Bandenmäßige Verbreitung kinderpornografischer Inhalte in einem anonymen Internetforum? Hohe Strafen drohen!

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Anlass dieses Rechtstipps ist ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14. November 2023 (6 StR 449/23). In diesem Urteil setzt sich der BGH damit auseinander, ob die Verbreitung von kinder- und jugendpornografischen Inhalten in einem Internetforum als bandenmäßige Begehung der Taten gelten kann. Ob man "nur" Einzeltäter ist, oder Bandenmitglied durch eine Forumsmitgliedschaft macht einen gewaltigen Unterschied: Das Bandenmitglied erwartet Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahre für eine einzige Verbreitung eines einzigen kinderpornographischen Bildes.     

Heiko Urbanzyk, Fachanwalt für Strafrecht in Coesfeld (bei Ahaus, Borken, Steinfurt), erläutert Ihnen das Urteil des BGH mit besonderem Blick auf die Bedeutung der Einstufung einer Mitgliedschaft im Internetforum als Mitglied einer Bande. 


Was sind kinder- und jugendpornografische Inhalte? 

§ 184b Abs.1 StGB bestraft die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Als Kinder zählen Personen unter 14 Jahren. Inhalte sind unter anderem Videos, Bilder oder Fotos.

Ein kinderpornografischer Inhalt liegt vor, wenn sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind getätigt werden. Auch die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes stellen kinderpornografische Inhalte dar. Die Darstellung muss auf die Erregung sexueller Reize abzielen. Ein Beispiel wäre ein Video, in dem ein Mann vor einem Kind onaniert. Verbreitet wird ein solcher Inhalt, wenn er mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übermittelt wird. Die Verbreitung der Inhalte kann wie im Fall des BGH über ein Forum bzw. eine Chatgruppe (WhatsApp u.ä.) erfolgen.

Die Verbreitung jugendpornografischer Inhalte ist gem. § 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Jugendliche sind Personen im Alter von 14 Jahren bis einschließlich 17 Jahren. Hinsichtlich der Inhalte gelten für § 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB dieselben Grundsätze wie für § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB insofern kann auf oben verwiesen werden.


Wann liegt eine Begehung der Taten als Mitglied einer Bande vor?

Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich danach, ob eine so genannte „Bandenabrede“ erfolgte. Dies setzt voraus, dass sich mehrere Personen dazu verbinden zukünftig für eine gewisse Dauer mehrere noch im Einzelnen ungewisse Straftaten zu begehen. Man kann auch später zu einer solchen Bande hinzukommen und der Bandenabrede zustimmen. 

In einem Forum kann durch das Aufstellen von Regeln eine solche Bandenabrede entstehen. Das Aufstellen der Regeln kann beispielsweise durch einen Administrator erfolgen. Sollte man sich nun bei einem Forum registrieren und den Regeln zumindest konkludent durch Beitritt des Forums zustimmen, dann stimmt man der Bandenabrede zu und wird selber Mitglied der Bande.


Weshalb ist diese Einstufung des BGH als Bandenmitglied zu agieren relevant? 

Relevant ist diese Einstufung im Betracht auf das Strafmaß der Taten. Die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte wird gem. § 184b Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Handelt der Täter jedoch als Mitglied einer Bande, dann erhöht sich gem. § 184b Abs. 2 StGB das Strafmaß auf eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren. 

Bei der Verbreitung jugendpornografischer Inhalte liegt die Strafe bei Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe gem. § 184c Abs. 1 StGB. Eine Begehung der Tat als Mitglied einer Bande erhöht das Strafmaß gem. § 184c Abs. 2 StGB auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren.

Im Hinblick auf diese nicht unbeachtliche Erhöhung des Strafrahmen sollte Vorsicht geboten sein beim Eintritt in solche Foren. Allein die Mitgliedschaft kann gegebenenfalls schon zu einer enormen Erhöhung des Strafmaßes führen. Es ist nicht nötig, dass sich die Chatpartner im Forum persönlich kennen. 


Sachverhalt BGH 6 StR 449/23

Im Falle des BGH schloss sich der Angeklagte einem Internetforum unter Verwendung eines Nutzernamens an. In dem Forum haben sich international Personen zusammengefunden, welche längerfristig und umfangreich kinder- und jugendpornografische Bild- und Videodateien austauschen wollten. Das Forum war über das TOR-Netzwerk, ein Netzwerk welches die eigenen Verbindungsdaten anonymisiert, erreichbar. Für das Forum war eine Registrierung notwendig. Voraussetzung für die erfolgreiche Registrierung war die Zustimmung zu den „Forenregeln“. Die Regeln sahen vor, dass man ausschließlich Dateien mit männlichen Kindern oder Jugendlichen hochladen darf. Ausgetauscht wurden die Dateien, indem mittels in Threads geposteter Links passwortgeschützte Dateien zugänglich gemacht wurden. Die benötigten Passwörter wurden in den Beiträgen mit hochgeladen und so in dem Forum gespeichert.

