Berufsunfähigkeitsversicherung: Ihr gutes Recht bei Berufsunfähigkeit – Stolpersteine und anwaltliche Hilfe

  • 6 Minuten Lesezeit

Einleitung: Warum die Berufsunfähigkeitsversicherung so wichtig ist

Die eigene Arbeitskraft ist für die meisten Menschen das wichtigste Kapital. Doch was passiert, wenn man aus gesundheitlichen Gründen den erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann? Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) verspricht hier finanzielle Sicherheit. Sie soll das wegfallende Einkommen ersetzen und den Lebensstandard sichern. Doch der Weg zur anerkannten Leistung kann steinig sein. Als spezialisierte Kanzlei im Versicherungsrecht beleuchten wir die wichtigsten Aspekte und zeigen auf, wie wir Sie unterstützen können.


Was bedeutet Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherung?

Die Definition von Berufsunfähigkeit ist ein zentraler Punkt. In der Regel liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben kann.


Die häufigsten Hürden und Konfliktpunkte:

Leider kommt es immer wieder vor, dass Versicherer die Leistungspflicht ablehnen oder die Prüfung unverhältnismäßig in die Länge ziehen. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

  1. Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht:
    • Das Problem: Beim Abschluss der BU-Versicherung müssen Gesundheitsfragen detailliert und wahrheitsgemäß beantwortet werden. Werden hier relevante Vorerkrankungen oder Arztbesuche verschwiegen oder unvollständig angegeben, kann der Versicherer später vom Vertrag zurücktreten, ihn kündigen oder anfechten – selbst wenn die aktuelle Berufsunfähigkeit in keinem Zusammenhang mit der verschwiegenen Erkrankung steht.
    • Unsere Hilfe: Wir prüfen, ob die Fragen des Versicherers verständlich formuliert waren, ob Ihnen Arglist vorgeworfen werden kann und ob die Fristen für einen Rücktritt oder eine Anfechtung eingehalten wurden.
  2. Abstrakte Verweisung:
    • Das Problem: Bei älteren Verträgen kann der Versicherer Sie auf eine andere Tätigkeit verweisen, die Sie trotz Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen theoretisch noch ausüben könnten (abstrakte Verweisung) – auch wenn Sie in diesem Beruf keine Anstellung finden. Diese Tätigkeit muss Ihrer Ausbildung, Erfahrung und bisherigen Lebensstellung entsprechen. Viele neuere Verträge verzichten auf die abstrakte Verweisung, was für Versicherte vorteilhafter ist.
    • Unsere Hilfe: Wir analysieren Ihre Vertragsbedingungen und prüfen, ob eine Verweisung zulässig ist und ob die vom Versicherer genannte Vergleichstätigkeit den Anforderungen entspricht.
  3. Konkrete Verweisung:
    • Das Problem: Hat der Versicherte bereits freiwillig eine neue Tätigkeit aufgenommen, kann der Versicherer prüfen, ob diese zumutbar ist und das Einkommen dem bisherigen Lebensstandard entspricht (konkrete Verweisung). Ist dies der Fall, kann die Leistung verweigert oder eingestellt werden.
    • Unsere Hilfe: Wir setzen uns kritisch mit der Bewertung der neuen Tätigkeit durch den Versicherer auseinander und achten darauf, dass Ihre bisherige Lebensstellung angemessen berücksichtigt wird.
  4. Nachweis des Berufsunfähigkeitsgrades (mind. 50 %):
    • Das Problem: Der Versicherte muss nachweisen, dass er seine berufliche Tätigkeit zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben kann. Die genaue Bemessung dieses Grades und die Darlegung der Einschränkungen im Berufsalltag sind oft schwierig und werden von Versicherern kritisch hinterfragt.
    • Unsere Hilfe: Wir unterstützen Sie bei der detaillierten Darstellung Ihrer beruflichen Tätigkeit und der Auswirkungen Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen. Gegebenenfalls ziehen wir Sachverständigengutachten hinzu, um Ihre Position zu stärken.
  5. Prognosezeitraum und Befristung:
    • Das Problem: Die Berufsunfähigkeit muss voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern. Manchmal erkennen Versicherer Leistungen nur befristet an und leiten umfangreiche Nachprüfungsverfahren ein.
    • Unsere Hilfe: Wir prüfen die Begründung für eine Befristung und begleiten Sie im Nachprüfungsverfahren, um eine dauerhafte Anerkennung zu erreichen.
  6. Verzögerungstaktiken und unzureichende Begründungen:
    • Das Problem: Versicherer sind verpflichtet, Leistungsanträge zügig zu bearbeiten. Dennoch kommt es vor, dass Entscheidungen lange auf sich warten lassen oder Ablehnungen nur unzureichend begründet werden.
    • Unsere Hilfe: Wir setzen dem Versicherer angemessene Fristen und fordern eine transparente und nachvollziehbare Begründung für seine Entscheidung.


