Bearbeitungsentgelt bei Unternehmerdarlehen: Verhandlung vor dem BGH am 04.07.2017

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Am 04.07.2017 wird der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ab 12.00 Uhr über die Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten bei Unternehmerdarlehen verhandeln. Die Urteile können wegweisend sein. Bislang entschied der BGH ausschließlich über Verbraucherdarlehen, nun steht der Schutz von Unternehmern zur Debatte. Die Entscheidungen werden mit Spannung erwartet.

Verfahren 1: Unternehmerdarlehen mit Margenvereinbarung

Der dem Verfahren XI ZR 562/15 zugrunde liegende Sachverhalt zeigt, welch immense Auswirkungen Bearbeitungsentgelte bei Unternehmerdarlehen haben können: Der Kläger nahm zur Finanzierung von Wohn- und Geschäftshäusern und Mehrfamilienhausanlagen in den Jahren 2009 und 2010 drei Darlehen bei der beklagten Bank auf. Bei allen drei Verträgen ist ein Bearbeitungsgeld in Höhe von jeweils 10.000 € veranschlagt worden. Die Verträge kamen zu den genannten Konditionen zustande. Nun verlangt der Kläger jedoch die Rückzahlung der Bearbeitungsentgelte, weil er in dieser Klausel eine unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) sieht. Seine Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg.

Rechtliche Würdigung

Das Oberlandesgericht (OLG) hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Bearbeitungsentgelte wie auch die Vorinstanzen als für gegeben erachtet. Die angegriffene Klausel stelle laut Gericht eine der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegende Preisnebenabrede dar und sei auch gegenüber dem als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB handelnden Kläger unwirksam.

Dazu ein Exkurs ins AGB-Recht

AGB erfüllen den Zweck, dass grundlegende Vertragsbestandteile nicht bei jedem Vertragsschluss erneut einzeln ausgehandelt werden müssen, sondern als AGB in den Vertrag eingebracht werden können. Das erleichtert den Vertragsschluss und auch den Rechtsverkehr erheblich. Die AGB unterliegen jedoch auch einer gerichtlichen Kontrolle, §§ 307 – 309 BGB. Dies dient vornehmlich dem Verbraucherschutz. Denn AGB werden einseitig vom Vertragspartner (Unternehmer) gestellt. Oft soll Kunden (Verbrauchern) damit etwas vertraglich aufgedrängt werden, was diese eigentlich nicht wollen. Jedoch besteht zeitgleich der Wunsch, den Vertrag zu schließen, sodass dann oftmals die AGB zähneknirschend hingenommen werden. Damit der Verbraucher nicht unrechtmäßig benachteiligt wird, stehen AGB zur gerichtlichen Kontrolle. Preishauptabreden sind solche Abreden, die sich direkt auf die Hauptleistungen des Vertrags beziehen. Sie sind keine AGB und daher auch nach § 307 BGB nicht gerichtlich überprüfbar. Preisnebenabreden jedoch stehen nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Hauptleistungen und sind nach § 307 BGB gerichtlich überprüfbar.

Vorliegend geht es jedoch nicht darum, den Verbraucher zu schützen. Kläger ist hier ein Unternehmer. Somit werden die AGB hier von einem Unternehmer an den anderen Unternehmer gestellt. In diesem Verhältnis sind die Vertragsparteien weniger zu schützen, da bei beiden Fachkenntnisse, rechtliches Know-how etc. vorausgesetzt bzw. erwartet werden können. Die Rechtsprechung des BGH zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 – XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13) sei, so nun das OLG, auch für solche Darlehen maßgeblich, die Unternehmern gewährt werden. Damit würde das AGB-Recht, was grds. auch auf Unternehmerverträge übertragbar ist, auch im speziellen Fall zur Anwendung kommen. Im Bereich der Unternehmensfinanzierung gebe es keine durchgreifenden Argumente, die ausnahmsweise die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts rechtfertigen könnten. Die Situation unterscheide sich nicht erheblich von der, bei der ein Darlehen an Verbraucher gewährt würde. Auch für Unternehmer stelle ein solches Entgelt unter Umständen erhebliche finanzielle Nachteile dar.

Des Weiteren unterscheide die AGB-Klausel nicht zwischen verschiedenen Unternehmern, sodass Großunternehmer gleichermaßen wie Kleinunternehmer betroffen seien. Je kleiner das Unternehmen sei, umso mehr Ähnlichkeit bestehe zu der Position eines Verbrauchers und umso schutzbedürftiger sei dann dessen Rechtsposition.

2. Verfahren: ähnlicher Fall, anderes Urteil

In dem zweiten Verfahren (XI ZR 233/16) sieht sich der BGH einem Sachverhalt ähnlich dem ersten gegenüber. Auch hier war der Kläger Unternehmer, der in den Jahren 2004 bis 2008 mehrere Darlehensverträge mit der beklagten Bank schloss. In einem der Verträge war die Zahlung einer einmaligen, nicht laufzeitabhängigen Bearbeitungsgebühr in Höhe von 13.500 € vorgesehen, deren Rückzahlung der Kläger begehrte, weil die Klausel seiner Ansicht nach eine unwirksame AGB darstellte.

