Arbeitsrecht 2025: Was der Koalitionsvertrag für Arbeitgeber, Investoren und öffentliche Auftraggeber bedeutet

  • 13 Minuten Lesezeit

Der Koalitionsvertrag 2025 bringt umfassende Neuerungen im Arbeitsrecht – mit Auswirkungen, die weit über klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisse hinausgehen. 

Von flexibleren Arbeitszeitmodellen über steuerliche Anreize bis hin zu digitalisierten Verwaltungsabläufen reicht das Spektrum der Reformvorhaben. 

Die geplanten Änderungen betreffen nicht nur Unternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber, sondern auch vermögende Privatpersonen mit Beteiligungen an Betrieben sowie Kommunen als öffentliche Auftraggeber und Träger öffentlicher Einrichtungen.

Was unter dem Banner von Flexibilisierung, Tariftreue, Digitalisierung und Bürokratieabbau daherkommt, ist in Wahrheit ein komplexes Reformpaket mit Licht und Schatten. 

Einige Maßnahmen beseitigen lang bestehende Rechtsunsicherheiten – etwa bei der elektronischen Zeiterfassung. Andere setzen neue politische Akzente, wie etwa die Einführung steuerfreier Überstunden oder die Stärkung von Gewerkschaftsrechten. 

Zugleich bleiben zentrale arbeitsrechtliche Konfliktlinien bestehen, etwa im Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen oder dem Schutz betrieblicher Mitbestimmung.

Für Arbeitgeber, Personalverantwortliche, Investoren und kommunale Entscheidungsträger stellt sich nun die Frage: Was bedeutet das konkret für die Praxis? Welche Änderungen kommen sicher – und welche sind noch offen? Wo entstehen neue Pflichten, wo neue Chancen?

Dieser Überblick beleuchtet die wichtigsten arbeitsrechtlichen Vorhaben der neuen Bundesregierung – und zeigt, worauf sich Unternehmer, vermögende Privatpersonen und Kommunen jetzt vorbereiten sollten.

Flexibilisierung der Arbeitszeit

Eine der zentralen arbeitszeitrechtlichen Neuerungen im Koalitionsvertrag 2025 ist der Paradigmenwechsel bei der Arbeitszeitbegrenzung.

Wochenmodell statt täglicher Höchstarbeitszeit

 Künftig soll die tägliche Höchstarbeitszeit zugunsten eines wöchentlichen Arbeitszeitmodells flexibilisiert werden. Im Fokus steht dabei die EU-Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG), die eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden vorsieht – jedoch ohne strikte tägliche Begrenzung, sofern Ausgleich und Gesundheitsschutz gewährleistet sind.

Das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sieht bislang eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden vor, die nur in Ausnahmefällen auf zehn Stunden verlängert werden darf (§ 3 ArbZG). 

Die Koalition plant nun, diese starre Regelung durch ein Wochenmodell zu ersetzen. Damit könnten Beschäftigte künftig – je nach betrieblicher Notwendigkeit und in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsschutz – auch mehr als zehn Stunden pro Tag arbeiten, solange die wöchentliche Höchstarbeitszeit eingehalten wird.

Chancen für Arbeitgeber:

Für viele Betriebe bedeutet das neue Modell eine dringend benötigte Flexibilisierung – insbesondere in Branchen mit projektbezogenen Spitzen, Schichtsystemen oder internationaler Taktung. Arbeitszeit lässt sich flexibler planen und besser an Produktions- oder Auftragszyklen anpassen. Für Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen oder Tochtergesellschaften kann diese Angleichung zudem den Verwaltungsaufwand im internationalen Vergleich reduzieren.

Risiken und Kritik:

Gewerkschaften und arbeitsmedizinische Verbände warnen vor gesundheitlichen Belastungen durch längere tägliche Arbeitszeiten. Studien zeigen, dass überlange Arbeitszeiten mit höherem Risiko für Erschöpfung, Fehlerhäufigkeit und Erkrankungen verbunden sind. Der Koalitionsvertrag versucht, diesen Sorgen durch die Zusicherung von Ruhezeiten und einer Beteiligung der Sozialpartner zu begegnen. Die genaue gesetzliche Ausgestaltung steht jedoch noch aus.