Beispiele aus der Praxis: Wenn die Versicherung nicht zahlt

Die folgenden anonymisierten und verallgemeinerten Fälle illustrieren typische Situationen, in denen anwaltliche Hilfe entscheidend sein kann:

  • Fall 1: Die "vergessene" VorerkrankungEine Bürokauffrau beantragt Leistungen wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls. Der Versicherer lehnt ab und tritt vom Vertrag zurück. Begründung: Bei Antragstellung vor acht Jahren habe sie gelegentliche Rückenschmerzen bei ihrem Hausarzt nicht angegeben.
    • Ansatzpunkt für die Kanzlei: Hier wird geprüft, ob die damaligen Gesundheitsfragen präzise genug waren, ob die damaligen Beschwerden überhaupt angabepflichtig waren (Bagatellerkrankung?) oder ob dem Versicherer eventuell eine Frist für den Rücktritt bereits verstrichen ist. Auch die Frage der Arglist spielt eine Rolle.
  • Fall 2: Psychische Erkrankung und der 50%-NachweisEin Projektmanager leidet unter einem schweren Burnout-Syndrom mit Depressionen. Er kann sich kaum konzentrieren, ist antriebslos und schafft seine komplexen Aufgaben nicht mehr. Der Versicherer argumentiert, dass keine "objektivierbaren" körperlichen Befunde vorlägen und der Versicherte ja noch einige Stunden am Tag "irgendetwas tun" könne.
    • Ansatzpunkt für die Kanzlei: Bei psychischen Erkrankungen ist eine detaillierte Darstellung der konkreten Auswirkungen auf die spezifischen beruflichen Tätigkeiten entscheidend. Es muss dargelegt werden, welche Kernaufgaben des Berufs nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt (unter 50%) ausgeübt werden können. Hierzu sind oft qualifizierte ärztliche und ggf. psychologische Gutachten nötig, deren Einholung und Bewertung wir begleiten.
  • Fall 3: Die abstrakte Verweisung auf einen anderen BerufEin Dachdecker kann aufgrund von Knieproblemen seinen Beruf nicht mehr ausüben. Der Versicherer verweist ihn auf eine Tätigkeit als Pförtner oder in der Telefonakquise, obwohl der Dachdecker hierfür keinerlei Erfahrung oder Ausbildung hat und das Gehaltsniveau deutlich niedriger wäre. Sein Vertrag enthält eine abstrakte Verweisungsklausel.
    • Ansatzpunkt für die Kanzlei: Es wird geprüft, ob die vom Versicherer genannte Verweisungstätigkeit der bisherigen Lebensstellung (Einkommen, soziale Anerkennung) des Dachdeckers tatsächlich entspricht und ob er diese gesundheitlich und von seiner Qualifikation her überhaupt ausüben könnte. Auch die Frage, ob ein solcher Arbeitsplatz für ihn realistisch erreichbar ist, kann eine Rolle spielen.
  • Fall 4: Die zermürbende HinhaltetaktikEine angestellte Architektin reicht ihren Leistungsantrag mit allen ärztlichen Unterlagen ein. Der Versicherer fordert immer wieder neue, teils redundante Berichte an, beauftragt spät ein eigenes Gutachten und trifft über viele Monate keine Entscheidung, was die Versicherte finanziell und psychisch stark belastet.
    • Ansatzpunkt für die Kanzlei: Wir setzen dem Versicherer klare Fristen zur Leistungsentscheidung. Bei ungerechtfertigten Verzögerungen können wir auf eine zügige Bearbeitung drängen und ggf. Schadensersatzansprüche wegen Verzug prüfen.

Diese Beispiele zeigen, dass die Gründe für eine Leistungsablehnung oder -verzögerung komplex sein können. Eine genaue Kenntnis der Vertragsbedingungen und der aktuellen Rechtsprechung ist unerlässlich.


Ihr Weg zur Leistung: Was Sie tun können

  1. Dokumentieren Sie alles: Halten Sie Arztbesuche, Diagnosen, Behandlungen und die Auswirkungen auf Ihre berufliche Tätigkeit genau fest.
  2. Informieren Sie Ihren Versicherer frühzeitig: Melden Sie eine drohende oder eingetretene Berufsunfähigkeit umgehend.
  3. Füllen Sie Anträge sorgfältig aus: Nehmen Sie sich Zeit und beantworten Sie alle Fragen wahrheitsgemäß und vollständig. Holen Sie sich gegebenenfalls Unterstützung.
  4. Holen Sie rechtzeitig anwaltlichen Rat ein: Spätestens wenn der Versicherer Leistungen ablehnt, hinauszögert oder komplizierte Nachfragen stellt, sollten Sie einen auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt konsultieren.


Wie wir Ihnen als Kanzlei helfen können:

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Versicherung kann zermürbend sein, besonders wenn die Gesundheit bereits angeschlagen ist. Als Ihre erfahrenen Partner im Versicherungsrecht bieten wir Ihnen:

  • Prüfung Ihres Versicherungsvertrages: Wir analysieren Ihre Police und die Versicherungsbedingungen.
  • Unterstützung im Antragsverfahren: Wir helfen Ihnen, den Leistungsantrag korrekt und vollständig zu stellen.
  • Korrespondenz mit dem Versicherer: Wir übernehmen die oft komplexe Kommunikation mit der Versicherung.
  • Durchsetzung Ihrer Ansprüche: Wir setzen Ihre berechtigten Ansprüche außergerichtlich oder – falls notwendig – gerichtlich durch.
  • Verhandlung auf Augenhöhe: Wir kennen die Argumente und Strategien der Versicherer und begegnen ihnen mit juristischer Expertise.


Fazit: Lassen Sie sich nicht entmutigen!

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein wichtiger Baustein Ihrer finanziellen Absicherung. Wenn Probleme bei der Leistungsregulierung auftreten, stehen Sie nicht alleine da. Mit fachkundiger anwaltlicher Unterstützung können Sie Ihre Rechte wirksam vertreten und Ihre Ansprüche erfolgreich durchsetzen.


Kontaktieren Sie uns für eine Erstberatung!

Wenn Sie Fragen zu Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung haben oder Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. In einem ersten Beratungsgespräch können wir Ihre Situation einschätzen und die weiteren Schritte besprechen.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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