Aufklärungspflicht des Arztes und die neueste Rechtsprechung

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Wann und wie hat die Aufklärung durch den behandelnden Arzt zu erfolgen? Wer hat die Aufklärung zu beweisen? Und welche Folgen hat eine unterbliebene Aufklärung? Antworten unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des OLG Dresden.

Jeder medizinische Eingriff verwirklicht zumeist den Straftatbestand der Körperverletzung. Bei der Behandlung wird der Patient verletzt, zum Beispiel durch eine Operation, um die Heilung hervorzurufen. Damit sich der behandelnde Arzt nicht strafbar macht bei einer Behandlung, muss der Patient wirksam in die Körperverletzung bejahende Maßnahme einwilligen.

Aufklärung als wirksame Einwilligung

Eine wirksame Einwilligung kann jedoch nur dann erfolgen, wenn der Arzt seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist. Dabei muss der Arzt über alle Risiken als auch Behandlungsalternativen aufklären. Nur wenn der Patient auch wirklich versteht, was ihm bevorsteht, welche Risiken er eingeht und was für Alternativen es gibt, kann er auch wirklich verstehen, für was er seine Einwilligung erteilt.

Das Gespräch zur Aufklärung hat mündlich und persönlich zu erfolgen. Der Arzt muss sich vergewissern, dass der Patient die Aufklärung verstanden hat. Die Dokumentation der Aufklärung kann sodann ebenfalls schriftlich erfolgen. Die schriftliche Aufklärung ersetzt jedoch nicht die persönliche Aufklärung des behandelnden Arztes. Sie dient lediglich der schriftlichen Untermauerung für den Patienten als auch zu Beweiszwecken.

Beweislast

Der Arzt trägt die Beweislast, dass das Aufklärungsgespräch vollständig und wie in der schriftlichen Dokumentation niedergeschrieben tatsächlich persönlich erfolgt ist.

OLG Dresden, Urteil vom 29.06.2021, Az.: 4 U1388/20

Nach der neuesten Rechtsprechung des OLG Dresden wurde nunmehr klargestellt, dass der behandelnde Arzt sich im Hinblick auf die Beweislast nicht mehr konkret an das Gespräch zur Aufklärung erinnern muss. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Nachweis einer ständigen Übung erbracht wird, die Angaben des Arztes schlüssig sind und die Dokumentation im Wesentlichen bestätigt wird.

Das Gericht geht dabei davon aus, dass ein Arzt eine Vielzahl von Aufklärungsgesprächen zu führen hat. Dass er sich hierbei nicht mehr konkret an die einzelne Situation mit einem Patienten erinnern kann, wäre da nur selbstverständlich. Es reicht daher vollkommen aus, wenn berichtet werden kann, wie ein Aufklärungsgespräch üblicherweise abläuft.

Dem Patienten wird durch diese neue Rechtsprechung aufgegeben, gerade die Abweichung von der üblichen Praxis nachzuweisen. Nur wenn hier glaubhaft vorgetragen werden kann, inwiefern der Arzt von der üblichen geschilderten Praxis abgewichen ist, wird der Behandler zu einer weiteren konkreteren Darstellung gebracht werden können und nur so hat der Rechtsstreit wegen fehlerhafter Aufklärung Aussicht auf Erfolg.

Fehlende Aufklärung

Sofern eine Aufklärung nicht erfolgt ist, wird der Einwand der mutmaßlichen Einwilligung von dem Patienten zu widerlegen sein. Der behandelnde Arzt wird im Rahmen der mutmaßlichen Einwilligung in einem Rechtsstreit regelmäßig vortragen, dass der Patient die Behandlung auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung durchgeführt hätte. Dem Patienten obliegt sodann die Beweislast, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung nicht für den gegenständlichen Eingriff entschieden hätte. Dies kann zum Beispiel aufgrund der erheblichen Risiken oder aufgrund der Behandlungsalternativen möglich sein. Hierzu wird jedoch von der steten Rechtsprechung ein erheblicher Sachvortrag des Patienten erwartet.

Fazit

Bevor ein umfangreicher Rechtsstreit wegen fehlerhafter oder mangelnder Aufklärung geführt wird, der mit erheblichen Kosten verbunden ist, sollte ein Rechtsanwalt den Inhalt der Patientenakte und insbesondere die Umstände der Aufklärung prüfen.


Maike Kuhnert

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Medizinrecht

info@mk-rechtsanwaeltin.de



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