Behinderungsbedingte Mehrkosten einer Urlaubsreise, Reisekosten des Assistenten kostenübernahmefähig - Teilhabe

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Nehmen behinderte Menschen einen Assistenten mit auf Reisen, dann können sie dessen Reisekosten vom Sozialhilfeträger erstattet bekommen. Dies entschied das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19.05.2022 - B 8 SO 13/20. Es machte aber auch deutlich, dass diese Kosten so gering wie möglich gehalten werden müssen. 

Der Fall

Ein schwerbehinderter Mann, der zudem auf den Rollstuhl angewiesen ist, beschäftigt zu seiner Pflege rund um die Uhr drei Assistenten. Im Juli 2016 wollte er eine siebentägige Schiffsreise auf der Nordsee mit zwei Landausflügen unternehmen und nahm zur Sicherstellung seiner Pflege einen seiner Assistenten mit auf die Reise. Seine eigenen Reisekosten trug der Rollstuhlfahrer selbst, die Reisekosten für seinen Assistenten machte er aber gegenüber seinem Sozialhilfeträger geltend. Der Sozialhilfeträger lehnte die Kostenübernahme ab. Hiergegen erhob der Mann Klage. Das Sozialgericht stimmte jedoch der Ablehnung des Sozialhilfeträgers zu. Auch die Berufung in der zweiten Instanz vor dem Landessozialgericht blieb zunächst erfolglos.

Urlaubsreisen als Form der Freizeitgestaltung ein legitimes soziales Teilhabebedürfnis

Das Bundessozialgericht hob nun aber das Urteil des Landessozialgerichtes auf und verwies die Sache dorthin zurück, weil noch weitere Feststellungen zur abschließenden Entscheidung getroffen werden bzw. eingeholt werden müssten. Das BSG wies ausdrücklich darauf hin, dass Urlaubsreisen als Form der Freizeitgestaltung durchaus ein legitimes soziales Teilhabebedürfnis darstellen. Behinderungsbedingte Mehrkosten wie die Reisekosten einer notwendigen Begleitperson könnten als Teilhabeleistung vom Sozialhilfeträger durchaus zu übernehmen sein, wenn sie vor dem Hintergrund der angemessenen Wünsche des behinderten Menschen notwendig seien. Der Wunsch eines behinderten Menschen, sich jährlich einmal auf eine einwöchige Urlaubsreise zu begeben, sei im Grundsatz als angemessen anzusehen. Allerdings fehlten dem BSG insbesondere Feststellungen dazu, ob dem Kläger im konkreten Fall die Buchung einer anderen, im Wesentlichen gleichartigen Reise möglich gewesen wäre, die geringere oder keine behinderungsbedingten Mehrkosten ausgelöst hätte. 

Fazit

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts ist zu begrüßen. Behinderte Menschen können nun Eingliederungshilfeleistungen für solche Kosten erhalten, die entstehen, weil sie bei einer Urlaubsreise auf eine Begleitperson angewiesen sind. 

Mit dem Bundesteilhabegesetz ist der Behinderungsbegriff in § 2 SGB IX neugefasst worden. Im Vordergrund des Behinderungsbegriffes stehen das Ziel der Teilhabe, die Stärkung individueller Möglichkeiten und der individuelle Bedarf. Dies wird auch mit der vorliegenden Entscheidung konsequent umgesetzt.

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Ihr Team von Jakobsmeier & Bröring Rechtsanwälte

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(Photo: AungMyo - stock.adobe.com)

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