Für Arbeitgeber heißt das: Planungssicherheit gibt es erst, wenn der Gesetzgeber konkrete Regelungen vorlegt. Wer aber bereits jetzt Arbeitszeitmodelle flexibilisieren möchte, sollte dies unter Berücksichtigung bestehender Schutzpflichten, tariflicher Regelungen und Betriebsvereinbarungen tun.

Digitale Erfassung der Arbeitszeit

Parallel zur Flexibilisierung setzt der Koalitionsvertrag auf mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei der Arbeitszeiterfassung

Die Diskussion ist nicht neu: Bereits 2019 stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeit bereitzustellen. 

Spätestens seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Jahr 2022 ist klar, dass diese Pflicht bereits aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) abgeleitet werden kann – auch ohne explizite Änderung des Arbeitszeitgesetzes.

Nun soll diese Rechtslage endlich gesetzlich konkretisiert werden:

  • Die elektronische Arbeitszeiterfassung wird zum Regelfall.

  • Vertrauensarbeitszeit soll unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin möglich bleiben.

  • Übergangsfristen für kleinere Betriebe sind geplant.

Für Arbeitgeber bedeutet das:

Die Zeiten handschriftlicher Stundenzettel oder informeller Vertrauensarbeitszeit ohne Dokumentation sind gezählt. Digitale Systeme werden zur neuen Normalität – mit Investitionsbedarf in Software, Schnittstellen und Datenschutzmaßnahmen. Positiv: Ein rechtssicheres System schafft Transparenz und minimiert Haftungsrisiken.

Was bleibt offen?

Noch ungeklärt ist, ob die Arbeitszeiterfassung an Dritte ausgelagert oder individuell angepasst werden kann. Auch die Möglichkeit, per Betriebsvereinbarung oder in Tarifverträgen abweichende Regelungen zu treffen, ist noch nicht abschließend geregelt. Hier bleibt die Gesetzgebung in der Pflicht.

Empfehlung:

Unternehmen – insbesondere KMU – sollten sich frühzeitig mit digitalen Zeiterfassungssystemen vertraut machen, die Anforderungen aus Arbeitszeit-, Datenschutz- und Mitbestimmungsrecht vereinen. Kommunale Arbeitgeber und öffentliche Einrichtungen sollten zudem prüfen, ob bestehende Systeme auf die neuen Anforderungen angepasst werden müssen.

Vergütung und Steueranreize

Ein politisch stark aufgeladener Punkt im Koalitionsvertrag ist die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro – spätestens bis zum Jahr 2026. Die Formulierung „erreichbar“ zeigt: Ein Automatismus ist (noch) nicht vorgesehen, wohl aber ein klar definiertes Ziel.

Mindestlohn von 15 Euro bis 2026

Konkret soll sich die unabhängige Mindestlohnkommission künftig nicht nur an der allgemeinen Tarifentwicklung orientieren, sondern auch an einem neuen Maßstab: 60 Prozent des Medianlohns von Vollzeitbeschäftigten – eine Anlehnung an die europäische Mindestlohnrichtlinie. Zwar ist diese juristisch nicht unumstritten, doch für politische Ziele bietet sie eine griffige Orientierung.

Auswirkungen für Arbeitgeber:

Für Unternehmen mit hohem Anteil an Geringverdienern – etwa im Dienstleistungs- oder Logistiksektor – kann diese Entwicklung zu einem erheblichen Anstieg der Lohnkosten führen. In tarifgebundenen Unternehmen, die ohnehin über dem Mindestlohn liegen, sind die Effekte moderater. Doch auch dort wirkt ein höherer Mindestlohn als Benchmark für künftige Tarifrunden.

Spannungsfeld Politik – Kommission:

Innerhalb der Koalition ist das Thema umstritten: Während die SPD die 15 Euro als politisches Ziel feiert, verweist die CDU auf die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission. Ein gesetzlicher Automatismus ist daher nicht zu erwarten, wohl aber ein politischer Erwartungsdruck.

Empfehlung für Unternehmer und Kommunen:

Entgeltstrukturen sollten frühzeitig überprüft werden – auch in Hinblick auf die interne Lohngerechtigkeit. Kommunale Auftraggeber müssen zudem im Auge behalten, wie sich die Mindestlohnhöhe auf künftige Ausschreibungen auswirkt – insbesondere dort, wo niedrige Angebotspreise bislang über Lohnkosten kompensiert wurden.