Rechtliche Gegenansicht

Anders als bei dem ersten Verfahren blieb die Klage in den Vorinstanzen erfolglos. Nach Ansicht des OLG ist bei der Gewährung eines Darlehens an einen Unternehmer die Vereinbarung einer laufzeitunabhängigen Bearbeitungsgebühr anders zu beurteilen als im Fall eines Verbraucherdarlehens.

Laut OLG könne diese vertragliche Gestaltung dem Unternehmer auch deutliche Vorteile eröffnen. Ein Gewerbetreibender könne, im Gegensatz zu einem Verbraucher, die Bearbeitungsgebühr typischerweise im Jahr der Finanzierung als Werbungskosten von seinen Einkünften abziehen. Gerade in wirtschaftlich ertragreichen Jahren stelle sich aus Unternehmersicht die Vereinbarung einer abzugsfähigen Gebühr als sinnvoll dar. Ein Werbungskostenabzug habe unmittelbare und sofortige Auswirkungen auf die Steuerlast und sei zudem liquiditätsschonend.

Die angegriffene Klausel stehe nach Ansicht des OLG zumindest nicht im Gegensatz zu den unternehmerischen Interessen des Klägers. Damit gebe es keine Anhaltspunkte für eine unverhältnismäßige Benachteiligung des Klägers.

3. Verfahren: Disagio bei Unternehmerdarlehen

Im Verfahren XI ZR 436/16 ging es um die Rückzahlungsforderung des Klägers, ein Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH, gegen die beklagte Bank. Die GmbH schloss mit der beklagten Bank in den Jahren 2009 und 2011 vier langfristige Annuitätenkreditverträge, die alle eine Regelung über eine einmalige Bearbeitungsgebühr enthielten. Bei der Auszahlung der Darlehensvaluta an die GmbH wurde die Gebühr jeweils vom Kreditbetrag einbehalten. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung in Höhe der einbehaltenen Gebühren in Höhe von insgesamt 33.640 € in Anspruch, weil die Klausel seiner Ansicht nach eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt.

Ergänzung zur rechtlichen Gegenansicht

Nach Auffassung des OLG hielt die Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die GmbH schloss die Verträge als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB. Damit seien die Besonderheiten des unternehmerischen Geschäftsverkehrs zu beachten. Dort seien derartige Preisklauseln keine Seltenheit bzw. gängige Praxis. Die Klauseln lägen im Verantwortungs- und Gestaltungsbereich der Unternehmen, den diese schon immer für sich beansprucht haben: der Bereich der Preisfindung und -gestaltung.

Laut OLG sei es in einer marktwirtschaftlichen Ordnung gerade Aufgabe des Unternehmers, selbstverantwortlich zu prüfen und zu entscheiden, ob weitere Vertragskosten mit seiner betriebswirtschaftlichen Kalkulation zu vereinbaren sind. Eine derartige betriebswirtschaftliche Prüfung sei Unternehmensalltag, gehöre aber nicht zu den alltäglichen Aufgaben eines Verbrauchers. Eben deshalb sei auch nur der Verbraucher in solchen Fällen besonders zu schützen. Es sei aber nicht Aufgabe der Gerichte, die unternehmerische Entscheidung für den Abschluss eines Vertrags daraufhin zu überprüfen, ob die damit verbundenen Kosten zugunsten des einen Unternehmers und zulasten des anderen zu korrigieren sind.

Entscheidung des BGH

Die Entscheidung des BGH wird allgemein mit Spannung erwartet. Erstmals muss der Gerichtshof nun bei Darlehensbearbeitungsgebühren nicht über Verbraucherschutz, sondern Unternehmerschutz entscheiden. Die Ansichten dazu divergieren, Gerichte entscheiden uneinheitlich, in der Literatur wird fleißig diskutiert. Die Urteile können mehr Rechtssicherheit bringen und besonders für den Kapitalmarkt und das Bankenrecht bedeutend sein.

Wer wir sind

Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt-Jansen und Dorst ist auf Bank-und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Herr Rechtsanwalt Benedikt-Jansen ist seit 13 Jahren Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e. V., einem staatlich anerkannten Verbraucherschutzverband zur Bekämpfung unredlicher Finanzdienstleister (z. B. aus dem Bankensektor, Kapitalanlagesektor, Versicherungen etc.). Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat seit dem Jahr 2004 zehntausende Fälle rechtsmissbräuchlicher Vertragspraktiken (insbesondere unwirksame Vertragsklauseln) erfolgreich bekämpft. Seit 2010 ist Herr Benedikt-Jansen Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht. Er verfügt über einen außergewöhnlich umfangreichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet des bankenrechtlichen Verbraucherschutzes.

Für weitere Informationen oder Fragen stehen er und sein Team Ihnen auf seiner Homepage zur Verfügung.


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