Der Angeklagte schloss sich diesem Forum an, um dort längerfristig Inhalte mit anderen registrierten Nutzern auszutauschen. Er postete selber Inhalte und verfasste auch Beiträge, die der Aufrechterhaltung des Forums dienten. Sein Profil gehörte zu den Top 350 des Forums (aktive registrierte Mitglieder = 245.000) und er wurde als „Stammgast“ oder „The Ancient“ hervorgehoben. Die Aktivitäten des Angeklagten wurden als ausreichend erachtet, um als Mitglied einer Bande eingestuft zu werden.

Der BGH stellt folglich fest, dass wer zum Zwecke des Austausches von kinder- oder jugendpornografischen Inhalten einem zugangsbeschränkten Internetforum beitritt und den aufgestellten Regeln des Forums zumindest konkludent zustimmt, welche einen wiederholten Tauschhandel mit anderen Nutzern vorsehen, einer Bande beitritt.

Ein Strafverteidiger kann für Sie prüfen, ob bei Ihrem Fall die Verbreitung von Inhalten als Mitglied eine Bande erfolgte. Sollte beispielsweise kein zugangsbeschränktes Forum vorliegen, dann stimmten sie ggfs. keinen „Forenregeln“ zu, sodass keine Bandenabrede vorliegt. Dies kann ein erfahrener Strafverteidiger anhand des konkreten Falles feststellen und anhand dessen die passende Verteidigungsstrategie für Sie erarbeiten.


Muss man die anderen Personen in dem Forum kennen oder ist das auch anonym möglich?

In Internetforen treten Personen zumeist nur unter Nutzernamen bzw. Pseudonymen auf. Dies bedeutet die Nutzer des Forums handeln anonym. Es ist nicht erforderlich, dass die Mitglieder einer Bande sich einander kennen. Auch ein Handeln unter Pseudonymen und Decknamen im virtuellen Raum ohne Kenntnis der Identität der anderen Mitglieder genügt, um eine Bande darzustellen. Im Darknet wäre eine Annahme von Bandenkriminalität ansonsten nicht möglich, denn Kriminalität im virtuellen Raum erfolgt zumeist über spezielle Anonymisierungssoftware und somit ohne Kenntnis über die Identität der anderen Person.


Welche Faktoren sind bei Ermittlung des Strafmaßes entscheidend?

Für die Ermittlung des Strafmaßes wird die Stellung des Täter im Bandengefüge in den Blick genommen. Administratoren oder Moderatoren verfügen über eine zentrale und lenkende Rolle mit einem besonders hohen Maß an Verantwortung. Hier wird regelmäßig von einem höheren Strafmaß auszugehen zu sein. Der Beitritt und die Handelsaktivitäten der einzelnen Nutzer des Forums sind maßgeblich für das Aufrechterhalten und den Erfolg der Plattform. Im Hinblick auf die einzelnen Nutzer wird demnach insbesondere die Anzahl der Posting, die Aktivität sowie möglicherweise verliehene Auszeichnungen innerhalb des Portals maßgeblich sein, um das Strafmaß zu ermitteln.

Die Verbreitung kinder- oder jugendpornografischer Inhalte ist ein ernstzunehmender Vorwurf, bei dem - sogar ohne Bande - eine hohe Strafe droht. Sollte Ihnen nun zudem noch eine Begehung als Mitglied einer Bande vorgeworfen werden, dann trifft Sie die Gefahr eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe. Dies sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Engagieren Sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen versierten Strafverteidiger, welcher Ihnen zur Seite steht.

Sie sollten weder bei Verhaftung, noch Hausdurchsuchung oder Vorladung vor allem keine Aussagen gegenüber der Polizei tätigen. Schweigen Sie und kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt in Strafsachen! 

Sollten Sie einen Freund oder Angehörigen haben, der  aufgrund des Vorwurfs in Untersuchungshaft geraten ist, dürfen Sie ebenfalls für diesen einen Anwalt suchen und beauftragen. Rechtsanwalt Urbanzyk aus Coesfeld verteidigt bundesweit in Sexualstrafverfahren und stehen Ihnen im Notfall für eine vertrauliche Ansprache zur Verfügung. Gerne per Signal / WhatsApp: 0151-52068763 (Achtung: Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gilt ab dem ersten Kontakt; daher keine anonymen Anfragen, bitte!)

Foto(s): Heiko Urbanzyk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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