Steuerfreie Überstunden

Ein weiterer Baustein der geplanten Reformen betrifft die steuerliche Behandlung von Mehrarbeit: Überstunden, die über die tarifliche Vollzeit hinausgehen, sollen künftig steuerfrei gestellt werden. Für tarifgebundene Unternehmen ist damit regelmäßig eine Grenze bei 34 oder 35 Stunden, für tariffreie Unternehmen bei 40 Stunden pro Woche angesetzt.

Was ist geplant?

  • Nur die Mehrarbeit oberhalb der vereinbarten Vollzeit wird steuerlich begünstigt.

  • Die Maßnahme soll gezielt Vollzeitkräfte motivieren, zusätzliche Stunden zu leisten.

  • Die Bundesregierung reagiert damit auf den Fachkräftemangel, insbesondere in systemrelevanten Bereichen.

Vorteile für Arbeitgeber:

  • Steuerfreie Zuschläge wirken als leistungsbezogener Anreiz – ohne dass die Bruttolohnkosten steigen.

  • Die Maßnahme kann helfen, kurzfristige Personalengpässe abzufedern, ohne direkt Neueinstellungen vorzunehmen.

Kritik und rechtliche Fragen:

Gewerkschaften und Gleichstellungsbeauftragte äußern verfassungsrechtliche Bedenken: Teilzeitkräfte – oft Frauen – seien von der Begünstigung weitgehend ausgeschlossen, was eine mittelbare Diskriminierung darstellen könne. Auch ist noch unklar, wie die steuerfreien Stunden konkret nachgewiesen und dokumentiert werden sollen.

Empfehlung für Unternehmen und beratende Stellen:

Es empfiehlt sich, die Umsetzung genau zu beobachten und – bei Inkrafttreten – steueroptimierte Modelle mit Lohnbuchhaltung und Personalabteilung abzustimmen. Auch hier spielt die ordnungsgemäße Arbeitszeiterfassung eine zentrale Rolle.

Tarifbindung und Ausschreibungsrecht

Ein zentrales Vorhaben im Koalitionsvertrag ist die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes

Bundestariftreuegesetz: Neue Pflichten für öffentliche Auftraggeber

Öffentliche Aufträge des Bundes sollen künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die nachweislich tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einhalten – zumindest auf dem Niveau des einschlägigen Branchentarifs. 

Die Schwellenwerte liegen bei:

  • 50.000 Euro bei regulären Aufträgen,

  • 100.000 Euro bei Start-ups mit "innovativen Leistungen" in den ersten vier Jahren nach Gründung.

Konkrete Anforderungen:

  • Unternehmen müssen darlegen, dass sie tarifgerechte Löhne zahlen.

  • Die Einhaltung wird Vergabekriterium – vergleichbar mit Nachhaltigkeit oder Umweltschutz.

  • Die Kontrolle soll über Selbsterklärungen, Nachweise und Vergabestellenprüfungen erfolgen.

Für Kommunen und öffentliche Auftraggeber:

Zwar betrifft das Gesetz zunächst nur Aufträge des Bundes, doch es entfaltet Signalwirkung für Länder und Kommunen. Bereits heute gibt es in einigen Bundesländern Tariftreuegesetze – das Bundesgesetz könnte zu einer Harmonisierung oder Ausweitung führen.

Für Unternehmen:

Gerade tarifungebundene Betriebe im Mittelstand müssen sich auf zusätzlichen bürokratischen Aufwand einstellen – insbesondere im Wettbewerb um öffentliche Aufträge. Umgekehrt könnten tarifgebundene Unternehmen profitieren, da sie besser positioniert sind und die Voraussetzungen bereits erfüllen.

Politischer Kontext:

Ein entsprechender Gesetzentwurf war 2024 in der Ampelkoalition an der FDP gescheitert. Nun hat sich die SPD mit niedrigeren Schwellenwerten gegenüber der CDU durchgesetzt. Arbeitgeberverbände sehen in der Neuregelung eine Wettbewerbsverzerrung zulasten kleinerer, nicht-tarifgebundener Unternehmen, während Gewerkschaften das Gesetz als Schritt gegen Lohndumping begrüßen.

