Außerordentliche Änderungskündigung mit Auslauffrist – BAG 2 AZR 357/20
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Außerordentliche Änderungskündigung mit Auslauffrist – BAG 2 AZR 357/20
Zusammenfassung RA und Notar Krau
Tenor:
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Juni 2020 wurde aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung mit Auslauffrist.
Der Kläger war über vierzig Jahre alt und seit 2001 beim Beklagten, einem Diakonieverein, beschäftigt.
Er arbeitete als „Leitender Mitarbeiter mit Verantwortung für den Fachbereich Altenhilfe, einschließlich ‚Haus-Service-Ruf‘ und Sozialstationen“.
Der Dienstvertrag verwies auf die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Gemäß § 30 Abs. 3 AVR ist nach 15 Jahren Beschäftigungszeit und Vollendung des 40. Lebensjahres eine ordentliche Kündigung durch den Dienstgeber ausgeschlossen, es sei denn, § 31 AVR regelt etwas anderes.
Für eine außerordentliche Kündigung ist ein wichtiger Grund nach § 626 BGB erforderlich.
Nach einer internen Umstrukturierung arbeitete der Kläger ab Januar 2014 ausschließlich als Qualitätsbeauftragter, da die Position des Bereichsleiters Altenhilfe gestrichen wurde.
Ab September 2015 übernahm ein externer Dienstleister das Qualitätsmanagement.
Am 4. Juni 2019 bot der Beklagte dem Kläger die Position eines Einrichtungsleiters für eine neu zu errichtende häusliche psychiatrische Krankenpflege an.
Der Kläger lehnte das Angebot ab.
Daraufhin kündigte der Beklagte dem Kläger außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Dezember 2019 und bot ihm gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Einrichtungsleiter ab dem 1. Januar 2020 an, unter Beibehaltung seiner bisherigen Entgeltgruppe.
Erstinstanzliches Urteil und Berufung:
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Klägers ab.
Das Landesarbeitsgericht gab der Klage statt.
Der Beklagte legte Revision ein.
Entscheidungsgründe des BAG:
Die Revision ist begründet.
Das Landesarbeitsgericht hat den Klageantrag korrekt als Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG ausgelegt.
Es hätte jedoch die außerordentliche Änderungskündigung nicht als rechtsunwirksam ansehen dürfen.
Details der Entscheidung:
Klage als Änderungsschutzantrag:
Die Klage wurde zu Recht als Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG ausgelegt, da der Kläger das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat.
Selbst wenn der Klageantrag nicht von vornherein als Antrag nach § 4 Satz 2 KSchG auszulegen gewesen wäre, hätte der Kläger ihn später umstellen können.
Prüfung der Änderungskündigung:
Das Landesarbeitsgericht hat einen wichtigen Grund für die Änderungskündigung verneint, da die angebotene Tätigkeit unterwertig sei und der Beklagte nicht dargelegt habe, dass keine höherwertigen Tätigkeiten angeboten werden könnten.
Diese Annahme hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Es fehlen Feststellungen zur Eingruppierung der bisherigen und der angebotenen Tätigkeit.
Darlegungslast und Prüfpflichten des Arbeitgebers:
Der Arbeitgeber muss darlegen, dass keine anderen zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.
Es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber von sich aus ausdrücklich darlegt, dass ein Freiwerden höherwertiger Arbeitsplätze nicht absehbar ist.
Bemühungen um anderweitige Beschäftigung:
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine gleichwertige Beschäftigung bei anderen Arbeitgebern nachzuweisen, es sei denn, besondere Umstände begründen eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht.
Formale Voraussetzungen:
Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung war erforderlich. Es ist zu prüfen, ob der Kläger zu den Personen nach § 4 MVG-EKD zählte, für die keine Beteiligung der Mitarbeitervertretung stattfindet.
Es steht nicht fest, ob der Verwaltungsrat des Beklagten der Änderungskündigung hätte zustimmen müssen.
Weiteres Vorgehen:
Das Landesarbeitsgericht muss im fortgesetzten Berufungsverfahren prüfen, ob die außerordentliche Änderungskündigung mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes oder mangels Zustimmung der Mitarbeitervertretung bzw. des Verwaltungsrats unwirksam ist.
Hierbei sind die Rechtsauffassungen des Bundesarbeitsgerichts zu berücksichtigen.
Fazit:
Die Entscheidung des BAG hebt das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verlangt eine erneute umfassende Prüfung der außerordentlichen Änderungskündigung.
Dabei sind sowohl formale als auch inhaltliche Aspekte, wie die Angemessenheit des angebotenen Arbeitsplatzes und die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung, erneut zu bewerten.
Außerordentliche Änderungskündigung mit Auslauffrist – BAG 2 AZR 357/20
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