Ausgleichsansprüche wegen einer Flugannullierung aufgrund eines Pilotenstreiks

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Entsprechend eines Urteils des Landgerichts Landshut stellt ein gewerkschaftlich organisierter Pilotenstreik keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Dementsprechend muss die Fluglinie Ausgleichszahlungen leisten. 

Sachverhalt

Der klagende Fluggast hat bei der Beklagten Fluggesellschaft einen Flug von Oslo nach München gebucht. Weniger als zwei Wochen vor dem geplanten Abflugzeitpunkt wurde der Flug annulliert. Grund der Annullierung war ein gewerkschaftlich organisierter Pilotenstreik bei der Fluggesellschaft. Der davon betroffene Fluggast beanspruchte aufgrund der Annullierung Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung in Höhe von 400 Euro. Die Beklagte weigerte sich und berief sich darauf, dass der Streik für sie einen außergewöhnlichen Umstand darstelle. Während das Amtsgericht zunächst der Ansicht der Beklagten folgte, gab das Landgericht (LG Landshut, Urteil vom 21.08.2020 – 15 S 1420/20) dem Kläger recht und sprach ihm die geforderten Ausgleichszahlungen zu.

Gewerkschaftlich organisierter Pilotenstreik stellt außergewöhnlichen Umstand dar

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit.c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 lit. b der EU-Fluggastrechteverordnung stehen Fluggästen bei Annullierung eines Fluges Ausgleichszahlungen je nach Entfernung zum Reiseziel bis zu € 600,00 zu. Die Fluggesellschaft kann jedoch die Ausgleichszahlungen verweigern, sofern außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastrechteverordnung vorliegen. Als außergewöhnlichen Umstand können Vorkommnisse angesehen werden, die ihrer Natur oder Sache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht beherrschbar sind. Das kann zum Beispiel eine Sperrung des Flughafens oder Luftraums, politische Instabilität, ein Unwetter oder Vögel im Triebwerk sein. Auch ein im Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigender Streik kann als außergewöhnlicher Umstand herangezogen werden. Der Bundesgerichtshof hat bisher einen Streik, der von einer Gewerkschaft ausging, grundsätzlich als außergewöhnlichen Umstand angenommen. 

Allerdings hat die neuere Rechtsprechung (Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 17.04.2018 – C-195/17) die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts revidiert. Es sei nicht außergewöhnlich, dass sich Luftfahrtunternehmen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte mit ihren Mitarbeitern gegenübersehen können. Tarifauseinandersetzungen und die Gehaltsforderungen von Mitarbeitern gehören demnach zu den normalen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen eines Unternehmens bzw. zum allgemeinen unternehmerischen Risiko. Es sei auch nicht völlig ungewöhnlich, dass es im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen zu einem Streikaufruf der Gewerkschaften kommt.


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