Gewerkschaftsrechte in der digitalen Welt

Auch die Stärkung der Gewerkschaften ist ein deutliches Ziel der neuen Regierung – sowohl rechtlich als auch digital. Vorgesehen sind unter anderem:

  • Ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften zu Betrieben (z. B. über geschützte Plattformen, E-Mail oder interne Netzwerke),

  • Steuerliche Anreize für die Mitgliedschaft in Gewerkschaften,

  • Eine stärkere Verankerung von Tarifbindung als Kriterium für gute Arbeit im öffentlichen Diskurs und bei der Auftragsvergabe.

Aktueller Hintergrund:

Das Bundesarbeitsgericht hatte erst im Januar 2025 entschieden, dass Gewerkschaften kein generelles digitales Zugangsrecht zu Betrieben haben (Urt. v. 28.01.2025, Az. 1 AZR 33/24). Die Bundesregierung will diesen Zustand gesetzlich ändern – zugunsten einer moderneren, digitalen Interessenvertretung.

Bewertung für Arbeitgeber:

Ein digitales Zugangsrecht könnte bedeuten, dass Gewerkschaften künftig auch ohne physische Präsenz mit Beschäftigten in Kontakt treten dürfen. Dies wirft datenschutzrechtliche und organisatorische Fragen auf – etwa, wie Kommunikation, Kanäle und Umfang reguliert werden. Unternehmen sollten frühzeitig klären, welche Prozesse und Regelungen sie dafür benötigen.

Empfehlung für Kommunen und Träger öffentlicher Einrichtungen:

Auch hier ist eine proaktive Auseinandersetzung ratsam – nicht zuletzt, weil tarifliche Bindungen in vielen Fällen bereits durch die öffentliche Trägerschaft gegeben sind. Die neuen Regelungen könnten aber auch die Beziehung zu freien Trägern oder externen Dienstleistern beeinflussen.

Bürokratieabbau und Digitalisierung

Ein häufig geäußerter Kritikpunkt im deutschen Arbeitsrecht ist die starre Schriftform, die in vielen Fällen immer noch gesetzlich vorgeschrieben ist – etwa bei der Befristung von Arbeitsverträgen (§ 14 Abs. 4 TzBfG). 

Weniger Papier: Reduzierung gesetzlicher Schriftformerfordernisse

Die Koalition plant hier klare Erleichterungen und will digitale Kommunikationswege rechtssicher zulassen.

Geplante Änderungen:

  • Schriftform soll durch Textform (z. B. PDF oder E-Mail) ersetzt werden können – sofern keine höheren Schutzziele entgegenstehen.

  • Besonders relevant für Start-ups, KMU und digitale Geschäftsmodelle, bei denen papiergebundene Prozesse nicht mehr praktikabel sind.

Auswirkungen in der Praxis:

Ein digital unterschriebener Arbeitsvertrag könnte bald völlig ausreichen – ohne zusätzlich ausgedruckt und unterschrieben archiviert werden zu müssen. Das spart Zeit, Kosten und vermeidet formale Risiken (z. B. bei unwirksamen Befristungen durch Formfehler).

Empfehlung für Unternehmen und Kommunen:

Bereits heute lohnt sich der Aufbau digitaler Vertragsprozesse, inklusive sicherer Signaturlösungen. Auch für öffentliche Träger mit komplexen Personalprozessen kann dies langfristig zu spürbaren Entlastungen führen.

Reform des Statusfeststellungsverfahrens

Ein weiteres Vorhaben mit großer praktischer Relevanz betrifft die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. 

Die Koalition will das Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung reformieren – mit dem Ziel: schneller, rechtssicherer, digitaler.

Was ist geplant?

Bedeutung für Unternehmer und Investoren:

Gerade in beratungs- oder projektorientierten Tätigkeitsfeldern, in der Start-up-Welt oder im Rahmen von Plattformarbeit sorgt das bisherige Verfahren oft für Unsicherheit und Verzögerungen. Mit der Reform könnte mehr Planungssicherheit entstehen – ein Pluspunkt für agile Geschäftsmodelle.

