Außerordentliche Kündigung einer Unterlassungserklärung im Wettbewerbsrecht

  • 2 Minuten Lesezeit

Immer wieder sind wir im Rahmen unserer anwaltlichen Praxis mit Sachverhalten befasst, in denen Online-Shop-Betreiber sich an uns wenden, die mit einer Vertragsstrafe belastet sind. Sehr häufig haben die Online-Shop-Betreiber zuvor eine Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes (z. B. wegen einer fehlenden Widerrufsbelehrung, fehlerhafter Kunden-AGB, Verstöße gegen die Preisangabenverordnung oder einer fehlerhaften CE-Kennzeichnung) von einem Wettbewerber erhalten und diese Abmahnung ohne anwaltlichen Beistand unverändert gezeichnet, wodurch ein Unterlassungsvertrag geschlossen wurde. 

Nicht selten durchstöberten die Wettbewerber oder deren Rechtsanwälte nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung sodann das Internet, um Verstöße gegen diese Unterlassungserklärung zur Geltendmachung von Vertragsstrafen aufzuspüren.

Grundsätzlich sollten Online-Shop-Betreiber daher zunächst stets darauf achten, dass vor Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sehr genau kontrolliert wird, ob der Verstoß nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung noch im Internet oder sonst wo zu finden ist. Nur, wenn sichergestellt ist, dass eine Wiederholung nicht erfolgt, sollte der Online-Händler die Unterlassungserklärung auch abgeben, da anderenfalls häufig sehr hohe Vertragsstrafen drohen. 

In seltenen Fällen hat der Online-Händler außerdem auch die Möglichkeit, sich im Nachgang gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zur Wehr zu setzen und diese außerordentlich zu kündigen. 

So hat der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 14.02.2019 – Az. I ZR 6/17) kürzlich entschieden, dass die außerordentliche Kündigung einer Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauch möglich ist. 

In diesem Fall hatten sich zwei Parteien, die beide im Bereich des Online-Vertriebs von Elektrogeräten tätig waren, gerichtlich gestritten. Der Beklagte hatte seinerzeit eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und sich verpflichtet, künftig keine Waren mehr ohne entsprechende CE-Kennzeichnung online zu vertreiben. Der Kläger tätigte nach Zugang der Unterlassungserklärung sieben Testkäufe und machte hiernach Vertragsstrafenansprüche Höhe von insgesamt mehr als 35.000 € für sieben Verstöße gegen die Unterlassungserklärung geltend. 

Hieraufhin kündigte wiederum der Beklagte nunmehr den Unterlassungsvertrag außerordentlich, da der Kläger durch sein Verhalten gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen habe, da es sein vorrangiges Ziel gewesen sei, Abmahnkosten zu generieren. 

Diese Ansicht des Beklagten bestätigte der Bundesgerichtshof. Das höchste Zivilgericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass der Kläger mit seinem rechtlichen Vorgehen sachfremde Ziele, nämlich die Erzielung von Abmahnkosten, verfolgt habe und diese Verfolgung sachfremder Ziele einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt. 

Nach Auffassung der Karlsruher Richter können auch Unterlassungsverträge als Dauerschuldverhältnisse außerordentlich gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies sei nach Auffassung der Bundesrichter zu dem konkreten Sachverhalt der Fall gewesen, da sich der Kläger in den konkreten Sachverhalt rechtsmissbräuchlich verhalten habe. Da der Unterlassungsvertrag wirksam außerordentlich gekündigt wurde, konnte der Beklagte nach Meinung der Robenträger auch keine Vertragsstrafe mehr geltend machen, sodass die Klage abgewiesen wurde. 

Unterlassungsschuldner sollten sich daher selbst für den Fall, dass sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben und nachfolgend mit Vertragsstrafenansprüche konfrontiert werden, stets ein wenig näher (z. B. durch eine entsprechende Internetrecherche) mit dem Unterlassungsgläubiger befassen, um zu prüfen, ob dessen Verhalten nicht rechtsmissbräuchlich ist. Dies macht übrigens auch aufgrund der Entwicklung in der Rechtsprechung der letzten Jahre durchaus Sinn, da die Gerichte aufgrund des erheblichen Anstiegs von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen in Abmahnfällen immer häufiger zu einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Abmahnenden gelangt sind.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Andrè Schenk LL.M. Eur

Beiträge zum Thema