgesprochen verbraucherunfreundlich, da sie dem Verbraucher Rechtskenntnisse und auch ein Prozessrisiko zumutet.

Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist diese Rechtslage nicht mit dem Europäischen Verbraucherrecht zu vereinbaren. Dies würde zwar theoretisch nichts nützen, da die entsprechende Richtlinie von dem Gesetzgeber erst noch in das nationale Recht umgesetzt werden müsste, allerdings kommt eine richtlinienkonforme Auslegung der Voraussetzungen, wann dem Verbraucher wegen einer schlecht erkennbaren Rechtslage eine Klage zuzumuten ist in Betracht.

Hier ist alles noch offen.

6.

Im Ergebnis ist es anzuraten, auch für den Fall, dass man mit der Bank eine Rückzahlungsvereinbarung mit Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getroffen hat die formalen Voraussetzungen für wirksame Angaben der Berechnungsgrundlagen in dem Darlehensvertrag noch im Nachhinein durch einen versierten Anwalt prüfen zu lassen.

Einige Fallkonstellationen sind durch die Rechtsprechung bereits geklärt.


Lengnick

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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