Digitalisierung im Arbeitsalltag: Betriebsratsarbeit & Krankschreibung

Die Koalition will die Betriebsverfassung modernisieren und stärker an digitale Realitäten anpassen. Geplant sind unter anderem:

  • Online-Betriebsratssitzungen und digitale Betriebsversammlungen als gleichwertige Alternativen zu Präsenzformaten,

  • Möglichkeit zu Online-Betriebsratswahlen,

  • Beibehaltung der telefonischen Krankschreibung, allerdings mit Einschränkungen (z. B. kein Zugang über private Online-Plattformen).

Vorteile für Arbeitgeber und Beschäftigte:

  • Mehr Flexibilität, insbesondere für Unternehmen mit mehreren Standorten oder mobilen Arbeitsmodellen.

  • Digitalisierung entlastet Personalverwaltung und schafft neue Teilhabemöglichkeiten – auch für kleinere Betriebsratsgremien.

Was gilt es zu beachten?

  • Die digitale Ausgestaltung muss rechtssicher erfolgen, insbesondere mit Blick auf Datenschutz und Mitbestimmung.

  • Unternehmen sollten Betriebsvereinbarungen und IT-Infrastruktur entsprechend anpassen.

Besonders relevant für Kommunen und öffentliche Arbeitgeber:
In der öffentlichen Verwaltung sowie bei städtischen Betrieben könnten diese Neuerungen für mehr Effizienz sorgen – etwa bei dezentralen Einrichtungen oder kommunalen Tochtergesellschaften mit überregionaler Struktur.

Zwischen Kompromiss und Verzicht: Was auf der Strecke blieb

Der Koalitionsvertrag 2025 enthält zahlreiche arbeitsrechtliche Reformansätze – doch nicht alle lang diskutierten oder von Interessengruppen geforderten Maßnahmen haben es ins Regierungsprogramm geschafft. Insbesondere aus Sicht der Arbeitnehmervertretungen bleiben strukturelle Lücken bestehen, während sich Arbeitgeber auf weniger Verschärfungen als befürchtet einstellen können.

Kein Ausbau des Kündigungsschutzes bei Betriebsratswahlen

Ein zentrales Anliegen der Gewerkschaften – der stärkere Schutz von Initiatoren betrieblicher Mitbestimmung – wurde nicht umgesetzt. Insbesondere:

  • § 119 BetrVG, der die Behinderung von Betriebsratsarbeit unter Strafe stellt, bleibt weiterhin ein Antragsdelikt, wird also nicht automatisch verfolgt.

  • Der Kündigungsschutz für Betriebsratsinitiatoren wird nicht auf außerordentliche Kündigungen ausgeweitet.

Auswirkungen:

Für Arbeitnehmer, die einen Betriebsrat gründen wollen, bleibt damit ein rechtliches Risiko bestehen – insbesondere in kleineren Betrieben ohne gewachsene Mitbestimmungskultur. Für Arbeitgeber bedeutet dies gleichzeitig: Keine neuen straf- oder arbeitsrechtlichen Risiken, sofern bestehende Regeln eingehalten werden.

Keine Abschaffung der sachgrundlosen Befristung

Ein weiterer Punkt, der nicht im Koalitionsvertrag auftaucht, ist die Abschaffung oder Einschränkung der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG. Diese bleibt als arbeitsrechtliches Flexibilisierungsinstrument erhalten.

Bedeutung für Unternehmen:

Gerade in projektbasierten Branchen, der öffentlichen Verwaltung und Start-ups bleibt damit ein wichtiges Instrument zur Personalplanung bestehen – ein klarer Pluspunkt aus Arbeitgebersicht.

Kritik:

Gewerkschaften und Sozialverbände kritisieren die Entscheidung als verpasste Chance, um prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu reduzieren. Befristungen ohne Sachgrund würden die Planungssicherheit von Beschäftigten untergraben und vor allem junge Menschen und Berufseinsteiger treffen.

Kein arbeitsrechtliches Verbandsklagerecht für Gewerkschaften

Ebenso nicht umgesetzt wurde das von der SPD lange geforderte Verbandsklagerecht im Arbeitsrecht, mit dem Gewerkschaften bei systematischen Rechtsverstößen klageberechtigt gewesen wären – auch ohne individuelle Betroffenheit.

