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Berufsunfähigkeitsversicherung: Keine Verweisung eines Berufssoldaten auf befristeten Arbeitsplatz

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In der Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten die Betroffenen eine Absicherung für den Fall, dass sie zu 50 % oder mehr berufsunfähig werden und ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können. In den Versicherungsbedingungen ist regelmäßig vereinbart, dass die Versicherung von der Leistung frei wird, wenn der Betroffene eine anderweitige Tätigkeit ausübt, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Man spricht insofern von einer Verweisung auf eine andere Tätigkeit durch den Versicherer.

Das Oberlandesgericht Hamm musste sich in einem Rechtsstreit, Az.: 20 U 187/15 – Beschluss vom 18.12.2015 mit einem solchen Einwand des Versicherers auseinandersetzen.

Der Versicherungsnehmer war Berufssoldat gewesen, musste seinen Beruf jedoch aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung aufgeben. Stattdessen nahm er ein Studium im Jahre 2013 auf und wurde als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Fachhochschule zeitlich befristet eingestellt.

Das Oberlandesgericht Hamm erklärte, dass die Versicherung nicht die Rentenzahlung einstellen könne. Die halbschichtige und auf 2 Jahre befristete Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Hochschule entspreche nicht der bisherigen Lebensstellung des Klägers als Berufssoldat. Dabei sei es nicht maßgeblich, dass beide Tätigkeiten etwa das gleiche Gehalt mit sich bringen würden. Entscheidend sei vielmehr, ob die bisherige Lebensstellung entsprechend gewahrt werde. Der wirtschaftliche und soziale Status wird zwar auch durch das erzielte Einkommen geprägt. Dies ist allerdings nicht alleiniges Kriterium für eine wirksame Verweisung. Der soziale Status hängt maßgeblich vom gesellschaftlichen Ansehen der Tätigkeit und von den konkreten Bedingungen der Berufsausübung ab. Gemessen daran war eine zeitlich befristet Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht mit der Tätigkeit als Berufssoldat vergleichbar. Denn wissenschaftliche Mitarbeiter an Hochschulen werden generell nur vorübergehend beschäftigt. Es gibt in diesem Bereich mittlerweile kaum noch Festanstellungen. Dies ist nicht mit der unbefristeten Anstellung als Berufssoldat vereinbar.

Zudem sind Assistenten im wissenschaftlichen Dienst oftmals auf reine Hilfstätigkeiten beschränkt, eine eigenverantwortliche Berufsausübung findet nur im kleineren Rahmen statt. Dahingegend bietet die Tätigkeit als Berufssoldat völlig andere berufliche Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten.

Einmal mehr zeigt sich, dass Versicherungen allzu schnell eine Rentenzahlung unter Verweis auf eine angemessene andere Tätigkeit verweigern. Die Betroffenen sind gut beraten, wenn sie den Fall von einem Fachmann prüfen lassen.

SH Rechtsanwälte in Essen steht Ihnen für eine Erstberatung gerne jederzeit zur Verfügung.


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