Konsequenz:

Rechtsschutz bleibt weiterhin auf Einzelfälle beschränkt. Dies bedeutet insbesondere für kleinere Belegschaften oder Branchen mit unsicheren Arbeitsverhältnissen eine hohe Zugangshürde zum Rechtsschutz, da Betroffene häufig keine Klage riskieren.

Für Arbeitgeber:

Die Ablehnung des Verbandsklagerechts schützt Unternehmen vor zusätzlichem juristischen Druck durch Gewerkschaften. Kritiker sehen darin allerdings auch ein Ungleichgewicht im Rechtsschutzsystem.

Zwischenfazit:

Trotz vieler ambitionierter Punkte ist der Koalitionsvertrag im Arbeitsrecht nicht revolutionär, sondern ein Kompromisspapier mit klarer arbeitsmarktpolitischer Handschrift, das gleichzeitig pragmatisch Raum für unternehmerische Flexibilität lässt. Gerade für Unternehmer, Investoren und kommunale Entscheider ist es wichtig, nicht nur auf das große Ganze zu schauen, sondern sich gezielt auf konkrete, praxisrelevante Änderungen vorzubereiten – und gleichzeitig im Blick zu behalten, was (noch) nicht kommt.

Fazit und Ausblick: Was jetzt zu tun ist

Der Koalitionsvertrag 2025 bringt Bewegung ins deutsche Arbeitsrecht – aber nicht im Sinne eines radikalen Umbruchs, sondern als gezieltes Reformpaket mit vielen Stellschrauben. Die geplanten Maßnahmen reichen von der Flexibilisierung der Arbeitszeit über steuerliche Entlastungen bis hin zu digitaler Mitbestimmung und tarifpolitischen Weichenstellungen.

Für Unternehmer eröffnen sich dadurch sowohl Chancen zur Effizienzsteigerung als auch neue Compliance-Pflichten – etwa durch digitale Zeiterfassung oder Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen. Gleichzeitig bleiben wichtige Gestaltungsinstrumente wie sachgrundlose Befristungen oder flexible Arbeitszeitregelungen erhalten.

Vermögende Privatpersonen, die als Arbeitgeber, Investoren oder Gesellschafter in Unternehmen engagiert sind, sollten die arbeitsrechtlichen Entwicklungen ebenfalls aufmerksam verfolgen – nicht nur im Hinblick auf Personalpolitik, sondern auch mit Blick auf unternehmerische Beteiligungen, Haftungsfragen und die Bewertung von Geschäftsmodellen im HR-Bereich.

Für Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber bringt der Koalitionsvertrag neue Verantwortung: Die geplante Tariftreuepflicht, digitale Anforderungen an Vergabeverfahren und das modernisierte Statusfeststellungsverfahren verlangen nach strukturierter Vorbereitung – auch im Zusammenspiel mit Landesrecht und kommunalen Haushaltsvorgaben.

🔍 Was jetzt zählt:

  • Frühzeitig analysieren: Welche geplanten Änderungen sind für Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation relevant?

  • Prozesse anpassen: Insbesondere im Bereich der Arbeitszeiterfassung, Vergabeprozesse und Personalplanung.

  • Digitalisierung nutzen: Automatisierung und rechtskonforme digitale Prozesse werden zum strategischen Vorteil.

  • Mitbestimmung mitdenken: Betriebsräte und Gewerkschaften bekommen neue Instrumente – vorausschauende Kommunikation ist gefragt.

  • Entwicklung beobachten: Viele Regelungen sind noch nicht gesetzlich konkretisiert – hier lohnt sich der Blick auf Gesetzesentwürfe und Stellungnahmen.


Der Koalitionsvertrag ist ein politischer Fahrplan, kein fertiges Gesetz. Doch schon jetzt ist klar: Die Richtung ist gesetzt – mehr Flexibilität, mehr Transparenz, mehr Digitalisierung. 

Wie schnell und wie präzise die Umsetzung erfolgt, wird nicht nur für die politische Bilanz der Regierung entscheidend sein – sondern auch für die arbeitsrechtliche Realität in Unternehmen, Verwaltungen und öffentlichen Einrichtungen.

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